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Kleinwagen ohne Zukunft

Panorama / Lesedauer: 4 min

Kleinwagen ohne Zukunft
Veröffentlicht:27.08.2019, 18:10

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Stadtflitzer wie VW Up, Opel Adam oder Ford Ka könnten bald Geschichte sein – zumindest als Verbrenner.

Eigentlich sind sie die perfekte Übergangslösung. Wer sich kein Elektroauto leisten kann, fährt mit einem Kleinwagen noch am sparsamsten und umweltfreundlichsten. Eigentlich, denn ausgerechnet diesen Sparbüchsen droht jetzt das Aus.

Wenn man Herbert Diess auf die Zukunft des Up anspricht, legt sich die Stirn des VW-Chefs in Falten: Angesichts kommender Schadstoffhürden haben die Autos im sogenannten A- oder A0-Segment in seinen Augen gar keine Zukunft mehr. Kleinwagen würden durch zusätzliche Spritspartechniken so teuer, dass sie sich kaum einer mehr leisten könne oder wolle, sagte Diess.

Er schätzt den Preisaufschlag auf rund 3500 Euro. Der Up, der aktuell ab 10 625 Euro in der Liste steht, werde dann ein Drittel teurer. „Damit ist er tot“, so der VW-Chef und setzt selbst hinter den Polo ein dickes Fragezeichen. Und weil der Up im Verbund mit anderen Konzernmodellen gebaut wird, sind die Aussichten für Skoda Citigo oder Seat Mii kaum besser.

Nachfolger bleiben aus

Diess ist mit seinem Pessimismus nicht allein. Opel etwa hat das Einstiegsmodell Karl und den Lifestyle-Flitzer Adam bereits vom Markt genommen und will dafür keine Nachfolger mehr entwickeln.

Bei Ford ist der Ka bald Geschichte, über die Zukunft der Drillinge Toyota Aygo, Peugeot 107 und Citroën C1 hört man von den Unternehmen sehr unterschiedliche Gerüchte. Renault-Chef Thierry Bolloré warnte im Frühjahr auf der Motorshow in Shanghai ebenfalls davor, dass es für Autos wie den Twingo künftig schwer werden könnte. Erst recht, nachdem die Partnerschaft mit Daimler und dem in weiten Teilen baugleichen Smart nicht verlängert wurde.

Der Grund für das drohende Aus der Kleinwagen sind die eigentlich hehren Absichten der EU-Kommission. Sie hat den Autoherstellern vorgeschrieben, dass sie den Kohlendioxid-Ausstoß von Neuwagen bis 2030 um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 reduzieren müssen. Bis 2025 müssen immerhin schon 15 Prozent minus erreicht sein.

Für jedes Gramm zu viel müssen die Hersteller pro Auto 95 Euro Strafe zahlen. Das läppert sich. Und als wäre das nicht schon schwer genug, müssen sie auch einzelne Modelle fit für die Schadstoffnormen Euro 6d und Euro 7 machen – und dafür aufwendig die Emissionen drücken.

Das Leben retten wird den Stadtflitzern kurzfristig die Elektrifizierung. Nicht umsonst hat der VW-Konzern gerade ein Update für den elektrischen Up angekündigt und die neue Technik in den Schwestermodellen von Seat und Skoda schon präsentiert. Nicht ohne Grund gibt es Kleinwagenneuheiten wie den Peugeot 208 oder den Opel Corsa vom Start weg auch elektrisch. Und es ist auch kein Zufall, dass Smart gerade die Verbrenner ausmustert und Fortwo wie Forfour nur noch mit E-Maschinen anbietet.

Doch die Koexistenz von Verbrennern und Akku-Autos wird immer schwieriger, je mehr dezidierte E-Autos entwickelt werden, die sich alle Vorteile der alternativen Antriebstechnik zunutze machen. Bestes Beispiel ist der Renault K-ZE, der ausschließlich als E-Auto mit knapp 300 Kilometern Reichweite gerade in China eingeführt werden soll. Obwohl nur 3,74 Meter kurz bietet er deutlich mehr Platz als der 3,60 Meter lange Twingo – und ist zumindest in China nicht einmal viel teurer.

Das sind Vorteile, die sich auch andere Hersteller sichern wollen. Mini etwa lässt gerade in China einen elektrischen Kleinwagen entwickeln. Und Daimler hat die Verantwortung für den nächsten Smart als reines E-Auto an den chinesischen Großaktionär Geely abgetreten.

Ins gleiche Horn stößt auch Automobilwirtschaftler Ferdinand Dudenhöffer. Zwar glaubt auch er, dass es für konventionelle Kleinwagen künftig schwerer wird. Doch diese Fahrzeugkategorie deshalb abzuschreiben, wäre völlig falsch, ist der Professor an der Universität Duisburg-Essen überzeugt.

„Kleinwagen sind prädestiniert, um als Elektroautos einen wichtigen Teil unserer Mobilität abzubilden“, sagt der Experte und sieht vor allem Vorteile im niedrigeren Gewicht und den geringeren Ansprüchen. Anders als von einem elektrischen Premium-Geländewagen mit E-Motoren erwarte von einem elektrischen Kleinwagen niemand eine Reichweite von 700 oder 800 Kilometern. „350 bis 400 Kilometer sind ein guter und praktikabler Wert, den man mit 40-kWh-Batterien gut darstellen kann“, sagt Dudenhöffer.

Wenn man dann noch die bis zum Jahr 2030 verlängerte Elektroprämie mit einkalkuliere, sollte man solche Autos für 18 000 Euro, ab etwa 2025 sogar für um die 15 000 Euro auf die Straße bringen können. Von den niedrigeren Kraftstoff- und Werkstattkosten ganz zu schweigen. „Das wird spannend und ich bin sicher, dass wir in Zukunft die Elektromobilität durch die Kleinwagen gut forcieren können.“