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Bad Schussenried ist Ökopunkte-Millionär

Bad Schussenried / Lesedauer: 3 min

Angesammeltes Guthaben kommt der Stadt bei künftigen Baumaßnahmen zugute
Veröffentlicht:22.04.2014, 15:45

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Die Stadt Bad Schussenried hat ein Vermögen, von dem wohl die wenigsten Bürger etwas ahnen: der ökologische Wert ihrer Flächen, der nicht in Euro, sondern in Ökopunkten gemessen wird. Sie sind die Bedingung für jedwedes Bauvorhaben der Stadt – und Bad Schussenried hat sich mittlerweile ein ganz gutes Polster angesammelt.

Wer der Natur etwas nimmt, muss ihr dafür auch etwas geben: Das ist, etwas vereinfacht, das Prinzip der Eingriffsregelung, die immer dann greift, wenn Kommunen Baugebiete erschließen, Straßen bauen oder auf sonstige Weise baulich tätig sind. Verrechnet werden Eingriffe in die Natur und die daraus folgenden Ausgleichsmaßnahmen in sogenannten Ökopunkten. Sie können auf einem Ökopunktekonto gutgeschrieben, angespart oder sogar gehandelt werden.

„Die Bevorratung wurde eingeführt, um mehr Flexibilität für die Gemeinden zu ermöglichen“, sagte der Tübinger Umweltplaner Norbert Menz im Gemeinderat. Eine Kommune muss so nicht jeden Eingriff sofort ausgleichen, sondern kann auf ihre zuvor angesparten Ökopunkte zurückgreifen. Daraus ergebe sich auch ein Vorteil für die Natur, so Menz: Der Ausgleich für mehrere Bauvorhaben lässt sich so zu sinnvollen Maßnahmen für den Naturschutz bündeln.

Die Stadt Bad Schussenried hat seit dem Jahr 2011 mit dem Aufbau ihres Ökopunktekontos begonnen. Dafür, führte Menz aus, seien zunächst der gesamte Grund und Boden Bad Schussenrieds und auch alle der Stadt angebotenen Flächen auf ihren aktuellen ökologischen Wert geprüft und in Ökopunkten bewertet worden. Zugleich wurde untersucht, wie sich die Flächen etwa durch das Anlegen von Biotopen oder Umwandeln von Intensiv- zu Extensivgrünland ökologisch aufwerten lassen. Dieser in Ökopunkten ausgedrückte Zielwert abzüglich des Ausgangswerts ergibt dann bei einer Umsetzung den Ökopunkte-Gewinn.

19 Flächen seien auf diese Weise untersucht worden, sagte Menz, wobei 16 als Ausgleichsflächen in Frage kommen. Davon wurden bereits zwei Maßnahmen realisiert, drei weitere befinden sich derzeit in der Umsetzung. Wohl das augenfälligste Beispiel: die Renaturierung der Schussen und des Burgtobelbachs in Otterswang . Hier wurde die vorhandene Brücke durch eine Furt ersetzt, die Ackernutzung aufgegeben und stattdessen Stillgewässerzonen mit Anbindung an die Schussen angelegt. Entstanden ist so ein ökologisch wertvolles Biotop, das bereits im vergangenen Jahr zahlreichen Amphibien als Laichgebiet gedient habe, so Menz. Auch ein Kiebitzpaar habe schon einen Brutversuch unternommen. Eine Wertsteigerung also, die sich durch die Ökopunkteverordnung nun auch mit 143863 Ökopunkten exakt beziffern lässt.

Setze man alle möglichen Maßnahmen auf Schussenrieder Gemarkung um, käme die Stadt auf etwa 2,86 Millionen Ökopunkte, fasste der Umweltplaner zusammen. Dies entspräche einem Gegenwert von 715175 Euro. „Man darf aber nicht denken, man verdient hier viel Geld“, hob Menz hervor. Im Vordergrund stehe der Gedanke, einen ökologischen Ausgleich zu schaffen.

Auch gelte es, ökologisch sinnvolle Maßnahmen umzusetzen und nicht nur diejenigen, die viele Punkte bringen, wandte sich Menz an FUB-Stadtrat Ludwig Wahl, der sich darüber gewundert hatte, dass die Umwandlung von Ackerflächen in Otterswang vergleichsweise hoch bewertet wurde. In Otterswang habe neben den Ökopunkten eine Reihe anderer Argumente für die Schussenrenaturierung gesprochen, ergänzte Bürgermeister Achim Deinet. Neben der Gewässerunterhaltungspflicht der Stadt spielte der Sanierungsbedarf an der Brücke eine entscheidende Rolle. „Wir haben jetzt zudem einen attraktiven Erholungsraum geschaffen.“

„Haben wir jetzt insgesamt ein gutes Polster für die Zukunft?“, erkundigte sich FUB-Fraktionssprecher Alexander Eisele beim Umweltplaner. „Das auf jeden Fall“, so die Antwort. Die anstehenden Baumaßnahmen und anderen Eingriffe der Stadt seien zwar noch nicht gegengerechnet worden, gab Menz zu bedenken. „Aber man kommt bei der Suche nach Ausgleichsflächen nicht ins Schwitzen.“