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Kreuzfahrtunglück

Kreuzfahrtunglück zeigt die unglücklichen Verhältnisse

Politik / Lesedauer: 2 min

Kreuzfahrtunglück zeigt die unglücklichen Verhältnisse
Veröffentlicht:19.01.2012, 21:35

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D ie Deutschen sind unter die Kreuzfahrer gegangen: Mehr als 1,6 Millionen Menschen buchten 2011 Urlaub auf einem Schiff, zwei Milliarden Euro setzten die Anbieter um. Jetzt steht die Branche Kopf: In England geben internationale Vertreter eifrig Pressekonferenzen zur Sicherheit auf Schiffen, und bei der CMT in Stuttgart sind die Infostände unbesetzt. Wer nicht da ist, muss keine Fragen beantworten.

Unterdessen blicken wir entsetzt nach Italien : Vor der Küste Giglios versuchen Rettungstaucher das Unmögliche: Sie hoffen, dass auch Tage nach dem Unglück in dem Wrack Menschen überlebten. Mit jeder Stunde wird die Lage aussichtsloser. Das Schicksal der Vermissten, auch das der Urlauberin aus dem Kreis Biberach, ist ungewiss.

Sicher ist nur: Mindestens elf Menschen mussten sterben. Sicher ist auch: Der Kapitän hat versagt. Wie schwer seine Schuld wiegt, entscheiden Gerichte. Die moralische Verantwortung trägt er bereits. Leider hat noch keine Rechtsprechung eines vermocht: den Verlust von Menschenleben zu ersetzen.

Das wirft eine neue Frage auf: Warum geht uns ausgerechnet dieses Unglück so nahe, die Katastrophen, die sich alle paar Wochen etwa vor Lampedusa ereignen, aber nicht? Dort ertrinken viel mehr Menschen. Menschen, die unter elenden Bedingungen auf See aushielten, ohne Bordpersonal, ohne Wasser, in der vagen Hoffnung, in Europa eine lebenswerte Zukunft zu finden. Viele dieser Fahrten enden in Tragödien, die weit schlimmer sind als das, was vor der Küste Italiens geschieht.

Stimmen unsere Verhältnisse? Warum unterscheiden wir „interessante“ von „unwichtigen“ Tragödien? Sind wir so abgestumpft?

Die Antwort ist einfach: Unser Leben gleicht eher einer Kreuzfahrt als einer Flucht. Das begrenzt das Vorstellungsvermögen und schränkt die Fähigkeit, Mitleid zu empfinden, ein. Das aber ist beschämend.

So bleibt der Appell, sich in Anstand zu üben: Jeder Tote ist beklagenswert. Daran sollten wir uns beim nächsten Flüchtlingsdrama erinnern.