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Universitätsbibliotheken sind kein Auslaufmodell

München / Lesedauer: 3 min

Die Digitalisierung schreitet an Unibibliotheken immer weiter voran. Obwohl es schwer ist, geeignetes Personal zu finden und die analogen Ausleihzahlen sinken, werden Bibliotheken nach wie vor gut besucht.
Veröffentlicht:15.06.2019, 19:00

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Regale voller Bücher reihen sich aneinander, daneben stehen Kopierer, Scanner und Arbeitsplätze – der Blick in eine Fachbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München macht deutlich: Die Bibliothek im klassischen Sinne existiert noch und wird genutzt.

„Ich bin hier zum Lernen und Arbeiten“, sagt die Lehramtsstudentin Carolin. Sie leihe natürlich auch Bücher aus, bei Zeitschriften nutze sie eher das Onlineangebot. „Heutzutage muss man für sein Studium beide Quellen nutzen“, erklärt die 25-Jährige. Unibibliotheken bieten einen vielfältigen Mix digitaler wie gedruckter Angebote sowie Leistungen vor Ort und im virtuellen Raum, sagt Matthias Groß vom Bibliotheksverbund Bayern. „Der Untergang der Bibliotheken existiert nur in den Köpfen von Apokalyptikern, die diese mit einer Lagerhalle für alte Bücher verwechseln.“ Im Zuge der Digitalisierung wandle sich nicht nur das Studium, sondern auch die Arbeit in den Universitätsbibliotheken selbst.

Neben dem bibliothekarischen Sachverstand, brauche es mittlerweile auch Kenntnisse im Bereich Technik und digitale Bildbearbeitung, sagt Katharina Boll-Becht, Leiterin des Digitalisierungszentrums der Universitätsbibliothek Würzburg. „Die riesigen Datenmengen müssen aktualisiert und gepflegt werden.“ Trotz Online-Katalogen und detaillierter Sucheingaben seien Bibliothekare, die bei der Literaturauswahl helfen, immer noch wichtig. „Es ist aber nicht leicht, geeignetes Personal zu finden und zu halten“, sagt Klaus-Rainer Brintzinger , Bibliotheksdirektor der LMU. Zudem bekämen Mitarbeiter oft nur Zeitarbeitsverträge.

Als Hürde der Digitalisierung sieht Boll-Becht auch das fehlende Budget. Es sei nicht einfach, anfallende Kosten für die Anschaffung und Wartung notwendiger Geräte, beispielsweise Scanner, durch Drittmittel zu finanzieren. Jutta Faust von der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg bestätigt: „Befristete Drittmittelprojekte erschweren die Planung bezüglich Personal, Aufbau und Pflege der technischen Infrastruktur.“

Die Zahlen machen deutlich, dass E-Medien an bayerischen Universitäten ankommen. Im vergangenen Jahr wurde in Würzburg mehr als fünf Millionen Mal auf digitale Dokumente zugegriffen (2017: rund vier Millionen) und analog wurden mehr als 620 000 Werke ausgeliehen (2017: rund 660 000). An der FAU sind 2018 digitalisierte Werke mehr als 105 000 Mal aufgerufen worden. Bei der Buchleihe ist auch hier ein Rückgang erkennbar – 2015 waren es noch 530 000, 2017 schon 40 000 weniger. 2,6 Millionen Zeitschriftenartikel wurden im vergangenen Jahr an der LMU heruntergeladen, und es gab fünf Millionen Kapitelzugriffe auf E-Books. Zu klassischen Bänden wurde 450 000 Mal gegriffen.

Der Würzburger Unibibliothek etwa werden zwei Millionen Besuche pro Jahr abgestattet. „Für Studenten ist das wie ein zweites Wohnzimmer“, sagt Boll-Becht. Besonders in den Prüfungsphasen sei die Auslastung hoch. „Bibliotheken bieten den Studierenden Platz für gemeinsames Arbeiten“, sagt Brintzinger. Viele Studiengänge seien darauf ausgelegt. Deshalb werde darauf geachtet, ruhige wie kommunikative Zonen anzubieten, die durch eine flexible Einrichtung Einzel- und Gruppenplätze sowie geschlossene Arbeitsräume ermöglichen.

Die Unibibliotheken können dem Deutschen Bibliotheksverband zufolge als Vorreiter für die Verbindung zwischen analogen und digitalen Anwendungen gesehen werden. Dies hängt neben der individuellen Vorliebe für die Nutzung auch vom Angebot der Verlage ab: „Während größere Verlage im naturwissenschaftlichen und medizinischen Bereich verstärkt auf E-Medien setzen, arbeitet eine sehr große Zahl mittelständischer Verlage vor allem in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften weitgehend konventionell“, sagt Groß. Da gebe es auch langfristig keine Alternative zur analogen Ausleihe.