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Transit

Der erste deutsche Film im Wettbewerb

Berlin / Lesedauer: 2 min

Der erste deutsche Film im Wettbewerb: „Transit“
Veröffentlicht:18.02.2018, 16:50

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Christian Petzolds Film „Transit“ ist er erste von vier deutschen Beiträgen im Wettbewerb der Berlinale . Und – wie immer bei diesem Regisseur – bleibt auch dieses Mal manche Frage offen. Petzold versetzt Anna Seghers’ Roman „Transit“ über die Flucht aus dem von den Deutschen besetzten Frankreich von 1942 in die Gegenwart. Das ist das Verstörende an diesem Film.

Die deutsche Schriftstellerin Anna Seghers (1900-1983) ist vor allem durch ihren Roman „Das siebte Kreuz“ bekannt. Zwei Jahre nach der Veröffentlichung hat Fred Zinnemann 1944 die Geschichte der Flucht von sieben KZ-Häftlingen mit Spencer Tracy in der Hauptrolle verfilmt. In „Transit“ hat die aus Mainz stammende, spätere DDR-Dichterin ihre eigenen Fluchterfahrungen verarbeitet. Sie erzählt von den quälenden Monaten, in denen die Emigranten im „freien“, noch nicht von den Deutschen besetzten Südfrankreich auf die Ausreisepapiere warteten.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der deutsche Flüchtling Georg. Er gelangt durch Zufall an die Ausreisepapiere eines Schriftstellers namens Weidel, der sich umgebracht hat. Georg nimmt, zunächst eher unabsichtlich, die Identität dieses Mannes an, um damit nach Mexiko ausreisen zu können. Doch in Marseille begegnet er einer geheimnisvollen Frau. Sie heißt Marie (Paula Beer) und ist Weidels Frau. Dass ihr Mann nicht mehr lebt, wird sie nie erfahren.

Die Transformation eines Textes in eine andere Zeit ist auf der Bühne gängige Praxis: Wotan als Konzernchef, Hamlet als Hipster – das Theaterpublikum kennt das. Im Film ist diese Transformation historischer Vorgänge in die Gegenwart eher die Ausnahme. In diesem Medium versteht man sicher eher auf die möglichst wirklichkeitsgetreue Rekonstruktion der Vergangenheit.

Doch genau das wollte Petzold nicht. Georg, gespielt vom Shooting-Star Franz Rogowski, kommt in einem Marseille an, in dem moderne Autos fahren und ein kleiner Junge, mit dem er Fußball spielt, von Borussia Dortmund spricht. Andererseits sitzt der amerikanische Konsul, der die Transitvisa für Georg alias Weidel und seine Frau ausstellen soll, in einem altmodischen Büro mit Schreibmaschine und Stempel. Auch die Kostüme changieren zwischen den Zeiten.

Es ist eine seltsame Atmosphäre, die Petzold hier erschafft. Beunruhigend ist die Behauptung, die dahinter aufscheint: In Deutschland herrscht wieder ein diktatorisches Regime, das Menschen verfolgt. Nicht SS-Männer gehen auf Emigrantenjagd in Marseille, sondern Sondereinsatzkräfte der französischen Polizei, wie man sie aus jedem Fernsehkrimi kennt. Natürlich geht diese Transformation nicht eins zu eins auf. Aber das Gefühl, das sie hervorruft, bleibt in Erinnerung: Furcht.