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Spaniens Monarchie wankt

Madrid / Lesedauer: 3 min

Rufe nach Referendum werden lauter – Proteste zum 40-jährigen Verfassungsjubiläum
Veröffentlicht:06.12.2018, 19:32

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Spaniens königlicher Staatschef Felipe, Kronprinzessin Sofia und Altkönig Juan Carlos waren eigentlich in feierlicher Stimmung am Donnerstag zum 40-jährigen Geburtstag der spanischen Verfassung ins Parlament gekommen. Es sollte ein Fest der Demokratie und nationalen Eintracht werden. Doch die Fiesta wurde durch antimonarchische Proteste getrübt.

„Wofür brauchen wir im Jahr 2018 noch eine Monarchie?“, fragte provozierend Pablo Iglesias , Chef der linksalternativen Partei Podemos (Wir können) in einem Interview, das am Verfassungstag in der Zeitung „El País“ erschien. Iglesias’ Protestpartei, die im spanischen Abgeordnetenhaus die drittgrößte Fraktion formt, repräsentiert wie keine andere Partei die neu Generation Spaniens. Bei den jungen Spaniern ist, Meinungsforschern zufolge, die Ablehnung der Monarchie am größten.

Historische Funktion ohne Sinn

Es sei im 21. Jahrhundert schwer zu verstehen, dass der Staatschef durch Erbfolge und nicht durch eine demokratische Wahl bestimmt werde, wetterte Iglesias zudem per Zeitungskolumne in dem Blatt „El Mundo“. Die historische Funktion des Königs, die dieser beim Übergang von der Franco-Diktatur zur Demokratie in den 1970er-Jahren spielte, habe heute ihren Sinn verloren. Inzwischen werde das Königshaus von vielen Bürgern mit unangemessenen Privilegien und Korruption verbunden, wetterte Iglesias.

Dass Felipe nicht ihr König ist, machten die Podemos-Abgeordneten dann auch bei der Feierstunde am Donnerstagmittag im Parlament in Madrid klar. Als König Felipe und die übrigen Mitglieder des Königshauses ins Parlament einzogen, verweigerten die Linksalternativen Ihrer Majestät den traditionellen Applaus. Zudem trugen die Podemos-Politiker am Jackett eine nicht zu übersehende Plakette, auf der in lila Schrift das Wort „Republik“ prangte.

Albert Garzón, Chef der Partei „Izquierda Unida“ (Vereinigte Linke), verwässerte derweil dem Königshaus mit einer Strafanzeige das Verfassungsfest: Am Rande der Feierstunde warf er dem 80-jährigen Juan Carlos, der 2014 nach einer Serie von Skandalen abdanken musste, Korruption und Steuerbetrug vor. Im Sommer waren Gesprächsaufzeichnungen von Juan Carlos’ früherer Beraterin Corinna zu Sayn-Wittgenstein aufgetaucht, aus denen hervorgeht, dass der Altkönig Schmiergelder kassiert, schwarze Konten in der Schweiz unterhalten und Steuern hinterzogen haben könnte.

Nicht König der Katalanen

Repräsentanten anderer antimonarchischer Parteien waren aus Protest erst gar nicht zur Verfassungsfeier am 6. Dezember im Parlament erschienen. Zu den Abwesenden gehörten etwa die Vertreter der baskischen und katalanischen Regionalparteien, deren Fernziel die Abspaltung vom Königreich ist. „Felipe ist nicht der König der Katalanen“, lautet einer der Standardsprüche des katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra, der mit seiner Separatistenregierung nach einer von Spanien unabhängigen Republik strebt. Torra spricht aber nur für die Hälfte der katalanischen Bevölkerung, die in ein prospanisches und ein anti-spanisches Lager gespalten ist.

Die Spitzen der drei königstreuen Parteien, Sozialisten, Konservative und Liberale, die etwa zwei Drittel der Mandate im Parlament innehaben, verteidigen derweil die Monarchie. Der sozialistische Regierungs-chef Pedro Sánchez, in dessen Partei aber nicht wenige Republikanhänger zu Hause sind, sagte: „Felipe ist ein König seiner Zeit.“ Er sei ein moderner Monarch und sensibel für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Der konservative Oppositioschef Pablo Casado erklärte: „Der Staatschef erfüllt auf brillante Weise seine konstitutionelle Rolle.“

Doch diese Loyalitätserklärungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Königshaus zunehmend hinterfragt wird. „Die Tage, an denen die spanische Monarchie in einer fast perfekten Liebesbeziehung mit der Bürgerschaft lebte, sind vorbei“, glaubt der frühere Chefredakteur der konservativen Zeitung „El Mundo“, David Jiménez. „Die Monarchie braucht ein Referendum, um langfristig ihren Fortbestand zu sichern und ihre demokratische Legitimität zu erneuern“, schrieb Jiménez in einem Meinungsbeitrag für die „New York Times“. Doch an ein solches Referendum ist im zerstrittenen Spanien, wo der Katalonien-Konflikt, die Migrationspolitik und das Aufkommen der rechtspopulistischen Partei Vox für große Spannungen sorgen, derzeit nicht zu denken.