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Jubiläumsjahr

Star Trek jenseits von Gut und Böse

Kultur / Lesedauer: 4 min

Ab Donnerstag im Kino: Das neue Abenteuer der „Enterprise“-Crew ist austauschbare Action-Stangenware
Veröffentlicht:19.07.2016, 17:25

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Ein halbes Jahrhundert Star Trek: Ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr des weltberühmten Science-Fiction-Franchise enttäuscht das neueste Abenteuer der „Enterprise“-Crew. „ Star Trek Beyond “ ist belangloses Actionkino – das Gegenteil von dem, was „Trekkies“ an ihrem Kosmos so lieben.

Die „Enterprise“ gondelt schon drei Jahre durchs All, auf dem Forschungschiff hat sich Routine eingeschlichen: Captain Kirk zieht jeden Tag die selbe Uniform aus dem Schrank, eine nette Szene gleich zu Anfang. Auch die Besatzung sehnt sich nach Landurlaub auf der Raumbasis „Yorktown“. Aber aus den Weltraumferien wird natürlich nichts, weil ein Notfall in einem unkartierten Nebel anliegt. Dort gerät das Flaggschiff der Föderation in einen Hinterhalt, die „Enterprise“ wird – mal wieder – schrottreif geschossen. Die dezimierte Crew kann sich auf einen Planeten retten. Hier treffen die versprengten Raumfahrer auf neue Verbündete wie die Alien-Kriegerin Jaylah (Sofia Boutella), aber auch auf den Bösewicht Krall (Idris Elba), der ein altes Artefakt zur Zerstörung der Föderation benutzen will. So weit, so gewöhnlich.

Als Gene Roddenberry vor 50 Jahren dieses Science-Fiction-Universum schuf, ging es ihm um eine Utopie, um die Vorstellung, dass die Menschheit in der Zukunft friedvoll mit außerirdischen Rassen zusammenlebt und auch ihre irdischen Probleme in den Griff bekommen hat. Materielle Sorgen sind vergessen, Kriege gibt es nicht mehr. „Star Trek“ verhandelte in seinen fünf Serienablegern und zehn Kinofilmen moralische Fragen, philosophische Probleme und soziale Themen. Wo George Lucas „Star Wars“ eher auf Action und Märchenelemente setzte, galt „Star Trek“ als Bastion für Nerds und Intellektuelle.

Polarisierung in Kauf genommen

Allerdings langweilte „Star Trek“ zunehmend. Die Quoten gingen in den Keller, an der Kinokasse floppten Filme. Nach „Nemesis“ (2002) war sieben Jahre lang Kinopause. Dann brachte Regie-Talent J. J. Abrams, der mit der Fernsehserie „Lost“ Fernsehgeschichte geschrieben hat, 2009 einen vielversprechenden Neustart in die Lichtspielhäuser. Die Anfänge von Kirk, Spock und Pille wurden in einer neuen Zeitlinie erzählt. Mit der Fortsetzung „Star Trek Into Darkness“ vollzogen die Filmemacher endgültig die Wandlung hin zum massentauglichen Blockbusterkino, nahmen dabei aber eine Polarisierung der Fans in Kauf. Mehr Action, weniger Tiefgang – das gilt auch für den 13. „Star Trek“-Kinofilm (natürlich in 3D). Diesmal geht die Trivialisierung auf das Konto von Regisseur Justin Lin, der für Filme der Dicke-Karren-Reihe „The Fast and the Furious“ verantwortlich zeichnete.

Das Problem sind nicht die Schauspieler. Chris Pine erinnert in vielen Momenten an Ur-Kirk William Shatner, Zachary Quinto verblüfft wieder mit seiner eigenständigen Interpretation des Vulkaniers Spock und Karl Urban gibt einen herrlich sarkastischen Doc McCoy. Für komische Momente sorgt auch der am Drehbuch beteiligte Simon Pegg als Technik-Ass Scotty. Der Darstellerriege wünscht man allerdings zu jeder Sekunde, dass sie ihre Fähigkeiten in einer originelleren Handlung zur Schau stellen dürfte. Die überbordende Action sieht nach Schema F aus, ähnliche Szenen hat man in Zerstörungsorgien wie „Transformers“ zur Genüge gesehen. Dem „Star Trek“-Kosmos fügen sie keinerlei neue Facetten hinzu. Da hilft auch nicht, dass handwerklich sehr vieles richtig gemacht wird, von den Spezialeffekten bis hin zur bombastischen Filmmusik.

Rihanna singt im Abspann

Der reale Tod des Ur-Spock-Darstellers Leonard Nimoy wurde in die Handlung eingewoben, nur ein Beispiel von Verbeugungen vor dem Mythos „Star Trek“, die aber eher alibihaft daherkommen. Der Film wirkt wie ein Action-Streifen, der eben zufällig in den Kulissen der „Enterprise“-Welt gedreht wurde.

Hanebüchen ist zudem der Einsatz von Musik aus dem 20. Jahrhundert: Public Enemy und die Beastie Boys werden sich freuen, dass ihre Songs „Fight The Power“ und „Sabotage“ hier zu Leinwandehren kommen, doch die Art wie das passiert, wirkt unlogisch und gezwungen. Auch hier ein nostalgischer Blick zurück: Wie in „Star Trek: Der erste Kontakt“ 1996 ein Song der Rockband Steppenwolf eingeflochten wurde, war weitaus natürlicher.

Stichwort Musik: Im Abspann darf Rihanna ihre Stimmbänder strapazieren. Die US-Sängerin passt mit ihrem überproduzierten Pop zur neuen Ausrichtung der Filme: inhaltlich dünn, aber jede Menge Effekte.

Noch vor dem Kinostart von „Star Trek Beyond“ wurde übrigens bestätigt, dass es eine weitere Fortsetzung unter der Regie von Lin geben soll. Zugleich ist eine neue Serie geplant. Es gibt scheinbar noch genügend unerforschte Ecken im Weltall. Vielleicht versteckt sich dort nicht nur das ein oder andere Alien, sondern auch etwas inhaltliche Tiefe.

Star Trek Beyond“: Regie: Justin Lin. Mit: Chris Pine, Zachary Quinto, Zoe Saldana, Simon Pegg, Idris Elba . USA 2016, 120 Minuten. FSK: ab 12.