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„Das Theater ist eine befreiende Welt“

Aalen / Lesedauer: 5 min

Neue Gesichter am Theater Aalen (11): Der Film-, Fernseh- und Theaterschauspieler Bernd Tauber ist zu Gast
Veröffentlicht:08.01.2014, 18:35

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„Ich dachte, Sie sind tot?!“ Bernd Tauber muss gleichzeitig schmunzeln und den Kopf schütteln, wenn er sich an diese Anekdote erinnert. Der Schauspieler saß in einem Straßencafé, als er damals von einem verblüfften Passanten angesprochen wurde. Letzterer hatte wohl nicht so ganz zwischen dem Schauspieler Bernd Tauber und der Figur des aidskranken Benno Zimmermann aus der ARD-Serie „Lindenstraße“ unterscheiden können. „Manche nehmen Realität und Fiktion eben eins zu ein“, stellt der 63-Jährige, der gerade ein Gastengagement in Aalen hat, lakonisch fest.

Viel lieber als auf seine Rolle als Benno Zimmermann, die er 1985 bis 1988 spielte, wird der Schauspieler aber auf „Das Boot“ (1981) angesprochen. Die Dreharbeiten zum dem oscarnominierten Welterfolg von Wolfgang Petersen seien eine seiner intensivsten Erfahrungen gewesen – und nicht nur, weil er sich währenddessen zwei Rippen gebrochen hat. „Wir waren gerade dabei, im Studio Sturmaufnahmen zu drehen, und ich sollte in meiner Rolle als Obersteuermann Kriechbaum einem Bootsmaat zur Hilfe kommen“, erinnert sich Bernd Tauber. Die Wasserwurf-Apparatur für „Das Boot“ konnte mehr als eine Tonne Wasser auf die Schauspieler herabprasseln lassen – mit so einer Wucht, dass der damals 30-Jährige gegen die Reling geschleudert wurde. Obwohl man ihn doubeln wollte, hat Bernd Tauber trotz gebrochener Rippen weiter gedreht.

Bühne statt Abi

Abschrecken hat sich der gebürtige Schwabe sowieso nie lassen. Sein Vater, ein Glasschleifer aus dem Böhmerwald, war nach dem Krieg als Flüchtling in Göppingen gelandet und hatte sich dort mühsam ein neues Leben aufgebaut. Leitende Position, Schlips und Kragen, keiner redet dir rein, das hatte er sich für seinen Sohn gewünscht. Doch der ließ sich die Schauspielerei nicht ausreden. „Schon von klein auf hatte ich große Lust zu spielen“, sagt Bernd Tauber, der streng erzogen wurde. Nachdenklich schaut der Schauspieler unter widerspenstigen Brauen aus blauen Augen und fügt hinzu: „Das war für mich eine befreiende Welt. Eine Welt, in der ich alles machen konnte und nicht bestraft wurde.“ Erst viel später sei ihm klar geworden, dass er, der im normalen Leben ein schüchternes Kind gewesen sei, sich im Spiel groß und stark gefühlt habe.

In der Drama-AG seines Gymnasiums konnte Bernd Tauber dann seine Leidenschaft intensiv ausleben. So intensiv, dass er nicht mal das Abitur bestanden hat, „weil ich nur noch Theater gespielt habe“. Tauber grinst verschmitzt. Stattdessen hat er an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart vorgesprochen. Und auch hätte er vor nichts zurückgeschreckt: „Ich habe mir geschworen, wenn die mich nicht nehmen, dann störe ich jeden Tag den Unterricht als eine andere Person.“ Das war dann aber doch nicht notwendig – Bernd Tauber wurde angenommen und beeindruckte seine Dozenten so sehr mit seiner Schauspielkunst, dass ihm die Hälfte der Ausbildung erlassen wurde. Danach stand er im Zimmertheater Tübingen auf der Bühne, bald folgten die ersten Film- und Fernsehangebote. Für seine Rolle als Werner Wild in Erwin Keuschs „Das Brot des Bäckers“ wurde der Schauspieler mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.

Eine beeindruckend lange Liste von Film- und Fernsehauftritten ist in den vergangenen 40 Jahren bei Bernd Tauber zusammengekommen, darunter auffällig viele Krimis wie „Tatort“, „Polizeiruf 110“ oder „Cobra 11“. „Ich werde eben für einen Mann mit krimineller Energie gehalten“, sagt Bernd Tauber trocken. Aber manchmal nervt es ihn auch, auf diese Rolle festgelegt zu werden. Doch die Serien sichern auch die Existenz. „Vom Theater kann man keine Familie ernähren“, sagt der Vater von sechs Kindern. Der Bühne ist Bernd Tauber trotzdem immer treu geblieben: „Man hat mehr Raum, eine Ästhetik, eine Richtung zu entwickeln. Das Widersprüchliche, Kantige zuzulassen. Beim Fernsehen fehlt die Zeit, es geht immer mehr Richtung Entertainment.“

Überhaupt hat der 63-Jährige, der auch ein leidenschaftlicher Leser ist, ein hohes Sprach- und Formbewusstsein. „Ich finde es überhaupt nicht gut, wenn jemand zu frei mit dem Text umgeht“, betont Bernd Tauber. Auch die Tendenz, Klassiker wegen besserer Verständlichkeit zu vereinfachen, ist dem Schauspieler ein Dorn im Auge. „Wir proben gerade für den ‚Volksfeind’ von Ibsen. Natürlich ist das eine alte Sprache – aber das Stück kommt ja auch aus einer anderen Zeit, aus einem anderen Land“, sagt Tauber und plädiert dafür, diese Fremdheit zuzulassen. Für ihn sei ein Text letztlich genauso komponiert wie ein Musikstück.

Da spricht auch der Musiker aus Bernd Tauber – zusammen mit seinem Schwager Konrad Haas bildet er das Duo „Die Hausmeister“. Gemeinsam arbeiten sie gerade an einem Musical, das Ende 2014 in Hannover aufgeführt werden soll. Auch aus diesem Grund hat Bernd Tauber vor ein paar Monaten seine Koffer gepackt und ist von Rottweil, wo er jahrzehntelang mit seiner Familie lebte, nach Niedersachsen gezogen. „Die Kinder sind inzwischen alle aus dem Haus. Das war jetzt genau der richtige Schritt“, sagt der Schauspieler. Nach dem Tod seiner Frau hatte er sich plötzlich mit einer neuen Rolle auseinandersetzten müssen – die des allein erziehenden Vaters. „Wäre ich in Rottweil mit den ganzen Erinnerungen geblieben, hätte ich rückwärts gelebt“, sagt Bernd Tauber nachdenklich. „Der Umzug ist wie ein Neuanfang, und die Weite der niedersächsischen Landschaft genieße ich sehr.“ Da kommt es wieder durch, das sich nicht abschrecken lassen. Auch vom Leben nicht.

Bernd Tauber ist derzeit in „Der Krawattenclub“ (Altes Rathaus) und ab 25. Januar in „Ein Volksfeind“ (Wi.Z) zu sehen.