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Normalität

Der Ball rollt und Bono singt

Kultur / Lesedauer: 4 min

Zur Fußball-EM gibt es diesmal nur wenige Songs – Die Botschaften des Aufbruchs passen gut in die Zeit
Veröffentlicht:14.06.2021, 19:26

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Langsame Rückkehr zur Normalität, aber mit Einschränkungen und noch etwas zögerlicher Euphorie: Was für die diesjährige Fußball-Europameisterschaft gilt, trifft auch auf die sie begleitenden Songs zu. In den vergangenen Jahren konnte man schnell den Überblick verlieren, etwa zuletzt bei der WM 2018: Neben dem „offiziellen“ Titel hatte auch der Zuckerbrausen-Hauptsponsor eine spezielle Nummer am Start, ebenso die übertragenden Fernsehanstalten sowie zahlreiche Trittbrettfahrer von Adel Tawil bis zu Glitzer Gitschi. Selbst Jérôme Boateng trat ans Mikrofon und Eurovisions-Urgestein Ralph Siegel polierte seinen „Moskau“-Hit noch einmal auf, schließlich fand die WM, man hat es fast vergessen, in Russland statt.

Und 2021? Da ist das musikalische Teilnehmerfeld so zurückhaltend wie die Erwartungen an die deutsche Mannschaft, die heute Abend ihr erstes Spiel bestreitet. Immerhin hat sich die UEFA echte Schwergewichte für ihren Song engagiert. So ist der holländische Musikproduzent und DJ Martin Garrix zwar erst 25, feierte aber schon 2013 als Teenager seinen internationalen Durchbruch. Und bei „We Are The People“ kooperiert er mit echten Veteranen: Bono und The Edge, ihres Zeichens Frontmann und Gitarrist der irischen Rockband U2.

Pathos ist den beiden ja nicht ganz fremd und so klingt auch die gemeinsame Komposition hymnisch-getragen. Im Text mit seinen „Auferstanden aus Ruinen“-Bildern und der Verheißung „Wir bauen es besser auf als es zuvor war“ meint man natürlich zahlreiche Pandemie-Bezüge zu erkennen – allerdings war der Song wohl schon vor dem ursprünglichen Austragungsdatum des Turniers im vergangenen Sommer fertig. Ein solides und zur Zeit passendes Stück Musik, an das man sich wohl auch nach dem Turnier noch erinnern könnte.

Ganz im Gegensatz zum letzten WM-Song, bei dem die Frage nach Titel und Interpret wohl jedes Pubquiz sprengen dürfte (Antwort: „Live It Up“ von Nicky Jam, Era Istrefi und Will Smith). Neben dem Turniersong komponierte Garrix auch das Intro, das seit 2012 bei allen übertragenden Fernsehanstalten in Europa einheitlich ist, die UEFA will auch hier einen bestimmten Sound etablieren, der mit dem Turnier in Verbindung gebracht wird.

Einprägsamer sind für Fernsehzuschauer hierzulande aber meist die Songs, die sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender für ihre Berichterstattung aussuchen. Auch in diesem Jahr gibt es für die EURO einen „offiziellen Sportschau-Song“. Er stammt von Vincent Weiss und Johannes Oerding, heißt „Die guten Zeiten“ und bewegt sich ganz in der textlichen Vagheit mit angedeutetem Tiefgang und „das wird schon“-Appellen, auf die deutsche Liedermacher nun schon seit Jahren abonniert sind. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky freut sich dann auch über den Titel, den die Interpreten in der Sauna eingesungen haben wollen: „Er geht ins Ohr, passt zum Event und vermittelt uns ein positives Gefühl in diesen bewegten Zeiten.“

Dazu dürfte selbst das einmal mehr bizarre EM-Maskottchen Skillzy fröhlich mittanzen, schließlich soll es bei seinen Auftritten jeweils von zwei Freestylern begleitet werden. Erstmals überträgt dieses Jahr auch „Magenta TV“ einige Spiele, dies sogar exklusiv. Gelegentlich ruckelte die Übertragung aber etwas. Als Aufmunterung soll auch da das bewusst positiv gehaltene „On The Field of Dreams“ von Daniel Hall zu hören sein. Zu dem fluffigen Popsong mit einer Portion Pathos ließ sich der amerikanische Musiker von seiner kleinen Tochter inspirieren.

Und das war es dann tatsächlich schon. Das ZDF, bei der letzten EM noch mit Mark Forster („Wir sind groß“) am Start, spielt dieses Jahr einfach den offiziellen Titel von Martin Garrix. Wer weitere Einstimmungsmusik braucht, kann immerhin auf eine offizielle Playlist der UEFA bei Spotify zurückgreifen. Die ist recht energiegeladen, setzt auf frühere EM-Titel wie „This One’s for You“ von David Guetta und Zara Larsson und hat auch den wohl besten Fußballsong aller Zeiten im Programm: „Three Lions“ von Baddiel, Skinner and the Lightning Seeds, mit dem Refrain „Football’s Coming Home“.