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Außenspielort

Lautten Compagney begeistert in Wolfegg

Wolfegg / Lesedauer: 3 min

Einspringerin Josephine Köhler und die Lautten Compagney Berlin begeistern mit Shakespeare-Revue
Veröffentlicht:16.09.2019, 06:00

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Nach langjähriger Tradition gastieren die Ludwigsburger Schlossfestspiele im September an ihrem Außenspielort Wolfegg. Doch „es gibt Tage, die gibt’s gar nicht“ – so begrüßte Intendant Thomas Wördehoff das Publikum im Rittersaal: Dominique Horwitz war als Sprecher in der Shakespeare-Revue „Sommernachtstraum!“ gemeinsam mit der Lautten Compagney Berlin vorgesehen gewesen. Doch nach seinem schweren Motoradunfall vor wenigen Wochen fühlte er sich noch nicht stark genug und sagte seinen Auftritt kurzfristig ab, sprich am Freitagnachmittag.

„Es gibt Tage, die vergisst man nicht“ – so dürfte es der Schauspielerin Josephine Köhler gehen, denn sie sprang beherzt ein in eine Produk-tion, die zwar an Shakespeares Meisterstück angelehnt ist, aber doch weit darüber hinausgeht. Wie gut, dass sie wohl mit der Musik der Renaissancezeit aufgewachsen ist und den Lautenisten Wolfgang Katschner mit seinem Ensemble gut kennt, denn ihr Vater Axel Köhler war einer der führenden Counter-tenöre und arbeitete oft mit ihnen zusammen. Seit der vergangenen Spielzeit ist Josephine Köhler Ensemblemitglied des Stuttgarter Staatstheaters und stieg unter anderem als Anna II in den „Sieben Todsünden“ von Bert Brecht und Kurt Weill an der Seite von Sängerin Peaches in den Boxring: Körperliche Beweglichkeit, Flexibilität, Wagemut konnte sie dort wie hier in Wolfegg beweisen, dazu mit dem Farbenreichtum und der Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme spielen.

Schon im vergangenen Jahr war die Lautten Compagney Berlin gemeinsam mit Eva Mattes auf den Spuren von Marco Polo ebenfalls in Wolfegg unterwegs gewesen. Auch diesmal hatte der Musikdramaturg Christian Filips ein höchst abwechslungsreiches Konzept entwickelt, das von Shakespeares Lustspiel ausgehend um die Liebe, den Rollentausch, den Traum und die Traumdeutung kreist.

Wunderbar dazu die Puppenspielerin Suse Wächter, die nicht nur Shakespeare als betrunkenen Poeten auftreten ließ, sondern auch mit einem schwarzen und einem weißen Michael-Jackson-Püppchen „Ganz in Weiß“ anstimmte.

Nach der Pause gab sich Professor Sigmund Freund als Traumdeuter die Ehre. Dass Wächters Puppen auch der Gambistin auf die Finger schauen, mit dem Cembalisten gefühlvolle und aggressive Emotionen darstellen und schließlich wilde Trommelwirbel inszenieren, gehörte zu den besonderen Szenen dieses außergewöhnlichen Abends. Dazu sangen und sprachen die Puppen und ihre Meisterin in allen Stimmlagen und Wienerischem Singsang.

Wolfgang Katschner und sein Ensemble verzauberten mit der so fantasievoll umgesetzten Musik der Shakespeare-Zeit, die sie mit Barockgeigen, Bassgambe, Blockflöten, Zink, Cembalo, Truhenorgel und Schlagwerk in den akustisch wie optisch so inspirierenden Rittersaal brachten. Die Sopranistin Marielou Jacquard sang mit ihrer schlank geführten Sopranstimme die Lieder von Purcell und Dowland und verkörperte die Elfenkönigin Titania, die trauernde Thisbe und versuchsweise den wilden Löwen – das „Laienspiel“ der Handwerker aus dem „Sommernachtstraum“ stand natürlich im Mittelpunkt des ersten Teils. Alle anderen Rollen fielen dank „ökonomischer Besetzungspolitik“ Josephine Köhler zu, die ihre schwere Aufgabe als Einspringerin singend, in wechselnden Tonlagen rezitierend, augenzwinkernd ironisch und burschikos elegant meisterte.

In den verblüffenden Brechungen und Übergängen, der Spielfreude und Fantasie aller Beteiligten, den Accessoires wie einem ausgestopften Fuchs oder einer Schleiereule zum zarten Nachtgesang wurde das Publikum hineingezogen in eine ungemein anspielungsreiche und liebevolle Produktion. Auch wenn die Temperaturen nicht mehr ganz so lau wie zur Mittsommernacht waren, so zauberte doch der Vollmond über dem Schloss zum Heimweg nochmals eine besondere Atmosphäre.