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Vermächtnis

Rick Parfitts rockendes Vermächtnis

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Mehr als ein Jahr nach seinem Tod erscheint das erste und letzte Solo-Album des Status-Quo-Gitarristen
Veröffentlicht:02.04.2018, 18:27

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Mit posthum veröffentlichten Platten ist es so eine Sache. Der Verdacht, dass noch einmal Geld mit dem großen Namen gemacht werden soll, liegt auf der Hand. Bei Rick Parfitts erstem und letztem Soloalbum „Over And Out“ (EarMusic) liegen die Dinge jedoch anders. Zwar war der Engländer wahrscheinlich einer der besten Rhythmusgitarristen der Welt, doch wirklich bekannt war eigentlich nur seine Band: Status Quo. Gut 50 Jahre Rock der klassischen Schule stehen auf Quos Habenseite. In den Anfangsjahren Ende der 60er klangen Parfitt und Kollege Francis Rossi noch psychedelisch, später perfektionierten die Briten mit Hartnäckigkeit und viel Humor ihre ureigene Boogie-Rock-Variante – mal mit etwas mehr, mal mit weniger Pop-Einflüssen. Status Quo ohne Rick Parfitts Gitarrenanschlag auf der Fender Telecaster? Quasi undenkbar.

Kein kurzlebiges Werk

Nun also ist das musikalische Vermächtnis des Mannes aus Woking erschienen – und es ist eine grandiose Rockplatte geworden. Nichts zum Downloaden, nichts zum Streamen, absolut nichts kurzlebig Digitales, sondern ein Album zum Auflegen, eine Dreiviertelstunde Rock, Rhythmus und Riffs. Ein rockendes Testament, das Parfitt 2016 in den sechs Monaten vor seinem Tod aufgenommen hat. Es war jene Zeit nach seinem Herzinfarkt, der ihn dazu zwang bei Status Quo zu pausieren. De facto war die Platte fast fertig, als er Heiligabend 2016 – überraschend und an den Folgen einer Infektion – im Alter von 68 Jahren starb. Auch der Titel „Over And Out“ stand längst fest: Parfitt war leidenschaftlicher Hobbyflieger – und mit diesen drei Worten wird nun einmal beim Funkverkehr das Gespräch zwischen Pilot und Tower beendet.

Eine finale Aufnahmerunde war noch geplant, diese fand nun im Februar 2017 ohne Parfitt statt. Dabei waren unter anderem der frühere Queen-Gitarrist Brian May und Chris Wolstenholme von Muse, beides gute Freunde des Status-Quo-Urgesteins.

Druckvoll und hart

Das Endergebnis, dies steht außer Frage, hätte wohl auch unter Mitwirkung Rick Parfitts nicht viel anders geklungen. Es reiht sich ein perfekter Song an den anderen. Vieles klingt druckvoller und härter als die späten Quo: „Twinkletoes“ und „Lonesome Road“ etwa, „Long Distance Love“ rockt wie Quo vor 40 Jahren. „When I Was Falling In Love“ tönt, als hätten die ebenfalls zu früh verstorbenen George Harrison und Tom Petty noch einmal ein Lied mit ELO-Mastermind Jeff Lynne aufgenommen. Gitarre, Bass, Schlagzeug – viel mehr ist eben bei einem guten Song nicht nötig. Bei der Ballade „Without You“ kommt natürlich ein Klavier hinzu. Das Lied wurde übrigens bei Parfitts Beerdigung gespielt.

Doch traurig macht dieses Album nur deshalb, weil es eben kein weiteres mehr vom Solokünstler Rick Parfitt geben wird. Einer, der ein halbes Jahrhundert für den Rhythmus unzerstörbarer Gute-Laune-Rocker wie „Rockin' All Over The World“, „What You're Proposing“, „Caroline“ oder „Down Down“ verantwortlich war, würde kaum wollen, dass seine Fans beim Hören seines Albums trübsinnig werden. Und ein paar Wochen nach einem Infarkt einen Rocksong mit dem Titel „Fight For Every Heartbeat“ aufzunehmen, spricht eigentlich für sich – und für ihn. Alles in allem: die beste Platte, die Status Quo nie gemacht haben.