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Stinkkäseschnitzel

Auf ein Stinkkäseschnitzel, einen Schmarren und ein Schwätzchen in die Meyerei

Aichstetten / Lesedauer: 3 min

Die Meyerei in Aichstetten ist kein Speiselokal mit hohem Anspruch. Warum es sich trotzdem lohnt, dort einzukehren, verrät unser Gastro-Kritiker Erich Nyffenegger.
Veröffentlicht:21.09.2018, 15:12

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Es ist einfach gemütlich hier, in der Meyerei Aichstetten, und man sieht, dass sich das Lokal fest in weiblicher Hand befindet. Die Dekoration wirkt trotz der vielen Komponenten weitgehend gelungen: Hirschgeweih trifft auf Filzherzen, ländlicher Charme mit rot-weiß karierten Tischtüchern, die Ecke des ausgedehnten Gastraums schmückt ein geschnitztes Holzkruzifix.

Der Außenbereich – und somit die Meyerei insgesamt – bildet das Zentrum des Ortes nahe der bayerischen Landesgrenze. Ansonsten wirkt der Dorfplatz wegen der grauen Steinplatten kahl, kalt und fast abweisend. Umso herzerwärmender ist da der Eindruck, den die junge und flinke Bedienung vermittelt, als sie die Speisekarte mit einem gastfreundlichen Lächeln an den Tisch trägt.

Was da geschrieben steht, ist mit Zwiebelrostbraten, Kässpätzle & Co. durchaus geeignet, dem Allgäuer Freude zu machen. Exotischer Ausreißer: das Schnitzel Meyerei. Dabei handelt es sich um ein längliches Stück Fleisch, auf dem geröstete Zwiebeln unter einer Schicht geschmolzenem Limburger liegen. Das als Stinkkäse verschrieene Milchprodukt macht seinem Ruf alle Ehre und erfüllt den Raum sogleich mit einem, nun ja, herausfordernden Duft. Diese kulinarische Idee hat den Nachteil, dass der Käse in seiner wuchtigen Dominanz alles andere in den Schatten treten lässt, sodass das Fleisch samt Zwiebeln dagegen etwas farblos wirkt, zumal das Schwein ein bisschen saftiger hätte sein können.


 Spezialität des Hauses: Mit Limburger belegtes Schnitzel.

Da hatte zuvor der hübsche und knackfrische Blattsalat mit Zander einen deutlich positiveren Eindruck hinterlassen: Die in Backteig gehüllten Fischstücke verfügen über einen saftigen Kern, der sich mit einem lustvollen Knuspern offenbart. Das dazu als Limetten-Grüntee-Marinade angepriesene Dressing begleitet gut, und auch die anderen Komponenten des Salattellers sind wohldosiert abgeschmeckt – sei es nun der leicht am Gaumen zwickende Rettich oder die süßliche Karotte. Einzig den Gurkenscheiben fehlt es an vitaler Spannkraft, sodass sie erschlafft auf dem Teller liegen und entsprechend lustlos schmecken.

Die Bedienung hatte auf Nachfrage ehrlich eingeräumt, dass etwa Maultaschen und Apfelküchle nicht hausgemacht sind – und damit nicht geeignet, Rückschlüsse auf die Qualität der Küche zuzulassen. Also fällt die Wahl zum Abschluss auf den Kaiserschmarren, der Mehlspeisenfreunde mit satter Reichlichkeit erfreut: Rosinen, Mandelblättchen, etwas aufgeschnittenes Obst sowie ein Gläschen Apfelmus begleiten das Dessert. Der Schmarren selbst ist eher kompakt als luftig, die Stücke sind dafür schön karamellisiert. Was ihm aber fehlt, ist der sonst typische und wichtige Buttergeschmack.

Wahrscheinlich will die Meyerei – offenbar benannt nach der Inhaberin Heidi Meyer – gar kein hochtrabendes Speiselokal sein. Mehr ein Ort für jeden Tag und jedermann im Dorf, der neben einem anständigen Happen ein bisschen Ansprache sucht und ein Gespräch über Gott und die Welt. Diesen Zweck erfüllt die Meyerei trotz anderer kleiner Schwächen bravourös und hält damit das Dorf gesellschaftlich zusammen.