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Studioalbum

Amorphis: Hart und hymnisch

Ravensburg / Lesedauer: 2 min

Der folkige Metal von Amorphis nutzt sich auch auf Album Nummer 13 nicht ab
Veröffentlicht:14.05.2018, 18:13

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Neue Geschichten aus dem Land der tausend Seen, gegossen in Schwermetall: Auf ihrem 13. Studioalbum zeigen Amorphis mit beeindruckender Souveränität, warum sie zu den weltweit erfolgreichsten Metal-Bands gehören. „Queen Of Time“ (Nuclear Blast) vereint Elemente von Death Metal über Folk bis hin zu symphonischen Sprenkeln – und hat das Zeug, Fans der ersten Stunde ebenso zu begeistern wie jüngere Anhänger des finnischen Sextetts.

Synthienoten wie perlende Regentropfen, Sirenengesang wie aus weiter Ferne – und dann setzen harte Gitarren und Schlagzeug ein und Tomi Joutsen begrüßt den Hörer mit dem ersten langgezogenen Growl im Opener „The Bee“. Erstaunlich, wie man schon nach wenigen Sekunden den charakteristischen Sound von Amorphis aus Hunderten anderer Songs heraushören würde. Ihren ureigenen Klang hat die Band in den vergangenen fast 30 Jahren seit ihrer Gründung immer wieder verfeinert. Das zweite Album „Tales From A Thousand Lakes“ (1994) gilt als Klassiker des Death Metal, zeigte aber auch schon das Faible der Band für folkig angehauchte Melodien. Zwischendurch gab es mit „Tuonela“ (1999) eine Phase, in der man komplett ohne gutturalen Gesang auskam.

Power wie zwei Sänger

Doch seit 2005 sind Growls wieder Teil des Inventars, und der seit jenem Jahr zur Band gehörende Tomi Joutsen wechselt mit Leichtigkeit von aggressivem Gekeife zu klarem Gesang voll Ausdruck und Emotion. Wer die Songs zum ersten Mal hört, könnte meinen, dass hier zwei unterschiedliche Vokalisten am Werk sind. Der Vorgänger „Under The Red Cloud“ 2015 bekam nicht nur für dieses Wechselspiel von Fans und Musikpresse gleichermaßen Lob, sondern auch für seine instrumentalen Schmelztiegel-Qualitäten.

Mit „Queen Of Time“ nehmen Gitarrist Esa Holopainen und seine musikalischen Weggefährten den Faden des fantastisch ausbalancierten Vorgängers auf und fügen dem Klangkosmos weitere Facetten hinzu. Zum ersten Mal hat die Band mit einem Orchester und einem Chor zusammengearbeitet. Doch die neuen Stilelemente fügen sich sehr dezent ins Gesamtbild und überfrachten das Album nicht. So gerät etwa „We Accursed“ etwa zur majestätisch galoppierenden Hymne, während die Chöre in „Daughter Of Hate“ einen krassen Kontrast zum harschen Gesang von Joutsen bilden.

Das treibende „Message In The Amber“ dürfte live künftig ebenso zu den Pflichtstücken gehören wie das von einem gigantischen Refrain getragene „Wrong Direction“, das mit seinen Arpeggien ganz tyisch für die Band ist. Triumphierend schwingt sich „Amongst Stars“ empor, bei dem die niederländische Sängerin Anneke van Giersbergen (Vuur, früher The Gathering) mit ihrer glasklaren Mezzosopranstimme euphorisiert. Eine beeindruckende Metal-Lehrstunde, die den Ausnahmestatus von Amorphis zementiert.