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Filmkritik

Filmkritik: Der Mann, der Weihnachten erfand

Kultur / Lesedauer: 3 min

Erbauliche Unterhaltung bietet der Film, wie Charles Dickens Weihnachten erfand
Veröffentlicht:20.11.2018, 18:27

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Charles Dickens soll Weihnachten erfunden haben – das ist ein starkes Statement und erinnert an die Behauptung eines Brauseherstellers, für unsere Vorstellung vom Weihnachtsmann verantwortlich zu zeichnen. Völlig falsch sind diese Aussagen aber auch nicht, denn Schriftsteller wie Cola-Produzent haben sich natürlich bei älteren Bildern und Bräuchen bedient, damit aber auch wesentlich zu deren neuer Popularität beigetragen. Außer Zweifel steht natürlich, dass Dickens’ Beitrag wesentlich gehaltvoller ist.

Erstdruck im Jahr 1843

Abzusehen war das allerdings nicht bei der Veröffentlichung seiner Weihnachtsgeschichte im Dezember 1843. Zu dieser Zeit war das Fest in England keineswegs so etabliert wie heute. So fragt im Film ein Verleger den Autor, wer denn bitte an einer Geschichte über diesen wenig bedeutenden Feiertag interessiert sein solle. Tatsächlich sah man Weihnachtsfeiern und –bräuche als etwas eher Ländliches an und war sich nicht sicher, ob sich auch die Bewohner einer modernen Industriemetropole wie London noch dafür interessieren würden.

Somit ging der 31-jährige Autor ( Dan Stevens , bekannt aus „Downton Abbey“) mit dem Projekt durchaus ein Risiko ein – zumal dieses für ihn von geradezu existentieller Bedeutung war. Denn nach dem Erfolg von „Oliver Twist“ konnten mehrere folgende Bücher nicht mehr daran anknüpfen. Zum Zeitpunkt des Filmgeschehens geht das Geld des Autors zunehmend zur Neige, seine Frau Kate (Morfydd Clark) offenbart ihm, mit dem fünften Kind schwanger zu sein – und dann kommt auch noch sein Vater John (Jonathan Pryce) ins Haus, zu dem der Autor ein höchst zwiespältiges Verhältnis hat.

Diese Beziehung ist es dann auch, die dem Film einen gewissen Tiefgang verleiht. Denn der sorglose Umgang des stets gut gelaunten Vaters mit Geld war für ein traumatisches Erlebnis in der Kindheit von Charles Dickens verantwortlich, das sein weiteres Leben und die sozialkritische Seite seines Werks prägen sollte.

Großartig: Christopher Plummer

Der Film zeigt, wie der von Geld- und Zeitsorgen geplagte Autor mit seiner Geschichte ringt. Schließlich bleiben zum Schreiben nur sechs Wochen, um das im Eigenverlag produzierte Buch rechtzeitig vor dem Weihnachtsfest auf den Markt zu bringen. So sammelt Dickens zahlreiche Inspirationen aus seinem alltäglichen Leben und bevölkert dank Vorstellungskraft sein Arbeitszimmer mit den Charakteren der Geschichte.

Am nachhaltigsten wirkt auf ihn dabei eine Szene, die er auf einem Friedhof beobachtet: Zur Beerdigung eines reichen alten Mannes erscheint nur dessen grimmiger Geschäftspartner. Dieser dient fortan als Vorbild für die Figur des Ebenezer Scrooge. Christopher Plummer gibt eine herausragende Vorstellung als zynischer Menschenfeind. Stevens übertreibt es dagegen anfangs etwas mit der Verkörperung des hektisch-verwirrten Schriftsteller-Genies, findet über die Konfrontationen mit dem Vater und seinen Figuren dann aber einen angemesseneren Ton.

Wie in der Geschichte, die dem Film zugrunde liegt, bereiten die düsteren Ereignisse den Weg für eine letztlich doch versöhnlich-optimistische und anrührende Geschichte. Somit eignet sich „Charles Dickens“ bestens als erbauliche Unterhaltung für die Vorweihnachtszeit. Wenn man einen Wunschzettel ausfüllen dürfte, würde darauf aber auch noch die komplette Verfilmung der Weihnachtsgeschichte mit dem großartigen Christopher Plummer stehen.