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Großtrappe

Seltene Vögel am Bodensee

Ravensburg / Lesedauer: 2 min

Der Abschuss zweier Großtrappen 1879 in Rorschach – Größter Brutvogel Europas
Veröffentlicht:16.08.2018, 19:46

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Im Dezember 1879 wurden am Bodenseeufer bei Rorschach zwei Großtrappen erlegt. Eines der Tiere wurde der Sammlung des Naturmuseums St. Gallen geschenkt. Dabei handelt es sich um eines von insgesamt zehn dokumentierten Nachweisen der auffälligen Vogelart in der Schweiz .

Die Großtrappe ( Otis tarda) ist der größte Brutvogel Europas. Als Bewohner von offenen Graslandschaften ist sie vor allem in den weiten Steppen von Vorderasien zur Mongolei und bis zum Amur verbreitet. In Europa finden sich größere Vorkommen in Ungarn und Spanien. In Deutschland und Österreich leben noch wenige Dutzend Brutvögel. Dort bemühen sich Vogelschützer mit Zuchtprogrammen und Lebensraumpflege, die letzten Tiere zu erhalten.

Ihre beste Zeit hatten Großtrappen in Mitteleuropa, als im 17. und 18 Jahrhundert die Wälder stark gerodet waren und weitläufige, wenig genutzte Weiden die Landschaft prägten. Heute kommen die Vögel mit der dichten Besiedlung und der intensiven Landnutzung nicht mehr zurecht.

Scheuer Steppenvogel

Großtrappen sind extrem scheue Vögel, sie sich nur in sehr offenen Landschaften wohlfühlen. Sie sind überwiegend Zugvögel, die zwischen Brut- und Wintergebiet große Distanzen zurücklegen. Auf diesen Wanderungen können sie bei ungünstiger Witterung weit von ihrem Ziel abgedrängt werden. Auf diese Weise lassen sich gelegentliche Beobachtungen von Tieren abseits des bekannten Verbreitungsgebietes erklären.

Auch die bei Rorschach geschossenen Großtrappen sind vermutlich aufgrund einer Verdriftung auf dem Weg von Norddeutschland nach Südosteuropa dahin gelangt. Tatsächlich wird aus Ost- und Mitteleuropa von einer extremen Kältephase im Dezember 1879 berichtet.

Ein glücklicher Schütze

In den Berichten über die „Thätigkeit der St. Gallischen naturwissenschaftlichen Gesellschaft“ 1879/80 wird das Ereignis wie folgt beschrieben: „Völlig neu für [die ornithologische Localsammlung] war allerdings nur die grosse Trappe (Otis tarda); von diesem in der ganzen Schweiz sehr seltenen Vogel hat Herr Spirig zum Schäfle in Rorschach am 1. Dezember 1879 zwei Exemplare: ein altes und ein junges Männchen, zwischen Rorschach und Staad erlegt; auf meine Bitte überliess der glückliche Schütze seine werthvolle Beute dem Museum sofort in liberalster Weise völlig unentgeltlich, wofür ihm anmit nochmals der wärmste Dank ausgesprochen sei.“

Was mit dem zweiten erlegten Vogel geschehen ist, ist nicht überliefert. Die Großtrappe im Naturmuseum St. Gallen ist somit alleiniger Zeitzeuge eines auch damals als solchen wahrgenommenen Ausnahmeereignisses. Wäre damals ein Fotoapparat zur Hand gewesen, hätte dies den beiden Vögeln vermutlich den Tod erspart.