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Whatsapp ist in der Schule tabu

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Lehrer greifen immer öfter zum beliebten Messenger - trotz klarem Verbot
Veröffentlicht:14.12.2017, 17:28

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Ob zum Teilen von Klassenfotos oder zur bequemen Übermittlung von Hausaufgaben: Immer mehr Lehrer nutzen die Messenger-App Whatsapp für ihre tägliche Arbeit. Datenschützer sind alarmiert. Eigentlich ist es klar geregelt: Eine dienstliche Nutzung von Whatsapp an Schulen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Dennoch greifen immer mehr Pädagogen zu der beliebten App.

„Rund ein Dutzend Beschwerden haben uns in diesem Jahr schon erreicht“, sagte Martin Dörr , Lehrer und Referatsleiter beim Landesbeauftragen für den Datenschutz, der Schwäbischen Zeitung. Häufig seien es Eltern von Schülern, die sich an die Datenschutzbehörde wendeten. „Kritik gibt es etwa, weil Lehrer Fotos von Schulausflügen in Whatsapp-Gruppen mit ihren Klassen teilen“, so Dörr. Das Problem: die Schule muss laut Dörr immer die Kontrolle über die Daten haben, die sie von Schülern speichert.

Datenschützer sind alarmiert

Teilt nun ein Lehrer etwa Fotos einer Klassenfahrt in sozialen Netzwerken oder Messengerdiensten ist aber genau das nicht mehr gegeben - zumal die Daten in den meisten Fällen auf US-amerikanischen Servern gespeichert werden, für die meist laxere Datenschutzbestimmungen gelten. Zudem muss jeder Betroffene - also jeder, der auf den Bildern zu sehen ist - zuvor sein Einverständnis geben. Doch das passiert in den wenigsten Fällen. In einem kritisierten Fall hatte etwa eine Lehrkraft Bilder von einer Veranstaltung per Whatsapp verbreitet - die Fotos hätten laut Dörr leicht dazu genutzt werden können, um Schüler bloßzustellen.

„In der Regel werden derartige Vorfälle direkt an den Schulen in einem Gespräch mit der Schulleitung geklärt“, teilte das Kultusministerium auf Anfrage mit. In gravierenden Fällen könne es allerdings auch zu einem Disziplinarverfahren kommen. Auch Schülern können rechtliche Konsequenzen drohen, etwa wenn sie ungefragt Fotos ihrer Klassenkameraden veröffentlichen. Im schlimmsten Fall müssten sie sich wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte vor Gericht verantworten.

Privates und Berufliches verschwimmen

Der Datenschützer hat aber noch ein weiteres Problem ausgemacht: „Die Grenze zwischen Dienstlichem und Privaten verschwimmt immer mehr“, sagt Dörr. In einem Fall etwa hatte eine Lehrerin Gute-Nacht-Grüße per Gruppenchat an ihre Schüler gesendet. In einem anderen Fall aus dem Jahr 2015 soll der Lehrer einer Friedrichshafener Schule mit seiner Klasse per Whatsapp über eine Kollegin gelästert haben. Er verließ die Schule kurz vor Schuljahresbeginn, die Behörden schwiegen zu den Hintergründen. Die nötige Distanz zwischen Lehrer und Schülern sei in solchen Fällen nicht gegeben, meint Dörr.

Auf die Unsicherheit vieler Lehrer, was im Digitalen erlaubt ist und was nicht, reagieren Datenschützer und die Lehrer-Gewerkschaft GEW unter anderem mit Schulungen und Informationsbroschüren. „Um dem Informationsbedarf angemessen begegnen zu können hat die GEW darüber hinaus den Arbeitskreis Digitalisierung im Bildungsbereich gegründet“, teilte GEW-Geschäftsführer Matthias Schneider mit.

Die datenschutzrechtlichen Hürden sind aber nicht nur für Lehrer, sondern auch für die Schulen im Land ein Problem. Im vergangenen Jahr hat das Kultusministerium die Medienbildung erstmals explizit und über alle Klassenstufen hinweg im Bildungsplan verankert. Doch wie soll man den Schülern den Umgang mit sozialen Medien wie Whatsapp oder Facebook vermitteln, wenn man sie im Unterricht gar nicht verwenden kann? „Wünschenswert wäre, wenn den Schulen eine öffentlich finanzierte und datenschutzkonforme Alternative zur Verfügung gestellt wird“, sagt Schneider.

Bildungscloud soll Abhilfe schaffen

Die GEW-Forderung wird zum Ende des Schulhalbjahres im Januar 2018 zumindest teilweise erfüllt. Dann startet das Land die als „Bildungscloud“ bekannt gewordene digitale Bildungsplattform. Diese umfasst zu einem Großteil quelloffene Programme zum Dateiaustausch, E-Mail-Versand, für Videokonferenzen oder zur Dokumentenbearbeitung. Eine mit Whatsapp vergleichbare Messengerlösung ist zum Start aber noch nicht darunter.

Für die eineinhalbjährige Einführungsphase stellt das Kultusministerium jedoch Weiterentwicklungen in Aussicht. Den Betrieb und mögliche Nachbesserungen lässt sich das Land in den kommenden beiden Jahren rund 24 Millionen Euro kosten. Wie genau diese Nachbesserungen aussehen könnten, hängt vom Feedback von rund 100 ausgewählten Schulen ab, die die Bildungsplattform intensiv testen sollen.

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