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Katastrophe

Sollte die „Lindenstraße“ bleiben?

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Das kürzlich verkündete Aus für die Kult-Serie der ARD hat nicht nur bei den Fans für Aufsehen gesorgt und Proteste ausgelöst. Zu Recht?
Veröffentlicht:23.11.2018, 16:14

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Lang, lang ist’s her: Im Dezember 1985 ist die „Lindenstraße“ gestartet, die seither immer sonntags im Ersten läuft, ob’s stürmt oder schneit, ob der Bundestag gewählt wird oder aktuelle Katastrophen die Welt erschüttern. Die WDR-Serie war und ist eine Konstante im Alltag vieler Menschen. Aber nicht nur das Leben von Familie Beimer hat sich gewandelt, auch die Sehgewohnheiten der Deutschen und die Quoten. Grund genug, die Serie zu beenden? Oder ist der Protest gegen die Einstellung gerechtfertigt?

Lieber ein altes Original als eine billige Kopie

Petra Lawrenz

Mag sein, die „Lindenstraße“ hat mit den Jahren ein bisschen Moos angesetzt. Und ja, nicht jedes Problemchen und Tabu, das thematisiert wurde, war gut aufgehoben in jenem betulichen Mietshaus in einer fiktiven Münchner Straße. Unübersehbar auch: Mutter Beimer kommt in die Jahre, ihr Hansemann – schon tot! Von Else Kling , der alten Hexe im Treppenhaus, gar nicht mehr zu reden. Friede ihrer Asche.

Aber einfach die ganze Serie einstampfen? Weil sie nicht (mehr) modern genug ist? Bitte, das war sie doch wohl nie. Hat denn je jemand gefordert, die „Sportschau“ solle mal etwas anderes bringen als dieses ewig gleiche Gerenne nach dem Ball? Oder „Tagesschau“-Sprecher Jan Hofer möge künftig seinen Namen tanzen – und die Nachrichten auch? Nein. Es gibt eben Formate, die sind gut wie sie sind.

Auf die Quoten aus vergangenen Tagen zu schielen, wo jeder Dritte eingeschaltet hat, ist schlicht realitätsfern. Und in Zeiten, in denen die Zeichen im TV ganz auf Retro stehen, ist es einfach dämlich, einen Dino aus dem Programm kippen. Zumal den Fernsehmachern offensichtlich außer der x-ten Quiz-Variante und dem y-ten Kochsendungs-Geschmurgel nicht viel Neues einfällt. Bevor ich mir die bonbonfarbene Kopie der „Montagsmaler“ anschaue, schalte ich jedenfalls lieber gleich ein Original ein.

Wer die Serie retten will, sollte sonntags einfach einschalten

Dirk Grupe

Kurzfristig wurde der Eindruck erweckt, die Welt stehe am Abgrund. Dann war es „nur“ das deutsche Fernsehen, das angeblich seine Seele wegwerfe. Am Ende blieb der Vorwurf, das „Qualitätsfernsehen“ werde abgeschaltet, kalt und gnadenlos. Dabei hatte die ARD lediglich das Aus für die „Lindenstraße“ angekündigt, mangels Zuschauerinteresse.

Die anschließenden Proteste kamen dann auch vorwiegend von aktuellen beziehungsweise früheren Darstellern der Serie. Christian Kahrmann (Benny Beimer) meinte gar: „Die Sendung ist der Zeigefinger für unser Land.“ Wenn das wirklich stimmen sollte, ist es allerhöchste Zeit für das Aus, denn wer braucht heute schon einen pädagogischen Holzhammer, für den die „Lindenstraße“ tatsächlich immer stand. Davon abgesehen hatte die Serie zwar eine Fangemeinde, ein Straßenfeger war sie aber nie. Vielen war die Pappkulisse zu billig, die Charaktere zu hölzern, die Geschichten zu naheliegend.

Unbestritten bleibt, dass sie zeitweise wichtig war, weil sie gesellschaftliche Debatten befeuerte. Heute wirkt das Format jedoch aus der Zeit gefallen, die Debatten werden woanders geführt. Wer der „Lindenstraße“ trotzdem nachtrauert und sie retten will, dem sei ein wirksames Mittel empfohlen: Einfach einschalten, jeden Sonntag.