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Naturschutzzentrum

In die Geheimnisse des Moors eintauchen

Panorama / Lesedauer: 5 min

In die Geheimnisse des Moors eintauchen
Veröffentlicht:15.08.2017, 09:51

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Auf der Schopflocher Alb hat schon Mörike „ganz unerhörte Schönheiten“ entdeckt.

Seinem Stuttgarter Hutzelmännlein erschien die Schwäbische Alb von Ferne wie „eine wundersame blaue Mauer“. In einem Brief an seine Braut Luise hat Eduard Mörike besonders der Schopflocher Alb auf halbem Weg zwischen Ulm und Stuttgart bei Bad Urach ein Denkmal gesetzt: „Ich habe schon ganze Nachmittage im Freien zugebracht und ganz unerhörte Schönheiten der Gegend entdeckt“, schrieb er im Frühjahr 1832, nachdem er die Stelle als Vikar in Ochsenwang angetreten hatte. Im Gegenzug haben die Älbler den Schwammstotzen Mörikefels getauft. Auf diesem besang der Dichter einst „wie in einem Lehnstuhl mit Moose gepolstert“ sitzend die fantastische Aussicht über das Randecker Maar und die Zipfelbachschlucht. Wäre es ihm heute vergönnt, vom Naturschutzzentrum Schopflocher Alb in Lenningen über das Schopflocher Moor Richtung Ziegelhütte zu wandern, es käme ihm vieles vertraut vor. Sicher die großen Weißjurablöcke an den südlichen Hängen, die vor Urzeiten vom Rand des Vulkankraters abgebrochen und in den Kessel hinabgestürzt sind. Und die dazwischen grasenden Schafe, ohne die der Wald das Maar längst in Besitz genommen hätte.

Lehrreicher Tagesausflug

Nun ist es nicht jedem gegeben, seine Gefühle in romantische Verse zu fassen. Doch der Faszination dieser eigentümlichen Kulturlandschaft, in der erdgeschichtliche Spuren aus Jahrmillionen offen zutage liegen, vermag sich keiner so leicht zu entziehen. Der Hauptwanderweg des Schwäbischen Albvereins führt hier vorbei, Informationstafeln des Naturschutzzentrums zu den Zeugnissen des Albvulkanismus beschwören das Leben am Randecker Maar im Jungtertiär wieder herauf. Vor dem geistigen Auge verwandelt sich der Krater in einen Süßwassersee mit subtropischer Flora und Fauna. Am Kratergrund haben die Geologen Fossile eines Zitzenelefanten gefunden, mit einer Schulterhöhe von etwa zwei Metern.

Besonders seiner Lage am Albtrauf sei es zu verdanken, dass die verschiedenen Sedimentschichten des Kraters nun „fast wie ein aufgeschlagenes Buch“ vor uns liegen, heißt es in dem schön gestalteten Faltblatt, das dem Wanderer im Naturschutzzentrum mit auf den Weg gegeben wird. Die komplexen erdgeschichtlichen Zusammenhänge werden überdies in einer neuen Ausstellung erklärt, für Menschen jeden Alters verständlich und begreifbar. Ohne Zweifel kann man sich als Wanderer auch en passant an der schönen Landschaft erfreuen. Streng genommen verdient sie aber einen ausgedehnten Tagesausflug, der ebenso lehrreich wie vergnüglich werden kann. Zumal alle Ziele bequem mit dem Rad- und Wanderbus zu erreichen sind.

Der Holzschwellenweg im Schopflocher Moor, der schon vor über 40 Jahren zur Besucherlenkung durch die empfindliche Vegetation angelegt wurde, ist inzwischen saniert und barrierefrei umgebaut worden. Es ist das einzige Hochmoor auf der Schwäbischen Alb, und liegt wie das Randecker Maar auf einem 17 Millionen alten, mit Trümmergestein und Lehm wasserdicht verstopften Vulkanschlot. Auf dem zwei Kilometer langen Rundweg darf man sich einfach der wunderbaren Atmosphäre hingeben. Sich an trüben Tagen sogar ein wenig gruseln angesichts der Moorbirke oder des mittelalterlichen Steinkreuzes, bei dem es gelegentlich spuken soll.

Schöner und lohnender ist es aber, sich von einem Mitarbeiter des Naturschutzzentrums in die wahren Geheimnisse des Moores einführen zu lassen. Den Schachbrettfalter etwa könnte man ohne den Hinweis von Jens Häußler schlicht übersehen. Der junge Landschaftsökologe erklärt auch, was das schottische Hochlandrind hier zu suchen hat. Ohne seinen Appetit auf junge Sträucher und Bäume würden die feuchten Moorwiesen als Lebensraum so vieler seltener Tier- und Pflanzenarten bald überwuchert sein. Gerade weil das Schopflocher Moor nach dem massivem Torfabbau im 19. Jahrhundert nur noch eine „Moorruine“ ist, wie Häußler sagt, bedarf es konzertierter pflegerischer Maßnahmen, um dieses Kleinod zu retten.

Unmittelbar vor ihrer Haustür hat die Forschungsstation Randecker Maar leider den Beweis dafür erbracht, wie dramatisch die Lebensräume binnen kürzester Zeit zerstört worden sind, erklärt Häußlers Kollegin, Diplom-Biologin Ulrike Walter. Von Ende August bis Anfang November beobachten und zählen hier Ornithologen und Entomologen Vögel und Insekten, schon seit den 1960er-Jahren. Am Randecker Maar ist ein idealer Beobachtungspunkt. Weil die Vögel am Albtrauf einen Höhenunterschied bis zu 500 Meter überwinden müssen, nutzen sie gerne kraftsparende Taleinschnitte, wie sie ihn hier geboten bekommen. Bald schon kann man hier die Vogelkundler beim Beobachten beobachten. Am 24. September lädt die Station zu einem Tag der offenen Tür ein.

Mostkäse vom Biobauernhof

Schon den ganzen Sommer über (am Wochenende und an Feiertagen) hat die Maarstube im Hof Ziegelhütte am südlichen Rand des Maars geöffnet. Der auf 750 Metern Höhe gelegene Biobauernhof leistet seinen Beitrag zum Schutz der Landschaft, indem er nur so viele Kühe hält, wie die Wiesen ringsherum an Futter hergeben. Es sind 30 Tiere, die sich das kräuterreiche Gras schmecken lassen. Für alle, die hier Rast machen werden: Der hausgemachte Käse ist köstlich. Und erst der Apfelsaft. Der Clou aber ist der Mostkäse.

Tourentipps mit Bus und Bahn im Biospärengebiet Schwäbische Alb gibt es unter www.wandern. biosphaerengebiet-alb.de , weitere Informationen zur ornithologischen Forschungsstation am Randecker Maar unter www.randecker-maar.de/srm.htm

Die Recherche wurde unterstützt von Tourismus Marketing Baden-Württemberg.