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Froschbande

Lebenslange Haftstrafen für „Froschbande“

München / Lesedauer: 4 min

Landgericht München spricht Mitglieder der sogenannten Froschbande schuldig
Veröffentlicht:17.12.2018, 19:47

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Für 4000 Euro Beute haben acht Rumänen einen Rentner am Ammersee totgeprügelt und ihn mit seiner schwer verletzten Frau in eine Kammer gesperrt. Nun wurden sechs Mitglieder der sogenannten Froschbande wegen Mordes verurteilt.

Zehn Minuten lang hat sich Irmgard K. nicht getraut, das Licht anzumachen. In der Dunkelheit verharrte die Rentnerin schwer verletzt in der Abstellkammer ihres Wohnhauses in Meiling (Landkreis Starnberg), unweit des Ammersees. Räuber hatten sie kurz vor Mitternacht im Bett aufgeschreckt, verprügelt und in den winzigen Raum gesperrt. Nun durchsuchten die Männer das Haus nach Geld und Schmuck, während Irmgard K. in der dunklen Kammer um ihr Leben bangte – und um das ihres Ehemanns, dem die Männer zuvor mit einer Eisenstange und einer Zaunlatte Schädel, Arme und Brustkorb zertrümmert hatten.

Wohl schon nach wenigen Stunden in der Kammer verstarb MarkusK. Seine Frau hingegen wurde zwei Tage später lebend befreit, nachdem ein Zeitungsausträger Verdacht geschöpft hatte. 57 Stunden lang war die 70-Jährige in dem zwei Quadratmeter kleinen Raum eingesperrt gewesen – zusammen mit der Leiche ihres Mannes.

Von ihrem Martyrium hat Irmgard K. in diesem Prozess vor dem Münchner Landgericht erzählt – nicht im Gerichtssaal, sondern zugeschaltet via Kamera. Man wollte der Frau nicht zumuten, noch einmal in die Nähe ihrer Peiniger zu kommen. Diese werden nach großer Wahrscheinlichkeit zumindest das restliche Leben von Irmgard K. im Gefängnis sitzen. Denn das Gericht verurteilte am Montagnachmittag sechs der acht Täter unter anderem wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Überdies stellte es bei ihnen die besondere Schwere der Schuld fest. Deshalb haben die Rumänen kaum Chancen auf eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren. Im Fall der zwei Komplizen, die in den Fluchtautos gewartet hatten, verhängte das Gericht Freiheitsstrafen in Höhe von 13 Jahren.

Verwandte auf der Anklagebank

Die acht Täter nahmen die Schuldsprüche ohne sichtbare Regung auf. Zuvor waren sie einzeln und in Handschellen von Polizisten in den Gerichtssaal geführt worden. Die Männer sind größtenteils untereinander verwandt. Ein einheitliches Bild geben sie nicht ab: Einer ist 55 Jahre alt, hat kaum Haare auf dem Kopf und wirkt mit seinem weißen Bart wie ein Märchenonkel; ein anderer sieht trotz seiner 25 Jahre noch wie ein Teenager aus, trägt eine dicke Bomberjacke und blickt finster in den Saal. Eines freilich eint fast alle Männer: ihre gedrungene Statur, deretwegen österreichische Medien die Räuber auf den Namen „Froschbande“ getauft haben – auch, weil sie meist zu mehreren und nachts zuschlugen.

Bitte um Wasser

Seit dem Sommer 2015 hatte die Bande mehrere Raubüberfälle in Österreich und in der Schweiz begangen – stets nach dem gleichen Muster. Auf der Suche nach abgelegenen Anwesen, in denen vermögende Rentner wohnen, kundschaftete einer der Männer vorab die Lage aus: Mit einem Kanister in der Hand klingelte er bei den Häusern und fragte nach Wasser, da er angeblich eine Autopanne habe.

So ging die Froschbande auch Anfang September 2015 in Bayern vor, wo sie drei Anwesen auskundschaftete, darunter jenes in Meiling. Dorthin kehrten die Männer kurz vor Mitternacht zurück – wohl wissend, dass ein älteres Ehepaar samt Hund in dem Haus lebte. Das Tier schlug ob der nahenden Räuber mehrfach an, worauf der 73-jährige Markus K. zum Nachschauen auf die Terrasse ging.

Unvermittelt stürmten vier Männer auf ihn zu und schlugen ihn halbtot, während die anderen zwei zu Irmgard K. ins Schlafzimmer eilten, sie heftig ins Gesicht schlugen und nach Geld fragten – worauf die Frau ihnen eine Schüssel mit Schmuck aushändigte. Danach sperrten die Rumänen ihre Opfer in die Abstellkammer und verriegelten diese mit einem Holztisch. Eine Viertelstunde lang durchsuchten die Räuber danach das Haus, ehe ihre Komplizen sie mit den Autos abholten. Bereits am folgenden Abend schlug die Bande nahe Wien erneut zu und bedrohte dabei eine ältere Frau mit einer Axt. „Die Steigerung der Gewalt“, sagte Richter Thomas Bott, „hat also nicht im minimalen Ansatz zum Nachdenken geführt“.

Heimtücke und Habgier

Das Gericht sah im Fall der sechs Männer, die ins Haus eingedrungen waren, gleich mehrere Mordmerkmale als erwiesen an – darunter Heimtücke, Habgier und das Ziel, durch die Tötung eine andere Straftat zu begehen. Auch deswegen habe man die besondere Schwere der Schuld festgestellt, erläuterte Bott. Das Gericht folgte damit weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die jedoch eine Verurteilung aller acht Männer wegen Mordes gefordert hatte. Deren Verteidiger hingegen hatten für deutlich mildere Haftstrafen plädiert. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig; die Rumänen können in Revision gehen.

Irmgard K. hat das Haus in Meiling verkauft und ist weggezogen. Wie es ihr heute gehe, hat sie der Richter zu Beginn ihrer Aussage gefragt. Die Antwort der 70-Jährigen: „So lala.“