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Verschwörungsmythe

Innenminister Herrmann warnt vor Extremisten aller Art: Sie machen sich Corona zunutze

München / Lesedauer: 3 min

Corona-Krise befeuert nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Verschwörungsmythen
Veröffentlicht:04.08.2020, 21:42

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Extremisten aller Couleur nutzen nach den Erkenntnissen des bayerischen Verfassungsschutzes die Corona-Pandemie für ihre Zwecke. Rechts- und Linksextremisten, aber auch Islamisten setzten Verschwörungsmythen in die Welt, um die Gesellschaft zu radikalisieren und das politische System zu destabilisieren. Dies sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Vorstellung des Halbjahres-Verfassungsschutzberichts am Dienstag in München.

Das wichtigste Instrument dafür sei das Internet, in welchem „selbst die absurdesten Mythen“ Anhänger fänden. Als Beispiele nannte Herrmann Schuldzuweisungen an bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Migranten oder Juden oder Warnungen vor einer angeblichen geheimen „Weltregierung“.

Verfestigt sich diese Unzufriedenheit auf Dauer, bietet sie Extremisten einen idealen Nährboden.

Joachim Herrmann

„Die grassierende Verbreitung von Verschwörungsmythen, die jeder Faktenbasis entbehren, ist geeignet, größere Bevölkerungskreise mit einer grundlegenden Unzufriedenheit mit dem Rechtsstaat zu infizieren“, sagte Herrmann. „Verfestigt sich diese Unzufriedenheit auf Dauer, bietet sie Extremisten einen idealen Nährboden, um neue Anhänger oder Sympathisanten heranzuzüchten.“ Die davon ausgehende Gefahr für den Rechtsstaat sei nicht zu unterschätzen, warnte er.

Rechte Extremisten gewinnen

Rechtsextremistische Akteure nutzten die Verschwörungstheorien aus: „Unter dem Stichwort ,Corona-Diktatur’ werfen sie staatlichen Stellen vor, im Schatten der Pandemie die Bevölkerung völlig zu entrechten und gleichzeitig unbemerkt eine Massenimmigration mit dem Ziel der Marginalisierung des ,deutschen Volkes’ zu betreiben“, erklärte Herrmann.

Linke Extremisten gewinnen auch

Die Corona-Krise spiele aber auch Linksextremisten in die Karten. „Die zur Eindämmung der Pandemie eingeleiteten Beschränkungsmaßnahmen werden von der Szene als ein Vorwand zum angeblichen Ausbau staatlicher Repression gewertet.“ Diese Argumentation füge sich nahtlos in deren Taktik ein, alle staatlichen und polizeilichen Maßnahmen generell als unrechtmäßige Repression zu verunglimpfen.

Islamisten und Dschihadisten machen sich COrona zunutze

Auch Islamisten und Dschihadisten machen sich nach den Beobachtungen des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) die Corona-Krise zunutze. Salafisten nähmen eine „sakrale Umdeutung der Pandemie“ vor und betrachteten die Seuche als „Strafe Gottes für die Ungläubigen“.

Dschihadisten bezeichneten die Corona-Viren gar als „Soldaten Allahs“, welche die Ungläubigen im Kampf gegen die wahren Muslime schwächen sollen. Im Windschatten der Pandemie zeige auch der „Islamische Staat“ (IS) wieder neues Sendungsbewusstsein. Über Telegram-Kanäle verbreitet er nach den Beobachtungen der Verfassungsschützer „vermehrt martialische Verlautbarungen“.

Es ist nicht strafbar, solchen Unsinn zu verbreiten, und man darf dafür auch auf die Straße gehen.

Joachim Herrmann

Eine Teilnahme von Rechtsextremisten an sogenannten Hygiene-Demos konnte nach Worten Herrmanns lediglich vereinzelt festgestellt werden. Dennoch kritisierte er etwa die Demonstration am Wochenende in Berlin – dort war beispielsweise die von Rechtsextremen häufig verwendete schwarz-weiß-rote Reichsflagge zu sehen. Der Minister betonte, die Versammlungsfreiheit werde geschützt.

Man müsse sich aber politisch mit „unsinnigen Botschaften“ auseinandersetzen, wie sie auch auf der Demonstration in Berlin verbreitet worden seien. „Es ist nicht strafbar, solchen Unsinn zu verbreiten, und man darf dafür auch auf die Straße gehen.“ Das bedeute aber nicht, dass sich Teilnehmer über Maßnahmen zum Infektionsschutz hinwegsetzen dürften.

Grüne fordern Aufklärungskampagne

Grünen-Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze sprach von „immer erschreckenderen Erkenntnissen über enge Bezüge und Verwebungen zwischen Rechtsextremisten und Reichsbürgern mit Corona-Leugnerinnen und -Leugnern“.

Vom Innenministerium forderte sie neben der weiteren Aufklärung der Verbindungen und dem Monitoring der Netzwerke eine landesweite Aufklärungskampagne. „Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildung soll Desinformation und Verschwörungstheorien entkräften, indem sie in klarer und deutlicher Sprache die Mythen dekonstruiert und sachliche Informationen zur Verfügung stellt und proaktiv verbreitet“, sagte Schulze.