StartseiteKulturRemake von Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“

Remake

Remake von Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“

Köln / Lesedauer: 3 min

In „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ nutzen Rechtspopulisten die Morde an Kindern
Veröffentlicht:22.02.2019, 19:09

Artikel teilen:

„Das Boot“, „Westworld“ oder demnächst „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“: Immer mehr berühmte Kinofilme werden zu Serien. Nun hat sich der Abosender TV Now zusammen mit dem Österreichischen Rundfunk (ORF) an ein Remake von Fritz Langs Klassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931) gewagt, in dem Peter Lorre einen psychisch gestörten Kindermörder spielte. Es ist die erste fiktionale Eigenproduktion des RTL-eigenen, in Köln ansässigen Streamingdienstes TV Now und wird dort ab Samstag gezeigt. Stars wie Lars Eidinger oder Moritz Bleibtreu sind in den Hauptrollen zu sehen.

Der Österreicher David Schalko („Braunschlag“) versetzt die Handlung aus dem Berlin der Weimarer Republik ins Wien der Gegenwart. Und während Fritz Lang das Aufkommen des Faschismus eher subtil einbaute, prangert Schalko den Rechtspopulismus unserer Tage überdeutlich an. Wie im Original droht auch in der Serie stets Unheil, wenn eine bestimmte Melodie aus Edvard Griegs „Peer Gynt“-Suite gepfiffen wird. Erst verschwindet ein Flüchtlingsmädchen, dann die achtjährige Elsie, deren Eltern (Lars Eidinger und Verena Altenberger) eine zerrüttete Ehe führen, und schließlich weitere Kinder. Als es zu tauen beginnt, werden in Gräbern aus Schnee ihre Leichen gefunden. Die Stadt gerät in Panik, Eltern sind in Angst, eine überreizte und brutalisierte Gesellschaft schreit nach Lynchjustiz.

Der rechtspopulistische Innenminister (Dominik Maringer), in dem man Parallelen zu den österreichischen Politikern Sebastian Kurz und Norbert Hofer erkennen kann, instrumentalisiert die Morde. Der eitle Möchtegern-Sonnenkönig setzt ein umstrittenes Sicherheitspaket durch, das Land verwandelt sich in einen Überwachungsstaat. Der Verleger (Moritz Bleibtreu) eines populistischen Medienhauses arbeitet dem Minister zu und verbreitet in seinen Boulevardblättern Fake News. Im Netz wird gehetzt, es gibt Ausgangssperren, willkürliche Verdächtigungen und Festnahmen. Das stört wiederum die von Sophie Rois gespielte Bandenchefin, genannt „Die Wilde“, Königin der Bettler und brutale Zuhälterin. Weil die Situation ihre Geschäfte beeinträchtigt, lässt sie ihre Leute Jagd auf den Kindermörder machen – so wie im Original von Fritz Lang.

Vorabend einer dunklen Zeit

Um die klassische Krimifrage, wer der Täter ist, geht es David Schalko aber nicht so sehr, sondern um gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Als „ein dunkles Schauermärchen, das am Vorabend einer noch dunkleren Zeit spielt“, sieht der Regisseur seine Serie, und mahnt vor dem Überwachungsstaat. Sein bewusst artifiziell gestalteter Sechsteiler punktet mit expressiven Bildern einer innerlich wie äußerlich kalten Welt, will aber manchmal einfach zu viel. Da geistern rätselhafte Figuren wie „Der bleiche Mann“ (Bela B. Felsenheimer) durchs Bild, der seltsame Performances mit Schaufensterpuppen macht, oder der „Fuchspelzmann“ (Udo Kier), der alles und jeden fotografiert. Die Erwachsenen haben in der Serie keine Namen, sondern sind nach Funktionen oder Merkmalen bezeichnet.

Die herausragende Besetzung von „M“ ist bemerkenswert, aber nicht ungewöhnlich. Schließlich kennen seit dem weltweiten Serienboom selbst Hollywood-Stars und Oscar-Preisträger wie Nicole Kidman („Big Little Lies“), Anthony Hopkins („Westworld“) oder Matthew McConaughey („True Detective“) keine Berührungsängste mit dem Fernsehen.