"Helfen bringt Freude"
Manchmal hilft schon eine Kiste mit Mehl und Zucker
Aalen / Lesedauer: 6 min

Timo Lämmerhirt
„Die Caritas ist mehr als eine Organisation. Sie ist eine Grundhaltung gegenüber Menschen, besonders gegenüber Menschen in Not. (...)“. So steht es auf der Internetpräsenz der Caritas Deutschland, dem Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche. Dass dies nicht nur leere Worthülsen sind, das stellt unter anderem die Caritas Ostwürttemberg mit ihren Standorten in Aalen, Ellwangen, Heidenheim und Schwäbisch Gmünd Tag für Tag unter Beweis.
Fester Bestandteil und Kooperationspartner der Weihnachtsspendenaktion „Helfen bringt Freude“ der Schwäbischen Zeitung ist die Caritas seit Jahren. Das Leitungsteam in Ostwürttemberg wird tatkräftig unterstützt und ergänzt von Anita Knauß, die für die Kommunikation und Fundraising verantwortlich zeichnet. Einen kleinen Überblick, was in der Region von der Caritas geleistet wird, hat sie im Gespräch mit Timo Lämmerhirt verraten.
In dieser Zeit, kurz vor Weihnachten, wird naturgemäß viel gespendet. Spüren Sie dies auch geballter?
Es ist der Klassiker, dass die Menschen zum Jahresende hin das Gefühl haben, nochmal etwas Gutes tun zu wollen. Da denkt man dann an die Menschen, die sich außerhalb des eigenen Aktionsradius befinden und denen es nicht so gut geht, was sicherlich auch medial gefördert wird.
Speziell die Obdachlosigkeit wird ebenfalls in der kalten Jahreszeit, in diesem Fall verständlicherweise, verstärkt kommuniziert, eines der Steckenpferde der Caritas.
Ja, tatsächlich wird an diese Menschen vermehrt im Herbst und Winter gedacht. Wir sind die einzigen, die bei diesem Thema aktiv sind. An drei Standorten, in Aalen, in Schwäbisch Gmünd und in Heidenheim, halten wir Häuser für wohnungslose Menschen bereit, für Kurzübernachtungen. Einige landen im „Aufnahmehaus“, das ist eine längerfristige Maßnahme, alternativ dazu gibt es noch das betreute Wohnen. Dort gibt es warmes Essen, die Menschen können dort duschen und sie sich mit Kleidung eindecken. Die Kleiderkammern aber sind leer, der Bedarf entsprechend groß.
Das heißt, dass man mit Kleiderspenden aktuell weiterhelfen könnte?
Ja, vor allem Kleidung für junge Erwachsene, denn Wohnungslose werden immer jünger und sie werden immer weiblicher.
Kurz eingehakt: Warum werden die Wohnungslosen immer jünger und weiblicher?
Da spielen eine Menge Faktoren eine Rolle: Sucht oder eine psychische Erkrankung. Oder es sind Menschen, die vorher in Jugendhilfemaßnahmen waren oder in Heimen. Wenn sie erwachsen sind, fallen sie aus dieser Betreuungsschiene raus ‐ und dann landen einige auf der Straße. Das hat sich im Laufe der Jahre erst entwickelt. Ich habe den Eindruck, dass junge Menschen heute größerem Druck ausgesetzt sind. Sportlich, hübsch und fit und am besten noch das krasseste Profil auf Instagram, so sollen sie sein.
Anderes Thema: Die Warteschlangen an den Tafelläden werden immer länger....
Ob jetzt bei uns in Aalen oder Heidenheim: Wenn man an einem Tafelleaden vorbeifährt, sieht man dort Menschentrauben. Es ist alles teurer geworden, was natürlich Geringverdiener oder Bürgergeldempfänger nochmal deutlicher trifft. Dazu sind viele Menschen auf der Flucht. Im Zuge des Kriegs in der Ukraine kamen auf einen Schlag ganz viele Menschen auf uns zu. Es werden immer mehr.
Und durch die Konflikte im Nahen Osten ist es nicht unwahrscheinlich, dass noch mehr Menschen nach Deutschland flüchten müssen.
