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Senta Berger im Interview: „Ich möchte kein dramatisches Ende“

München / Lesedauer: 4 min

Senta Berger über den Abschied von ihrer Rolle als TV-Ermittlerin
Veröffentlicht:13.04.2018, 18:40

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Als Ermittlerin Eva Prohacek begeistert sie in der preisgekrönten Krimireihe „Unter Verdacht“ seit Jahren das Publikum, doch das ist bald vorbei: Senta Berger ist nur noch zweimal in der Rolle zu sehen. Bei ihrem vorletzten Einsatz bekommt es Eva Prohacek mit dem verzweifelten Vater eines Bundwehrsoldaten zu tun, der ausrastet, als sein Sohn bei der Erprobung eines neuen Waffensystems lebensgefährlich verletzt wird. Im Interview mit Martin Weber spricht die 76-Jährige über die schönen und die weniger schönen Momente in ihrer Karriere und darüber, warum sie künftig weniger drehen will.

Frau Berger, „Verschlusssache“ ist Ihr vorletzter Fall als Eva Prohacek. Warum hängen Sie die Rolle an den Nagel?

Es ist an der Zeit. Eva Prohacek ist Beamtin und müsste eigentlich schon längst pensioniert sein. Ich bin wesentlich älter als die Prohacek, Jeder weiß das, obwohl mir niemand die Jahre nachrechnet. Allmählich aber sieht man den Altersunterschied, finde ich. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Figur und damit auch um die Glaubwürdigkeit der Geschichten, die wir erzählen.

Sie haben die streitbare Ermittlerin viele Jahre lang gespielt. Welches sind Ihre schönsten Erinnerungen an diese Zeit?

Es sind die privaten Erinnerungen. Das Zusammenwachsen mit meinen beiden Kollegen Rudolf Krause und Gerd Anthoff, das Vertrauen zueinander, der Spaß miteinander. Die künstlerischen Herausforderungen, die mich erschöpft und beflügelt haben. Und die schönen Erinnerungen an unser Team, das meine Arbeit durch all die Jahre unterstützt hat. Wir haben zusammen gelacht und auch schon mal eine Träne verdrückt, wir haben zusammen gefroren, gebibbert um vier Uhr morgens an irgendeiner verdammten Autobahn, haben heiße Suppe miteinander geschlürft und sind in all den Jahren Freunde geworden.

Und was war weniger schön?

Weniger schön ist es, um sechs Uhr morgens in der herbstlichen Dunkelheit abgeholt zu werden, um zwei Stunden später zu der ersten Probe fertig zu sein. Meistens ist es kalt und unsere Drehorte fast immer ungemütlich – wie es sich für einen anständigen Krimi gehört. Weniger schön sind die langen Stunden bei der Arbeit, zwölf Stunden, 14 bis 16 Stunden, das späte Heimkommen. Aber das sind Gegebenheiten, die zu meinen Beruf gehören. Nach den Dreharbeiten sind sie vergessen. Zurück bleibt der Duft des Kaffees, den die Garderobiere um 6 Uhr 15 für mich schon vorbereitet hat und die gute Laune meiner Maskenbildnerin Barbara.

Welches der Themen, die in „Unter Verdacht“ behandelt wurden, hat Sie am meisten beschäftigt?

Ich denke, das ist die Geschichte, die wir 2010 über die in Sizilien gestrandeten Flüchtlinge gedreht haben. Wir waren die Ersten, die dieses Thema in einem Spielfilm am Samstagabend gewagt haben. Die Zustimmung war groß. Dass der Film auch heute noch nichts von seiner traurigen Aktualität verloren hat, ist erschütternd.

Wird Eva Prohacek in der letzten Folge, die noch gedreht werden muss, spektakulär aus dem Amt scheiden, oder wird es eher ein stiller Abschied?

Ich weiß es nicht. Wir haben mit den Autoren über alle möglichen und auch unmöglichen Schlusspunkte gesprochen. Nun wird erst einmal geschrieben, dann wird diskutiert und dann werden wir sehen. Ich möchte eigentlich kein dramatisches Ende, ich bin auch privat niemand, der Abschiede erträgt. Schon gar keine dramatischen.

Wie geht es beruflich bei Ihnen weiter – oder genießen Sie den Ruhestand ganz ohne Arbeit und Verpflichtungen?

Ich werde sicher nicht mehr vier, fünf Filme im Jahr drehen, wie ich das bisher gemacht habe. Aber zwei, drei Angebote, die ich interessant finde, liegen auf meinem Schreibtisch. Schließlich geht die Eva Prohacek in den Ruhestand, aber ich nicht. Dennoch freue ich mich auf kleine, spontane Reisen mit meinem Mann ohne einengende Termine.

Mit „Unter Verdacht“ verliert das Fernsehen eine Reihe, in der es um Gesellschaftskritik geht. Ist die im Fernsehen heutzutage vielleicht weniger gefragt?

Nein, das finde ich nicht. Bei, sagen wir mal, brisanten Themen, wird in Verbindung mit dem Spielfilm sogar noch ein Dokumentarfilm oder eine Talkshow zur weiteren Information und Vertiefung angesetzt. Das finde ich vorbildlich.