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Symphonieorchester

Melancholie und Virtuosität

Kultur / Lesedauer: 2 min

Melancholie und Virtuosität
Veröffentlicht:05.12.2016, 18:16

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Das Symphonieorchester Vorarlberg setzt einen russischen Schwerpunkt.

Mit schönem Streicherklang, diabolisch virtuos und temperamentvoll präsentierte sich das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) unter seinem Chefdirigenten Gérard Korsten im Bregenzer Festspielhaus: Die kroatische Pianistin Anika Vavic brillierte in Rachmaninows Rhapsodie über ein Thema von Paganini, umrahmt von Penderecki und Tschaikowskys vierter Symphonie.

Auf erstaunliche Weise passte die zweiteilige Serenade für Streichorchester des polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki zur Melancholie, die man gemeinhin mit Tschaikowsky in Verbindung bringt: Der erste Teil, die Passacaglia, lässt ein kurzes aufsteigendes, in Ton-repetitionen mündendes Motiv durch die Streichergruppen wandern. Im zweiten Teil, einem Lar-ghetto schwingen sich Seufzerfiguren in einem großen Crescendo auf, die Musik wirkt einerseits zerbrechlich, andererseits ausdrucksvoll und in großem Atem verbunden. Für Korsten und seine Streichergruppe war das ein klangschöner Auftakt fern aller zeitgenössischen Schreibweise, die das Entstehungsjahr 1996/97 hätte vermuten lassen.

Allerlei Finessen

Paganini, der italienische „Teufelsgeiger“, hatte in der letzten seiner 24Capricen für Violine solo ein Werk vorgelegt, das in wirbelnden Variationen alle technische Brillanz eines Geigers herausfordert. Komponisten wie Brahms, Lutoslawski und eben auch der russische Pianist und Komponist Sergej Rachmaninow haben diese Caprice als Grundlage für eigene Variationswerke genommen. Bei Rachmaninow darf nicht nur der Solist, die Solistin mit allerlei Finessen, Akkordpassagen, Sprüngen und Läufen brillieren, auch das ganze Orchester ist im Farbenreichtum seiner Instrumente gefordert.

Anika Vavic, die in Wien studiert hat und mit der russischen Schule und Musik sehr vertraut ist, musizierte die 24 Variationen mit größter Selbstverständlichkeit: Bald koboldhaft witzig und beweglich, bald poetisch melancholisch in schwingenden Glockenklängen, bald in wunderbar unaufgeregt wirkender Virtuosität. Das Symphonieorchester Vorarlberg begleitete nicht nur, es war in den verschiedenen Instrumentengruppen auch ein sehr präsent aufspielender Partner. „Zur Feier des Tages“ (der Bundespräsidentenwahl in ihrer Wahlheimat Österreich) verabschiedete sich die Pianistin mit einem fein schwingenden Stück von Schubert.

Starke Emotionen

Das SOV, das gerade seine im letzten Herbst im Konzert mitgeschnittene CD mit Werken von Dvorák unter Gérard Korsten herausgebracht hat, tauchte nach der Pause in Tschaikowskys vierte Symphonie ein: ein Werk, das durchzogen ist von stärksten Emotionen. Korsten und das SOV machten diesen hohen Erregungszustand in hellen Fanfaren, fiebrig synkopischen Rhythmen und verzweifelt schicksalhaften Themen deutlich. Schöne Holzbläsersoli im langsamen Satz, scharf angerissene Pizzicati im Scherzo und ein immer neu angesetztes und von Korsten eingefordertes Brausen begeisterten das Publikum im Festspielhaus.