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Karrieresprungbrett

Viva ist tot – lang lebe Viva: Karrieresprungbrett für TV-Promis

Ravensburg / Lesedauer: 6 min

Aus nach 25 Jahren – Der deutsche Musiksender war für viele TV-Promis das Karrieresprungbrett
Veröffentlicht:21.06.2018, 19:36

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Die 90er ohne Musiksender Viva – für Millionen Fernsehzuschauer in Deutschland undenkbar. Nun gehen beim deutschen Gegenstück zu MTV endgültig die Lichter aus. Für viele Fernsehmoderatoren war der Sender mit Sitz in Köln das Karrieresprungbrett. Manche haben sich dabei geschickter angestellt, andere sind in der Versenkung verschwunden. Ein Überblick.

Stefan Raab :

Der Mann mit dem breiten Zahnpastalächeln hat mit am meisten aus seiner Karriere bei Viva gemacht. 1993 bekam der gelernte Metzger mit „Vivasion“ seine erste eigene Sendung. Mit anarchischem Humor nahm Stefan Raab alles und jeden auf die Schippe. Die Gäste saßen auf Kinderstühlen, der „Gast der Woche“ musste für die volle Länge der Sendung seinen Kopf durch ein Loch in der Kulisse stecken. Die hämischen Straßenumfragen, in denen er gern Senioren bloßstellte, und die Ständchen – Raabigramme genannt – wurden hier geboren und tauchten später dann auch in Raabs Dauerbrenner-Fernsehshow „TV total“ auf. Mit diesem Format war der gebürtige Kölner von 1999 bis 2015 auf Sendung. Länger war kein deutsches Late-Night-Format on air. Die Liste seiner TV-Unterhaltungsformate ist scheinbar unendlich und reicht vom Turmspringen über Poker bis zur Wok-WM. Unvergessen auch seine Erfolge rund um den Eurovision Song Contest , an dem er 2000 selbst teilnahm und mit dem Nonsens-Song „Wadde hadde dudde da?“ auf Platz fünf landete. 2010 toppte er sich in puncto ESC noch mal: Der Nummer-1-Erfolg von Lena Meyer-Landrut wäre ohne Mentor Raab wohl undenkbar gewesen. 2015 zog sich der heute 51-Jährige aus dem Fernsehgeschäft zurück – und hinterließ gähnende Quotenleere bei ProSieben, die bislang kein würdiger Nachfolger kompensieren konnte.

Heike Makatsch:

Die gebürtige Düsseldorferin hat eine beeindruckende Schauspielkarriere hingelegt, von Detlev Bucks „Männerpension“) über ihre Rolle als Margarete Steiff in dem gleichnamigen autobiografischen Film bishin zu internationalen Produktionen wie „Tatsächlich Liebe“. Ihre Fernsehlaufbahn begann aber 1993 bei Viva. Die damals 22-Jährige ist gemeinsam mit Mola Adebisi das erste Aushängeschild des Senders, das die Zuschauer zu Gesicht bekommen. Makatsch begrüßt die Zuschauer: „Wir sind mehr als nur ein Fernsehsender, denn wir sind euer Sprachrohr und euer Freund.“ Und sie verspricht: „Und ab heute bleiben wir für immer zusammen, okay?“ Am Rande erwähnenswert: Von 1996 bis 2004 war sie mit „James Bond“ Daniel Craig liiert.

Matthias Opdenhövel:

Gefühlt moderiert Matthias Opdenhövel jede zweite Sendung im Fernsehen – zumindest sieht man ihn extrem oft, wenn man durch die Kanäle zappt. Wer Sport guckt, kommt an ihm definitiv nicht vorbei: Opdenhövel ist einer der Hauptmoderatoren der Sportschau. Die Karriere des gebürtigen Detmolders ist eng mit der von Stefan Raab verknüpft. So moderierte der 47-Jährige von 2006 bis 2011 die Show „Schlag den Raab“, die 2007 den Deutschen Fernsehpreis bekam. Auch beim ESC 2010 und bei diversen Raab-TV-Events mischte er mit. Von 2003 bis 2006 agierte er als Stadionsprecher bei Borussia Mönchengladbach. Auch über diverse Auszeichnungen darf er sich freuen – etwa als „Brillenträger des Jahres“ und als „Bester deutscher Sportreporter“.