Da kann man vermutlich drauf warten, ja. Es ist ein Zustrom an Menschen da. Gleichzeitig aber haushalten die spendenden Unternehmen wie Discounter oder Bäckereien ganz anders als noch vor Jahren. Die kaufen nicht mehr massenweise Zeug ein und lagern es irgendwo. Stichworte: Lagerhaltung oder Energiekosten ‐ die Unternehmen spüren die Preissteigerungen genauso, ergo: es kommt weniger bei uns an.
Wie könnte man denn in diesem konkreten Beispiel als Privatperson unterstützen?
Wir freuen uns natürlich immer über Zeit-, Sach- oder Geldspenden. Wenn man uns Geld spendet, kann man ganz klar definieren, wofür dieses Geld eingesetzt werden soll. Natürlich kann man auch einfach an die Caritas spenden, weil wir ja wissen, wo die Bedarfe sind. Sachspenden für den Tafelladen wären beispielsweise eine Kiste Nudeln oder Haferflocken, oder lang haltbare Lebensmittel wie Mehl und Zucker. Das kann man einfach in der Tafel abgeben. Oder man schaut im Kleiderschrank nach, was entbehrlich wäre, aber noch gut tragbar. Das kann man einfach in der Wohungslosenhilfe abgeben, um die Kleiderkammer zu füllen. Oder man geht in den Drogerimarkt und kauft 20 Flaschen Duschgel. Das sind Sachspenden, für die wir immer sehr dankbar sind. Und wenn man noch aktiver helfen möchte, kann man seine Zeit spenden, indem man im Tafelladen oder der Wohnungslosenhilfe mitarbeitet.
Um dies kurz festzuhalten: Diese Hilfen, von denen Sie sprechen, werden natürlich nicht nur im Winter benötigt...
Völlig richtig, Not ist kein saisonales Thema. Die Tafelläden gehören übrigens zu unserem Fairkauf-Angebot. In Aalen haben wir zusätzlich das Angebot, dass einkommensschwache Menschen gebrauchte Möbel, aber auch andere Dinge des alltäglichen Lebens, erwerben zu können. Das geht auch online über unseren Shop „Caribay“. Wenn der eigene Esstisch noch gut ist, man sich dennoch einen neuen zulegt, kann man ihn dort abgeben, oder auch abholen lassen. Wir machen auch Wohnungsauflösungen.
So sind eigentlich alle gesellschaftlichen Bereiche, mehr oder weniger, von der Caritas abgedeckt, oder?
Ja, grundsätzlich schon. An den Standorten Aalen und Schwäbisch Gmünd bearbeiten wir das Thema Sucht. Hier können Menschen zu uns kommen, die Hilfe benötigen, aber vielleicht weiter arbeiten möchten, da haben wir geschulte Therapeutinnen und Therapeuten sowie einen Arzt im Team. Wir betreuen Menschen mit Essstörungen und deren Angehörige. Wir gehen in die Unternehmen und bieten Lösungen zur Stressbewältigung an. Dazu gehören präventive Angebote, die wir auch an Schulen anbieten, damit die Menschen erst gar nicht in der Sucht zu landen. Wir sind mit viel Sachverstand und Empathie dabei, damit die Betroffenen wieder ein fester Teil der Gesellschaft werden können, in einem Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen und sich nicht schämen müssen. Natürlich arbeiten wir als katholischer Dienst auch mit zahlreichen Gruppierungen der Kirchengemeinden in den unterschiedlichsten Bereichen zusammen.
Nicht zuletzt hat die Caritas Ostwürttemberg das Projekt „Knalltüte“ ins Leben gerufen, auf das wir noch konkret im Rahmen der Helfen-bringt-Freude-Reihe eingehen werden.
Es kamen damals häufiger Anfragen von Menschen, die für Kinder spenden wollten. Natürlich betrifft all das, was wir machen, irgendwie auch die Kinder, weil es sich ja meistens um Familien dreht ‐ jedoch nie konkret. Das Thema Kinderarmut wurde vom Caritasverband damals groß ausgespielt, wir mussten dort aktiv werden, denn die Not wurde immer größer. Nach vielen Überlegungen kam dann die Knalltüte dabei heraus, ein Bereich, in dem Kindern auf unterschiedliche Weise geholfen wird. Der Auftritt ist bewusst etwas anders gewählt, das sieht man schon am bunten Logo. Wir wollten moderner und auffälliger wirken mit diesem Auftritt, ohne natürlich die Caritas dabei zu verschweigen.