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Rechtschreibung verliert an Bedeutung? - Das sagen User von Schwäbische.de

Baden-Württemberg / Lesedauer: 5 min

Ministerpräsident Winfried Kretschmann findet Rechtschreibunterricht nicht mehr so wichtig wie früher. Wir haben dazu die Meinung unserer User eingeholt.
Veröffentlicht:24.01.2020, 19:00

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält Rechtschreibunterricht für nicht mehr so wichtig wie früher.

"Jeder Mensch braucht ein Grundgerüst an Rechtschreibkenntnissen, das ist gar keine Frage. Aber die Bedeutung, Rechtschreibung zu pauken, nimmt ab, weil wir heute ja nur noch selten handschriftlich schreiben", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Es gebe "kluge Geräte", die Grammatik und Fehler korrigierten. "Ich glaube nicht, dass Rechtschreibung jetzt zu den großen, gravierenden Problemen der Bildungspolitik gehört", sagte Kretschmann, der früher als Chemie- und Biolehrer arbeitete.

Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht das anders: "Ich bin der Ansicht, dass wir vielmehr wieder ein deutliches Bekenntnis zur Rechtschreibung brauchen, gerade im medialen Zeitalter."

Rechtschreibung sei ein bedeutendes Kulturgut und eine Schlüsselqualifikation wie Lesen und Rechnen. Das Kultusministerium in Baden-Württemberg hatte zuletzt den Rechtschreibunterricht gestärkt.

Wir haben Sie - die User von Schwäbische.de - befragt: Was ist Ihre Meinung zu diesem Streitthema?

Eine Auswahl an Meinungsbeiträgen:

Es kommt auf jeden Punkt und jedes Komma an.

Beate M.: "Wir sind doch das Volk der Dichter und Denker. Unsere Sprache - und damit auch unsere Schrift - ist so differenziert, dass es wirklich auf jeden Punkt und jedes Komma ankommt. Falsche Rechtschreibung kann sich meines Erachtens durchaus auch sinnentstellend auf einen Text auswirken."

Die Rechtschreibreform hat es sicherlich nicht leichter gemacht.

Christian M.: "Es kann doch nicht sein, dass wir uns auf die Korrekturhilfen elektronischer Geräte verlassen sollen und unser Ministerpräsident das auch noch befürwortet. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es bei ganz kleinen Dingen wie der Kleinschreibung von Substantiven ja schon losgeht. Viele branchenspezifisch eingesetzte Computerprogramme haben eben keine Rechtschreibkorrektur und der Mensch vor dem Bildschirm sollte sich dann dennoch zu helfen wissen. Wenn ich als Büroangestellter Briefe an Kunden oder Lieferanten schreibe, sollten diese doch seriös beim Empfänger wirken. Die Rechtschreibreform hat es meines Erachtens sicherlich nicht leichter gemacht, weil viele alte Schreibweisen logischer waren. Ob und wo ein Komma in einem Satz hingehört, finde ich persönlich auch nicht so wichtig. Aber Groß- und Kleinschreibung, "das" und "dass" müsste eigentlich für jeden zu lernen sein (echte Legastheniker ausgenommen). Viele Firmen gehen bei Vorstellungsgesprächen für Bürojobs mittlerweile dazu über, die Bewerber Diktate schreiben zu lassen. Ich finde, das ist längst nicht die schlechteste Idee."

Liber mer täblets im Untericht !

Tom D.: "Grätschman hat Recht wir brauchen nicht so fiel Rechtsschreibregel ! Liber mer täblets im Untericht !"

Taschenrechner erübrigt das Mathe-Lernen?

Hermann D.: "Wenn die Logik des Herrn Lehrers a.D. nachvollziehbar wäre, könnte man seit der Erfindung des Taschenrechners zusätzlich noch auf das Erlernen der Grundrechenarten und des Einmaleins verzichten."

Rechtschreibung ist im 21. Jahrhundert nicht mehr das Top-Thema.

Josef B.: "Winfried Kretschmann spricht mir persönlich aus der Seele! Wer schulpflichtige Kinder hat, der weiß, wie ungerecht oft mit solchen Fehlern umgegangen wird. Meine Tochter leidet an diesem Problem, in den naturwissenschaftlichen Fächern top, Mathe top, wird aber durch kleine Fehler hart bestraft! Ich selbst war auch lange eine Niete in Rechtschreibung, und heute - kein Vergleich. Also, wie unser Ministerpräsident sagt - Rechtschreibung ist im 21. Jahrhundert nicht mehr das Top-Thema!"

Rechtschreibung ist die  Eintrittskarte ins Berufsleben.

Stefan Z. via Facebook: "Flüssiges Lesen von Texten, die man zum ersten Mal vor Augen hat, und einigermaßen fehlerfrei Schreiben, sind elementare Grundkenntnisse. Wer diese nicht beherrscht, hat es sehr schwer, eine Eintrittskarte ins Berufsleben zu bekommen."

Komm wir essen Opa!

Marcus S. : "Satzzeichen können Leben retten: Komm wir essen, Opa. Oder: Komm wir essen Opa."

Man sollte seine Muttersprache kennen.

Manuela M.: "Die Rechtschreibkorrektur mag Tippfehler korrigieren, mit der Groß- und Kleinschreibung klappt es schon oft nicht mehr, substantivierte Verben fallen oft ganz durch. Solange aber unsere Jugendlichen noch Bewerbungen an Personalleiter schicken, die die deutsche Rechtschreibung noch gelernt haben, kommen sie um ein Lernen nicht drum rum - und das ist auch gut so, denn man sollte seine Muttersprache kennen."

Wenn wegen Rechtschreibfehlern die Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern leiden, ist das der falsche Weg.

Sascha A.: "Rechtschreibung ist wichtig und sollte auch gelernt werden. Aber wenn wegen Rechtschreibfehlern die Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern leiden, ist das der falsche Weg. In Bayern wird übrigens weniger Wert auf Rechtschreibung gelegt und die hängen uns bei Pisa regelmäßig ab. Vielleicht ist es besser, wenn sich die Schüler in Chemie auf Chemie konzentrieren können und nicht Angst haben müssen, Punktabzug wegen Rechtschreibfehlern zu bekommen."

Schriftsprache ist ein Kulturelement.

Jens K.: "Oft klagen wir - und klagen die Politiker, Wissenschaftler, Medien - dass jene Kulturelemente verloren gehen, auf denen unsere Gesellschaft fußt: Gemeinsinn (dagegen jeder nur für sich), Demokratie (gegen all die neuen Alleinherrscher), Gesprächskultur (gegen die Fake-News-Schreihälse), Kompromissfähigkeit (gegen Ich-Jetzt-Alles), Offenheit (gegen Mauern allüberall, vor allem in den Köpfen). Ich finde, eine verlässliche und verbindliche Schriftsprache zählt ebenfalls dazu."