Sarah Kuttner:

Sarah Kuttner twitterte zum endgültigen Ende von Viva: „Ich hab für vieles zu danken und schüttle über einiges den inzwischen gräulichen Kopf.“ Die 1979 in Ost-Berlin geborene Tochter des Radiomoderators Jürgen Kuttner kam 2001 zu Viva. Drei Jahre lang war sie dann abwechselnd mit Gülcan Kamps das Gesicht der Nachmittagssendung Interaktiv. Dann bekam sie ihre eigene Sendung, die nach einem Jahr zu MTV umzog und nach weiteren zwei Jahren wieder abgesetzt wurde. Kuttner wurde vor allem für ihre freche Art bekannt. 2003 machte sie mit Fotos für den „Playboy“ von sich reden. Seit 2009 ist Kuttner, die zwischenzeitlich für die „Süddeutsche Zeitung“ und den „Musikexpress“ schrieb, Romanautorin. Ihr erstes Buch „Mängelexemplar“ beschäftigte sich mit dem Thema Depressionen. Als Moderatorin war Kuttner bei ARD und ZDFneo ebenso zu sehen wie bei 3sat.

Oliver Pocher :

Der Comedian, der für seine gehässige Art bekannt ist und Mariah Carey bei Wetten, dass..? als Presswurst bezeichnete, wurde 1999 über eine Hans-Meiser-Sendung zum Viva-Moderator auserkoren, erst auf Probe und dann Vollzeit. Dort bekam er sein eigenes Format „Alles Pocher oder was“. Diverse Comedy-Formate folgten, bevor Pocher 2007 gemeinsam mit Harald Schmidt auf Sendung ging – doch die beiden Charaktere waren zu unterschiedlich, um es lang miteinander auszuhalten. Elder Statesman Schmidt und der prollig-platte Pocher – das passte einfach nicht zusammen. 2009 war wieder Schluss. Vielen gilt der gebürtige Hannoveraner auch als der niveaulose kleine Bruder von Stefan Raab. Auch auf Youtube versucht sich Pocher – allerdings mit mäßigem Erfolg. Mit etwas mehr als 53 000 Abonnenten hat Pochers Kanal viel weniger Publikum als etwa LeFloid, einer der erfolgreichsten deutschen Youtuber – der es auf über drei Millionen Abonnenten bringt.

Charlotte Roche:

Bevor sie 2008 mit dem Ekel-und-Schockroman „Feuchtgebiete“ Furore machte und auf Platz eins der Bestsellerliste landete, sagte Charlotte Roche Musikclips an. 1998 begann die gebürtige Engländerin, die mit einem Jahr von ihren Eltern nach Deutschland gebracht wurde, als Moderatorin bei Viva Zwei und führte dort durch das Format „Fast Forward“. Fünf Jahre später war die Provokateurin wegen ihres eigenwilligen Stils für den Grimme-Preis nominiert. Viva Zwei, ein alternativ angehauchter Ableger von Viva, wurde 2002 eingestellt, woraufhin Roches Sendung beim Hauptsender weitergeführt wurde. Von März 2012 bis Anfang 2013 moderierte Roche zusammen mit Jan Böhmermann die Talkshow „Roche & Böhmermann“ bei ZDFkultur. Die Attac-Aktivistin setzt sich für das Ende der Atomenergie ein und gilt als glühende Feministin – was sich bereits zu Viva-Zeiten in zur Schau gestelltem Achselhaar äußerte.

Mola Adebisi:

Wenn Jugendliche in den 90ern nach Hause kamen und den Fernseher anschalteten, übernahm „Käpt’n Mola“ das Kommando. Der gebürtige Uelzener war Moderator der ersten Stunde und begleitete so manchen Teenager durch die Pubertät. Er war mit am längsten bei Viva angestellt. Erst 2004 zog es ihn schließlich nach unzähligen Clip-Ansagen woandershin. Seine Film- und Fernsehkarriere ging nicht ganz so durch die Decke wie bei anderen Viva-Gewächsen; Auftritte in „Alarm für Cobra 11“ oder „Marienhof“ waren das Höchste der Gefühle. Vorläufiger Endpunkt der TV-Karriere: 2014 ging Adebisi ins RTL-Dschungelcamp – und landete auf dem achten Platz. Abseits der Kameras betätigt sich der heute 45-jährige Deutsche mit nigerianischen Wurzeln als Amateur-Rennfahrer.