StartseitePanoramaDer neue Social-Media-Trend: So funktioniert die App Clubhouse

Clubhouse

Der neue Social-Media-Trend: So funktioniert die App Clubhouse

Panorama / Lesedauer: 5 min

Die Audioplattform hat in der vergangenen Woche rasend schnell an Bedeutung gewonnen. Die Idee: Eine Mischung aus Podiumsdiskussion und Podcast in Echtzeit. Ein Politiker hat bereits für Aufsehen gesorgt.
Veröffentlicht:25.01.2021, 13:26

Von:
Artikel teilen:

Schon lange hat eine App in Deutschland nicht mehr für derart viel Wirbel gesorgt wie Clubhouse. Die Idee der Social-Media-Plattform: Talkshows in Echtzeit, ohne Videos, nur Stimmen, jeder kann als Zuhörer ein- und aussteigen, wann er will.

Clubhouse wird seit rund einer Woche nicht nur von Influencern, jungen Unternehmern und Journalisten genutzt - auch Politiker und Showstars wie Thomas Gottschalk und Joko Winterscheidt haben sich in den Talkrunden gezeigt. Trotz des Hypes zweifeln einige Experten aber am langfristigen Erfolg der App.

Schwäbische.de hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengetragen.

Was ist Clubhouse?

Die Nutzerinnen und Nutzer der Handy-App Clubhouse können virtuellen Gesprächsräumen zu verschiedenen Themen beitreten oder selbst welche eröffnen. In der App findet sich immer eine aktuelle Liste mit aktiven Gesprächsräumen. Jeder Raum hat einen Titel, der das Thema wiedergeben soll. So sollen sich Nutzerinnen und Nutzer einfacher zurechtfinden.

Man kann als stiller Zuhörer im Hintergrund lauschen, es ist aber auch möglich, sich als Redner zu melden. Der Moderator des Gesprächsraumes kann einen Gast „auf die Bühne“ holen. Damit ist das Mitreden über das Telefon möglich. Die Gesprächsrunden sind - anders als Podcasts - live und können im Nachhinein nicht mehr angehört werden.

Der Ablauf ist am ehesten mit einem Live-Podcast, einer Besprechung auf Plattformen wie Skype oder Zoom oder einer Podiumsdiskussion zu vergleichen - nur eben als reines Audio-Format. Die Gesprächsräume werden in Deutschland bisher vor allem von Personen angelegt und moderiert, die in der Medienbranche bereits aktiv sind.

Hinter der App stecken die zwei amerikanischen Entwickler Paul Davison und Rohan Seth mit ihrer Firma Alpha Exploration Co.

Warum ist die App auf einmal so erfolgreich?

In den USA gibt es die App seit April 2020, in Deutschland erst seit diesem Jahr. Vergangene Woche schoss Clubhouse wie aus dem Nichts auf die oberen Ränge des deutschen Apple-Appstores.

Der Hype wurde unter anderem vom Podcast „Doppelgänger Tech Talks” ausgelöst. Die beiden Podcaster und Technologie-Experten Philipp Klöckner und Philipp Glöckler haben Clubhouse Anfang Januar das erste Mal erwähnt, dann eine Gesprächsrunde geplant und ihre Follower in die App eingeladen. Daher verbreitete sich Clubhouse in den ersten Tagen vor allem in der Tech-Szene.

Schnell kamen bekannte Medienpersonen und die Politik-Szene hinzu. So organisieren SPD-Mitglieder regelmäßig die Gesprächsrunde „Mittags im Regierungsviertel” mit hochrangigen Gästen wie Arbeitsminister Hubertus Heil.

Die Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär , führt den Clubhouse-Hype in Deutschland auch auf die Corona-Krise zurück. Die CSU-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Dass die App jetzt gerade so erfolgreich ist, hat sicherlich auch damit zu tun, dass Menschen sich in Zeiten des Lockdowns besonders stark nach Austausch und Geselligkeit sehnen.”

