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Komet

Trauriges Ende einer faszinierenden Mission

Panorama / Lesedauer: 4 min

Im freien Fall auf Tschuri: Kometensonde Rosetta geht weitab von der Erde den Weg alles Irdischen
Veröffentlicht:30.09.2016, 18:37

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Mit einem spektakulären Abgang auf dem Kometen „67P/Tschurjumov-Gerasimenko“ hat sich Rosetta nach zwölfjähriger Reise durch das All gestern für immer verabschiedet. Punkt 13.19 Uhr ging die Raumsonde auf der Oberfläche des Kometen nieder und schaltete sich aus. Bis zur letzten Sekunde lieferte sie faszinierende Bilder von der Kometenoberfläche, das letzte aus 170 Metern Höhe. Die Fotos erreichten das europäische Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt mit einer Verzögerung von rund 40 Minuten, denn Rosetta flog mit dem Kometen fast 720 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.

Hunderte Journalisten aus aller Welt verfolgten in Darmstadt den Niedergang der Sonde und warteten gespannt auf das finale Signal. Die Atmosphäre war emotional: Rosetta hat sich in mehrfacher Hinsicht zu einem Superstar der Raumfahrt entwickelt. Gleich mehrere Premieren und Superlative kann das Raumfahrzeug für sich reklamieren. Mit Rosetta schwenkte zum ersten Mal eine Sonde in einen Orbit um einen Kometen ein, setzte ein Landegerät ab und landete anschließend selbst. Knapp acht Milliarden Kilometer legte Rosetta zurück, verbrachte weitab von der Sonne zweieinhalb Jahre in einem so genannten Schlafmodus und wachte selbstständig wieder auf. Auch das hat noch kein anderes Raumfahrzeug geschafft.

Frenetisch feierten die Mitarbeiter der europäischen Raumfahrtagentur ESA mit wissenschaftlichen und industriellen Partnern den erfolgreichen Abschluss der Mission. „Wir haben ein wirklich gutes Raumfahrzeug gebaut“, sagte Michael Menking, Chef der Satellitensparte von Airbus Defence & Space. Von 1996 bis zum Start 2004 haben die Ingenieure in Immenstaad am Bodensee an Rosetta gearbeitet. „Trauriges Ende der berühmten Rosetta-Sonde, aber eine sehr coole, faszinierende, unglaublich datenreiche Mission,“ übermittelte Airbus-ChefTom Enders seinem Raumfahrt-Team. Bei Airbus am Bodensee freut man sich über den sanften Abgang und die weltweite Aufmerksamkeit für die Mission. „Dieses Ende ist das i-Tüpfelchen“, sagte Airbus-Standortleiter Eckard Settelmeyer. „Wir schalten Rosetta nicht einfach ab, sondern ermöglichten etwas, was gar nicht vorgesehen war – ein finales Rendezvous.“ Für Rainer Best, der das Rosetta-Projekt von 1996 bis 2004 leitete, hat das Raumfahrzeug auf dem Kometen ein würdiges Ende gefunden: „Gut zu wissen, dass Rosetta nicht einfach in den Tiefen des Alls verschwindet, sondern sozusagen eine Grabstätte hat.“

Die Mission wäre jetzt ohnehin zu einem Ende gekommen. Der Komet fliegt immer weiter von der Sonne weg, wo es zunehmend kalt und dunkel wird. Diese Tiefkühlphase, die Rosetta von 2011 bis 2014 durchgemacht hat, würden die Instrumente nicht mehr überleben.

Die Auswertung der Daten, die Rosetta gesammelt hat, werde noch Jahre dauern. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Mission klingen bis dato eher unspektakulär. Auf der Suche nach der Urmaterie, die in den Kometen unverfälscht erhalten ist, weil in den kalten Regionen des Universums tiefgefroren und konserviert, hat Rosetta zwar Bausteine des Lebens gefunden, aber keine allzu überraschenden Entdeckungen gemacht. Die Annahme, dass es auf Kometen Wasser gibt, ist verifiziert. Es handelt sich aber um eine ganz andere Art von Wasser, wie es auf der Erde vorkommt. Die These, dass Kometen womöglich Wasser auf unseren Planeten brachten, ist passé.

Von Immenstaad ins All

In Immenstaad bereiten sich die Airbus-Ingenieure nun auf die Reise zum Merkur vor. Die Sonde Bepi Colombo soll 2018 zu dem heißen Planten aufbrechen. Auch den Jupiter hat die ESA im Visier. Das entsprechende Raumfahrzeug Juice werde in wenigen Jahren am Standort Immenstaad integriert und getestet, sagte Settelmeyer. Außerdem erhofft man sich bei Airbus den Zuschlag für ein riesiges Weltraumteleskop mit dem Namen Athena. Die Neugier des Menschen, über sich und seine engen irdischen Grenzen hinauszublicken und dem Schöpfer in die Karten zu schauen, bleibt.

Der Name der Mission geht auf den Rosetta-Stein zurück, den Soldaten Napoleons 1799 während der Besetzung Ägyptens nahe des Ortes Rosetta (heute Rashid) im Nildelta fanden. Mit den Aufschriften auf diesem Stein gelang es dem französischen Gelehrten Jean Francois Champollion ägyptische Hieroglyphen zu entziffern. Auch der Name des Landegeräts Philae geht auf diese Schrift zurück. Auf der gleichnamigen Nilinsel südlich von Luxor befand sich ein Obelisk, der Texte in griechischer Schrift und in Hieroglyphen enthielt. Analog dazu erhofften sich die Planetenforscher, durch Rosetta und Philae die Ursprünge unseres Sonnensystems zu entschlüsseln.

Nach Angaben der europäischen Raumfahrtorganisation ESA kostete die Rosetta-Mission etwa 1,3 Milliarden Euro. Deutschland war mit rund 290 Millionen Euro beteiligt. Der bei Airbus Defence & Space in Immenstaad am Bodensee (ehemals Astrium) verantwortete industrielle Part betrug etwa 330 Millionen Euro.