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Winterklausur

Martin Schulz macht den bayerischen Genossen Mut

München / Lesedauer: 3 min

Auf ihrer Winterklausur fordert die SPD unter anderem eine soziale Bodenreform
Veröffentlicht:17.01.2019, 20:33

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Wenn es bei der SPD einen „Mister Europa“ gäbe, dann wäre es wohl immer noch Martin Schulz. Der ehemalige Europaparlamentspräsident und kurzzeitige SPD-Vorsitzende war deshalb Gast auf der Winterklausur der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag. Allerdings sei er nicht gekommen, „um Ratschläge zu geben“, sagte Schulz nach der Diskussion mit den 22 bayerischen Landtagsabgeordneten.

Schulz kam zu der auf den ersten Blick nur schwer nachvollziehbaren Einschätzung, dass die bayerischen Genossen mit Blick auf die Europawahl am 26. Mai „in einer sehr komfortablen Situation“ seien. Er begründete das mit der Spitzenkandidatur des CSU-Parteivizes Manfred Weber für die gesamte Europäische Volkspartei. Weber werde erklären müssen, warum seine Partei mit dem ungarischen illiberalen Ministerpräsidenten Viktor Orbán „so eng zusammenrückt“ und damit „die Europafeinde hofiert“, meinte Schulz.

Für den Europawahlkampf nannte Schulz „Steuergerechtigkeit und Brexit-Management“ als Schwerpunkte. Es sei nicht nachvollziehbar, mit welchem Zynismus und mit welcher Verantwortungslosigkeit ein Teil der konservativen Partei Großbritanniens mit dem Brexit „einen ganzen Kontinent in Geiselhaft“ genommen habe. Der Brexit gefährde Arbeitsplätze auch in Bayern, warnte SPD-Fraktionschef Horst Arnold . 7,4 Prozent aller Exporte des Freistaats gingen nach Großbritannien.

Die Europawahl ist für den SPD-Europapolitiker Schulz ein „neuer Anlauf, die Union anders zu gestalten“. Es gehe nicht um ein Ja oder Nein zu Europa , sondern um ein sozial gerechtes Europa. Die Bürger Europas dürften nicht länger die Lasten allein tragen, während sich multinationale Konzerne ihren Verpflichtungen entziehen könnten. Mindeststeuersätze in Europa müssten so rasch wie möglich dafür sorgen, dass auch Großkonzerne mit Milliardengewinnen zur Kasse gebeten werden, so der SPD-Politiker.

Getreut der Ankündigung von Fraktionschef Arnold, die SPD wolle das soziale Gewissen Bayerns bleiben, zog sich das Thema der sozialen Gerechtigkeit durch die gesamte Klausurtagung. In einer Debatte um Maßnahmen gegen die hohen Mieten in den Ballungsräumen zeigte sich Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) „total unzufrieden und sehr unglücklich“ über die Politik der schwarz-roten Bundesregierung auf diesem Gebiet. Mit Unverständnis reagierte der OB auf die gegenwärtige Debatte um die künftige Gestaltung der Grundsteuer. Wie die Grundsteuer in Zukunft aussehe, sei ihm „total wurscht“, sagte Reiter. Wichtig wäre, dass diese Steuer nicht länger auf die Mieter umgelegt werden könne. Denn ursprünglich sei die Grundsteuer eine Steuer der Eigentümer. Tatsächlich sei sie aber eine Steuer, welche die Mieter zu berappen hätten.

SPD-Landesvorsitzende Natascha Kohnen forderte die Einführung eines Bodenstrukturfonds, der den Kommunen beim Erwerb von Baugrund helfen soll. Außerdem sei es die Pflicht des Freistaats, seine Flächen den Kommunen zu „sozialen Preisen“ anzubieten. Kohnen bewirbt sich auf einem SPD-Landesparteitag am 26. und 27. Januar im mittelfränkischen Bad Windsheim um ihre Wiederwahl als Landesvorsitzende. Nach der historischen Niederlage der bayerischen Sozialdemokraten bei der Landtagswahl vom 14. Oktober vergangenen Jahres, bei der sie nur 9,7 Prozent errangen, wird eine lebhafte Diskussion erwartet.

Die SPD-Landtagsfraktion hat auf ihrer Winterklausur auch den Entwurf für ein bayerisches Klima-schutzgesetz erarbeitet, der soziale Komponenten enthält. So sollen finanzschwächere Haushalte beim Erwerb klimafreundlicher Haushaltsgeräte finanziell unterstützt werden, berichtete Fraktionschef Arnold. Außerdem sprachen sich die SPD-Landespolitiker für einen bayerischen Mindestlohn aus, der mit 11,72 Euro pro Stunde über dem allgemeinen Mindestlohn von 9,19 Euro liegen soll.