Wer kann die App nutzen?

Die App ist nicht für jeden zugänglich, was bereits für Kritik sorgte. Interessierte können nur beitreten, wenn Nutzerinnen und Nutzer, die bereits auf der Plattform sind, sie dazu einladen. Die Anzahl der Einladungen ist für Clubhouse-Nutzer begrenzt. Wer eine Einladung erhält und die App heruntergeladen hat, bekommt Zugang und kann dann selbst zwei weitere Personen einladen.

Außerdem funktioniert die App nur auf mobilen Endgeräten mit dem Betriebssystem iOS, also nur auf Apple-Geräten - noch:

Die Betreiber geben an, dass sie eine Überlastung ihres Dienstes vermeiden wollen. Es gilt jedoch als sicher, dass die Beschränkung ein einfacher Marketingtrick ist.

Was ist bisher Interessantes auf Clubhouse passiert?

Für den größten Aufreger auf der neuen Social-Media-Plattform sorgte Bodo Ramelow am vergangenen Wochenende. Thüringens Ministerpräsident hatte in der Nacht zu Samstag in einem Talkformat der App erzählt, dass er bei den stundenlangen Treffen der Landesregierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel zur Corona-Krise das Smartphone-Spiel Candy Crush spielt. Außerdem war zu hören, wie Ramelow die Kanzlerin auf Clubhouse als „Merkelchen“ bezeichnete. Am Sonntag ruderte Ramelow zurück: Er entschuldige sich für die Verspottung von Bundeskanzlerin.

Er wolle auf Clubhouse künftig vorsichtiger sein. „Ab sofort, wenn ich jetzt dieses Format anmache, merke ich, im Hinterkopf habe ich jetzt die Lernkurve von vorgestern und gestern.”

Doch nicht nur für die Verniedlichung der Kanzlerin wurde Ramelow attackiert. Thüringens Innenminister Georg Maier ( SPD ) kritisierte seinen Ministerpräsidenten im Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Wenn sich bewahrheitet, dass Bodo Ramelow während der Ministerpräsidentenkonferenz Handyspiele spielt, dann sollte er sein Verhalten überprüfen“, sagte Maier. „Dazu ist die Situation zu ernst.“

Gibt es Kritik an der App?

Ja, sie betrifft vor allem den Datenschutz. Um andere einladen zu können, müssen Nutzerinnen und Nutzer ihr Adressbuch mit dem Unternehmen teilen. So gelangen Daten von Personen an Clubhouse, die an der App gar nicht teilnehmen. Clubhouse schneidet außerdem sämtliche Gespräche mit. Das Unternehmen erklärt das damit, dass im Falle von rassistischen oder sexistischen Beleidigungen einfacher gegen solche Verstöße vorgegangen werden kann.

Dorothee Bär will der neuen Social-Media-Plattform trotz Bedenken beim Datenschutz eine Chance geben. „Ich fände es falsch, jede digitale Innovation gleich pauschal mit der Datenschutz-Keule zu zerschlagen und ihr keine Chance zu geben”, sagte die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung dem Tagesspiegel.

Wie geht es weiter?

„Alles, was Clubhouse kann, kann Podcast auch - und besser”, sagt Stefan Winterbauer, Redakteur von Meedia. Der Live-Charakter der Gesprächsrunden sei anfangs vielleicht aufregend, sagte der Medienjournalist in seinem Podcast „Die Medienwoche”. Inhalte auf Abruf seien am Ende aber einfach nutzerfreundlicher.

Auch Philip Westermayer, Gründer der Online Marketing Rockstars (OMR) und Technologie-Experte sieht keinen langfristigen Erfolg für Clubhouse: „Wenn man also die USA als Vorlage nimmt, muss man davon ausgehen, dass sich der Hype um Clubhouse deutlich beruhigen wird.”