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Essen mit traumhaftem Blick auf den Bodensee

Lindau / Lesedauer: 3 min

Das „Fritsch am Berg“ an den Hängen des Pfänders ist nicht nur wegen der spektakulären Außenterrasse einen Besuch wert. Auch kulinarisch liegt das Gasthaus auf hohem Niveau, findet unser Restaurantkritiker Erich Nyffenegger.
Veröffentlicht:26.05.2018, 07:00

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Warum das so ist, weiß eigentlich niemand so genau, aber eines ist sicher: Der Mensch liebt es, von irgendwo runterzugucken. Ganz im Gegensatz zum irgendwo raufgucken, das liebt er nicht so, weil er sich dabei wahrscheinlich kleiner vorkommt, als er eh schon ist. Das etwas hochtrabend „Mental-Spa-Hotel“ getaufte Haus Fritsch am Berg ist auf alle Fälle ein Ort, wo es sich ausgezeichnet hinuntergucken lässt. Und zwar auf den Bodensee, die Insel Lindau, das Alpenvor- und Alpenhinterland, und bei klarer Sicht auch weit hinein ins Oberschwäbische.

Die heutige Ausgabe von „Aufgegabelt“ ist eine besondere Premiere, weil es exakt 175 Kolumnen gedauert hat, bis zum ersten Mal ein Restaurant im Ausland Gegenstand der Besprechung ist, denn das „Fritsch am Berg“ liegt an den Hängen des Pfänders in Vorarlberg und somit in Österreich. Der Pfänder ist der Hausberg der Bregenzer – gilt aber auch als Anziehungspunkt vieler Ausflügler aus nah und fern.

In der Tat verdient das „Fritsch am Berg“ allein schon wegen der spektakulären Außenterrasse Beachtung. Ebenso wie die moderne Anmutung des in hellem Holz gehaltenen Interieurs, wobei die Panoramafenster dafür sorgen, dass der Gast sich kaum sattsehen kann. Sattessen, das geht indes ohne Probleme. Und es sei gleich gesagt: Obwohl sich ein Restaurant dieser Lage auch mit fragwürdiger Speisequalität vieler Besucher sicher sein könnte, macht die Familie Fritsch keine kulinarischen Kompromisse: Das fängt schon an bei der ungeheuer reichhaltigen Pfänder Käsesuppe mit Schwarzbrotwürfeln. Sie vereint sahnige Aromen mit der intensiven Würze reifen Bergkäses, wirkt dabei leicht und kommt stilsicher in einem Emailletöpfchen auf den Tisch.

Als Spezialität des Hauses gelten seit jeher die Kässpätzle, die in einer Schüssel von denkwürdiger Größe beim staunenden Gast ankommen, gekrönt von jeder Menge Röstzwiebeln. Die Spätzle haben noch einen schönen Biss, die beträchtliche Käsemenge lässt das Gericht zu einer Köstlichkeit mit außerordentlichen Sattmacherqualitäten verschmelzen. Gerade richtig nach einem kräftezehrenden Aufstieg vom Bodensee herauf – die würzige Pracht schmeckt aber auch nach dem kurzen Spaziergang von Parkplatz zur Gaststube. Einziger Kritikpunkt ist der dazu servierte Kartoffelsalat: Er ist viel zu trocken, die Stückchen fast zu Brei zerfallen. Außerdem weist er eine unangenehme Säure auf – da kann ein echter Schwabe nur milde lächeln.

Dass die Küche nicht nur Käse sehr gut beherrscht, hat bereits das Tartar vom Voralpenrind bewiesen. Das Fleisch ist offenbar mit dem Messer grob gehackt, veredelt mit Zwiebeln und einer leichten Chili-Schärfe, bestens ergänzt durch knackige Kapernäpfel sowie geröstetem Bauernbrot.

Und zum Schluss? Sorgsam und fantasievoll angerichtet – wie sämtliche Gänge – eine Mousse mit Rhabarber, eingehüllt in weiße Schokolade. Auch hier trifft das Fritsch am Berg mit klaren Aromen und ungekünstelter Verarbeitung ins Schwarze: Die Nachspeise ist insgesamt angenehm süß, das Erdbeerragout sorgt in Verbindung mit dem Quarkschaum aber auch für eine leicht säuerliche Balance.