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Netflix-Serie „Squid Game“ provoziert Gewalt an Schulen - wichtige Hinweise für Eltern

Panorama / Lesedauer: 4 min

Es ist die erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten. Sie strotzt vor Gewalt und ist eigentlich erst ab 16. Doch es mehren sich Berichte, dass sogar Kinder die brutalen Szenen nachspielen.
Veröffentlicht:27.10.2021, 15:45

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Es ist die erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten. Sie strotzt vor Gewalt und ist eigentlich erst ab 16. Die Sorge bei Schulen und Polizei wächst, denn sogar Kinder spielen nun Szenen nach. Das dokumentieren etliche Medienberichte – auch aus Deutschland.

Bei der südkoreanischen Serie wird in neun Folgen die Geschichte von knapp 500 Menschen erzählt, die sich alle hoch verschuldet haben.

Sie treten in scheinbar harmlosen Kinderspielen gegeneinander an, um ein Preisgeld in Millionenhöhe zu gewinnen. Doch der Wettbewerb lässt keine zweite Chance zu: Wer es nicht in die nächste Runde schafft, wird systematisch und auf der Stelle ermordet.

„Squid Game“ als Gesellschaftskritik

In seinem Heimatland Südkorea hat „ Squid Game“ vor allem wegen seiner offenen Gesellschaftskritik den Zeitgeist getroffen. Wachsende Ungleichheit, Diskriminierung sozialer Minderheiten, extremer Leistungsdruck: Fast alle großen Probleme des Landes werden in „Squid Game“ aufgegriffen. Die Serie gilt als gelungene Kritik am modernen Kapitalismus. In Südkorea werden Kostüme aus der Serie schon bei Gewerkschaftsprotesten getragen, um gegen die wachsende Ungleichheit zu protestieren.

„Squid Game“ ist die bisher erfolgreichste Netflix-Produktion mit den höchsten Zuschauerzahlen, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Nach Firmenangaben haben 111 Millionen Fans die Serie angesehen. Das ist ein neuer Rekord für die Plattform.

Doch nicht überall herrscht Freude über die erfolgreiche Produktion. Denn viele Zuschauer ziehen aus der Serie nicht die Gesellschaftskritik, sondern die Gewalt - und deren Verbindung mit einfachen Kinderspielen. An Augsburger Schulen ist es im Zusammenhang mit „Squid Game“ bereits zu Auseinandersetzungen gekommen, berichtet der Bayerische Rundfunk .

"Wir beobachten, dass Kinder die Spiele aus der Serie nachspielen. Dabei werden dann Schüler geohrfeigt oder beschimpft", wird Michaela Zipper , medienpädagogische Beraterin des Schulamts, zitiert. Obwohl die Serie erst ab 16 Jahren freigegeben sei, werde sie demnach bereits von Grundschulkindern gesehen.

Kinder spielen „Squid Game“-Szenen nach

Viele Kinder würden außerdem Dinge nachmachen, die sie auf TikTok oder Instagram zu der Serie sehen. Die Augsburger Polizei berichtet gar von der Serie entlehnten „Einladungskarten“, die unter Kindern verteilt werden. Zwar habe in diesem Fall nur eine Werbekampagne gestartet werden sollen – doch die Verunsicherung ist groß.

Offiziell sind in Baden-Württemberg bisher noch keine Fälle an Schulen bekannt, bei denen es im Zusammenhang mit der Serie zu Gewalt unter Schülern gekommen ist, erklären Kultusministerium und Landeskriminalamt auf Nachfrage von Schwäbische.de.

Das verstörende Phänomen ist aber durchaus bekannt. Eltern hätten die Möglichkeit, den Netflix-Account dementsprechend zu regulieren, betont das Kultusministerium. Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg verweist zudem auf einen Leitfaden von Klicksafe , wie Eltern die aktuell beliebtesten Streaming-Dienste „kindgerecht“ einrichten können.

Zudem habe sich auch die „Initiative Kindermedienland“ der Landesregierung, bereits mit der Thematik „Squid Game“ beschäftigt und hierzu Handlungsempfehlungen und Informationen für Eltern und Lehrkräfte erstellt.

Kultusministerium appelliert an Eltern

Die Initiative vernetzt verschiedene Akteure im Bereich der Medienbildung miteinander. Hier können sich sowohl Eltern als auch Lehrkräfte über die Serie informieren und erhalten auch weitere Tipps zum pädagogischen Umgang mit der Thematik.

Das Kultusministerium verweist darauf, dass Medienbildung auch in der Schule thematisiert werde. Wichtig aber bleibe, dass die Eltern ihrer Verantwortung gerecht würden. Diese sollten genau auf den Medienkonsum ihrer Kinder achten und das Gesehene thematisieren und besprechen. Altersempfehlungen wie bei „Squid Game“ sollen zwingend beachtet werden.

Bei allen Fragen rund um den Jugendmedienschutz können sich Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen überdies auch an die Medienpädagogische Beratungsstelle des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg wenden.

Phänomen auch in anderen Ländern

Wie der „Independent“ berichtet , rufen auch Schulen in England Eltern dazu auf, ihre Kinder die Serie nicht anschauen zu lassen – aus Angst vor Nachahmern.

„Wir haben festgestellt, dass immer mehr Kinder beginnen, ihre eigenen Versionen dieses Spiels auf dem Spielplatz zu spielen – was wiederum zu Konflikten innerhalb von Freundschaftsgruppen führt“, zitiert der „Independent“ aus einem Brief einer Grundschule in Ilford an die Eltern, so das Redaktionsnetzwerk Deutschland .

Eine belgische Schule warnte schon vor drei Wochen auf ihrer Facebook-Seite, dass Schülerinnen und Schüler die Spiele aus der Serie nachstellten. Wer verliere, werde mit Schlägen bestraft.

Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, befürchtet, dass „Squid Game“ auch an Halloween eine große Rolle spielen wird.

Er sagte RP Online : „Wir können nur davor warnen, die Spiele aus der Serie an Halloween in aller Öffentlichkeit nachzuspielen. Unbeteiligte können nicht erkennen, ob es sich um Spaß handelt oder nicht.“

In der Serie tragen Teilnehmer des tödlichen Spiels dunkelgrüne Trainingsanzüge mit Nummern darauf, außerdem gibt es Wächter in roten Overalls mit schwarzen Masken, die die Symbole eines Gamepads tragen. Sie sind in der Serie auch dafür zuständig, die Verlierer zu ermorden und die Leichen zu entsorgen.