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Ravensburg

Neu im Kino: „Aufbruch zum Mond“

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Faszinierende Filmbiografie mit Ryan Gosling: „Aufbruch zum Mond“
Veröffentlicht:07.11.2018, 19:23

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Die gesellschaftliche Spaltung in den Vereinigten Staaten wirkt sich mittlerweile selbst auf dem Mond aus: In den USA entspann sich tatsächlich eine Diskussion drüber, dass in „Aufbruch zum Mond“ nicht gezeigt werde, wie Astronaut Neil Armstrong die amerikanische Flagge auf dem Mond platzierte. Zwar ist sie im Hintergrund zu sehen, Donald Trump genügte diese künstliche Kontroverse aber bereits, um zu verkünden, dass er sich den Film nicht ansehen werde.

Der US-Präsident lässt sich dadurch ein sehr gut gemachtes Stück Historienkino entgehen, auch wenn der Film wohl tatsächlich eher nicht nach seinem Geschmack wäre. Denn Regie-Wunderkind Damien Chezelle („Whiplash“, „La La Land“) setzt nicht auf den befürchteten kitschigen Patriotismus, sondern zeigt, was die Mondlandung zu allererst einmal war: äußerst riskant – und jede Menge Arbeit. Der Film basiert auf der Biografie „First Man“ von James R. Hansen, in der Armstrong als zurückhaltender Pionier gezeichnet wird.

Gefühle auf Sparflamme

Ryan Gosling verkörpert den ersten Menschen auf dem Mond dann auch nicht als strahlenden Helden. Im Gegensatz zu seinem wortgewandten Mit-Raumfahrer Edwin „Buzz“ Aldrin (Corey Stoll) trägt Armstrong sein Herz nicht gerade auf der Zunge. Im Gegenteil: Dem Kampfpiloten und Testflieger gelingt es meistens, seine Gefühle völlig wegzuschließen. Vermutlich eine hilfreiche Eigenschaft, als er sich 1962 bei der Weltraumbehörde NASA für das Raumfahrtprogramm Gemini bewirbt.

Da hat er allerdings bereits einen schweren Schicksalsschlag hinter sich, denn seine Tochter ist mit zwei Jahren an Krebs gestorben. Konventionellere Filme hätten Armstrongs weitere Karriere zum Tribut an das verlorene Kind gemacht; hier wird eher angedeutet, dass sich der Astronaut als Konsequenz um so verbissener in seine Arbeit stürzt. Es soll nicht der einzige Verlust bleiben. Im Laufe der ehrgeizigen Aufholjagd mit den Sowjets Richtung Weltraum muss Armstrong den Verlust weiterer Weggefährten verkraften. Seine Gattin Janet (Claire Foy) unterstützt ihn dabei, entwickelt sich im Laufe der Jahre aber zu weitaus mehr als nur „der Frau an seiner Seite“. So zwingt sie ihren Mann geradezu, vor der Expedition zum Mond mit seinen beiden Söhnen die Risiken des Unterfangens zu besprechen.

Der für seinen stoischen Gesichtsausdruck bekannte Kanadier Gosling ist eine Idealbesetzung für die Rolle, auch wenn er den Zuschauer meist auf Distanz hält. Dafür ist man bei den Vorbereitungsmissionen umso näher dran. Chazelle inszeniert diese nicht als glamouröse Abenteuer, sondern als klaustrophobische Extrembelastung. Man meint förmlich zu spüren, wie die Raumfahrtkapseln kurz vor dem Zerbersten stehen. Dazu trägt auch das beeindruckende Sounddesign bei.

Da der Fokus hier ganz auf Armstrong liegt, werden die weltpolitischen Rahmenbedingungen nur am Rande gestreift. Erwähnt werden sie aber immerhin, und dabei wird auch nicht ausgespart, dass auch vor 50 Jahren die Mondmission keineswegs unumstritten war. So kommt in einem Einspieler auch das sarkastische Sprechgesang-Stück „Whitey on the Moon“ („Weiße auf dem Mond“) von Gil Scott-Heron zum Einsatz. Darin kritisierte der schwarze Musiker und Poet die immens teure Mondfahrt, die mit Steuergeldern finanziert werde, das für die Behebung sozialer Missstände auf der Erde dann fehle: „Ich kann meine Arztrechnung nicht bezahlen, aber hey – immerhin ist Whitey auf dem Mond.“ Wie gesagt, Trump hätte der Film wohl ohnehin nicht gefallen.

Aufbruch zum Mond. Regie: Damien Chazelle. Mit Ryan Gosling, Claire Foy, Jason Clarke. USA 2018. 142 Minuten. FSK ab 12.