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Nockherberg

CSU: Starke Männer und ein gefallener Sohn

Bayern / Lesedauer: 4 min

Gerät Bayerns Ministerpräsident Seehofer innerhalb seiner Partei unter Druck, holt er den einstigen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg aus der Versenkung
Veröffentlicht:09.03.2016, 18:04

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Wenn der Politik-Klamauk auf dem Münchner Nockherberg wirklich ein Stimmungsbarometer ist, dann muss CSU-Chef Horst Seehofer für den Fall, dass er in Wahrheit noch lange nicht in die Rente will, nur einen Nachfolge-Aspiranten fürchten: Bayerns Finanzminister Markus Söder . Es kursiert sogar die These, dass Seehofer deshalb den gestolperten CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg hofiert wie lange nicht mehr.

Wahr ist, dass Horst Seehofer gesagt hat, dass er zur bayerischen Landtagswahl im Herbst 2018 aufhören wird. Genauso wahr ist aber auch, dass viele seiner Parteifreunde das nicht so recht glauben und es auch gar nicht glauben wollen. Groß ist die Angst, dass die rechte AfD-Konkurrenz auch in Bayern punkten wird. Dann wäre wohl auch die absolute Landtagsmehrheit wieder dahin, für deren Rückeroberung Seehofer gern gefeiert wird.

Bis vor ein paar Tagen galt der Ministerpräsident in seinem Lager als die beste Medizin gegen das AfD-Virus. Auch deshalb haben sie ihm in der CSU die Grobheiten gegen die Bundeskanzlerin gern verziehen. Aber nun kam heraus: Im Geschwisterstreit der C-Parteien steigt die Beliebtheitskurve der Kanzlerin trotz Asylbewerber-Streit wieder deutlich an. Seehofers Werte sinken in vergleichbarem Ausmaß und Tempo.

38 Prozent für den Bayern, 54 Prozent für Merkel (CDU), das sind Zahlen, die in der CSU traditionell für Unruhe sorgen. Dabei hatte CSU-Bundesminister Alexander Dobrindt angeregt, zur Bundestagswahl im kommenden Jahr lieber auf Seehofer zu setzen – und nicht auf die Kanzlerin mit ihrer Willkommenskultur: „Ich kann der CSU nur raten, bei der Bundestagswahl Horst Seehofer zu plakatieren“, sagte Dobrindt der „Bild“-Zeitung.

Dass der Maut-Minister damit womöglich nicht ganz richtig liegen könnte, kam erst Tage später auf. Tage, an denen Seehofers CSU-Rivale Markus Söder mit gehäuften Talkshow-Auftritten dafür sorgte, dass sich auch in Bayern der Eindruck vertiefte, es sei möglich, die Berliner Flüchtlingspolitik in einer Wortwahl zu hinterfragen, die Frau Merkel nicht brüskiert. Während das Münchner Kabinett den Entwurf einer Klage gegen die Asyl-Wirklichkeit in Auftrag gab, musste sogar Dobrindts Vorgänger Peter Ramsauer einspringen, um dem Fernsehvolk den Konfrontationskurs seines Parteichefs zu erklären. Ramsauer, den Seehofer erst aus dem Kabinettsamt und später auch aus der Parteispitze drängte, hat immer noch Hausmacht in der Oberbayern-CSU. Wie Peter Gauweiler, dem ähnliches Schicksal widerfuhr, nachdem er gegen die Euro-Schuldenpolitik vor die Gerichte zog. Beide stehen für Seehofers Umgang mit der Macht, den auch Markus Söder spüren musste, als ihm sein Kabinettschef vor versammelten Journalisten übertriebenen Ehrgeiz und „Schmutzeleien“ vorwarf.

Aber Söder kann mit derart herzlicher Abneigung umgehen. Er kokettiert sogar mit der offenkundigen Konkurrenzsituation. Bis hin zu seiner Verkleidung zur fränkischen Fernseh-Fasnacht in Veitshöchheim, die den Finanzminister als Doppelgänger des ehemaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber erlebte. Sogar Stoiber-Nostalgie ist wieder höchst salonfähig in der CSU. Und auch Stoiber müht sich, den Menschen die Politik seines Nachfolgers Seehofer zu erklären.

Harter Mann mit Manieren

Wahr ist aber auch, dass solche Erklärungsversuche derzeit niemand besser gelingen als dem Seehofer-Rivalen Söder. Er gibt den harten Hund – aber mit Manieren. Und meist auch mit einem vielsagenden Lächeln, wenn es um seinen persönlichen Machtanspruch geht. Zur Flüchtlingsfrage hört sich das so an: „Wir brauchen ein Bekenntnis, dass es für Zuwanderung Obergrenzen und Kontingente geben muss – wir können nicht die ganze Welt retten.“

Spannend daran ist, dass der fränkische Finanzminister ziemlich unbehelligt bleibt, wenn er sagt, was auch Seehofer denkt. Meistens gibt’s dann nicht einmal einen Shitstorm im Internet und die Damen in den Talkshow-Runden bleiben ziemlich gelassen. So was gefällt vor allem jenen Leuten in der CSU, die schon den Übervater Franz Josef Strauß für einen Charmebolzen hielten. Was aus solcher Sicht von den Lebenden allerdings nur einer wirklich gut kann: Karl-Theodor zu Guttenberg, der wegen seiner gemogelten Doktorarbeit gehen musste, noch bevor herauskam, dass er als Bundesverteidigungsminister der Bundeswehr womöglich gar nicht gutgetan hat.

Seehofer holt den Baron immer wieder aus der Versenkung, wenn das Drängen auf seine Ablösung spürbar wird, jetzt auch. Guttenberg wird trotz Lebensmittelpunkt in den USA Mitglied im Kompetenzteam, das die CSU für die kommenden Wahlkämpfe beraten wird. Er nennt es den „Versuch einer bescheidenen Unterstützung meiner politischen Heimat durch bestehende und gewonnene Erfahrungswerte und internationale Netzwerke“.

Und immer wieder ist er der einstige Hoffnungsträger, der beim Volk schon mal beliebter war als Seehofer und die Kanzlerin zusammen, auch zu Gast bei Manfred Weber. Bei jenem CSU-Europaabgeordneten also, den Seehofer in den CSU-Vorstand holte, als Ramsauer und Gauweiler gehen mussten – und Markus Söder zeitweise ganz alleine stand als starker Mann im zweiten Glied der CSU.