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So viele Waffen gibt es in der Region

Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

So viele Waffen gibt es in der Region
Veröffentlicht:12.04.2017, 17:52

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Nach so genannten Reichsbürgern sollen nun auch Rechtsextremisten im Land entwaffnet werden. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Bruchteil der Waffen, die offiziell im Umlauf sind (-> zur interaktiven Karte) .

Knapp 700.000 Waffen sind allein aus Baden-Württemberg im Nationalen Waffenregister (NWR) hinterlegt, wie das Stuttgarter Innenministerium auf Anfrage von Schwäbische.de erklärt. Das ist zwar landesweit etwas weniger als in den Vorjahren, lässt aber erlaubnisfreie Waffen wie Schreckschuss- oder Gaspistolen außer Acht. Um diese zu führen, also in der Öffentlichkeit zu tragen, ist ein kleiner Waffenschein erforderlich.

Dessen Anzahl nimmt drastisch zu: Mit fast 65.000 Berechtigungen dieser Art verzeichnete das Stuttgarter Innenministerium zum Jahresende 2016 ein Plus von beinahe 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und der Trend hält an, wie die jüngsten Zahlen belegen: Allein bis Ende März 2017 haben die Waffenbehörden im Land rund 4500 neue kleine Waffenscheine ausgegeben. Auch Bayern meldet stark gestiegene Zahlen: Die Behörden erteilten rund 33 000 neue Scheine, wie eine Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen zeigt. Das ist im Vergleich zum Vorjahr (rund 5700) ein Anstieg um rund 480 Prozent.

Ähnlich sieht es in der Region aus. So wurden im Landkreis Sigmaringen (ohne Pfullendorf und Bad Saulgau, da diese ihre Zahlen selbst ausweisen) im vergangenen Jahr insgesamt 205 kleine Waffenscheine ausgestellt - mehr als fünf Mal so viele wie 2015 . Mit 249 neu ausgestellten kleinen Waffenscheinen ähnlich hoch lag der Zuwachs im Landkreis Lindau oder im Alb-Donau-Kreis (plus 248). Auch in Spaichingen ist nach Angaben der Stadt das Interesse am kleinen Waffenschein gestiegen. Genaue Zahlen wollte man jedoch nicht liefern, da "mit dem Datenmaterial selbst keine ausreichende Aussage" gemacht werden könne und die Bekanntgabe der Zahlen "zu Unruhe in der Bevölkerung führt."

Entgegen dem Landestrend nimmt die Zahl der Waffen in einigen Landkreisen und Kommunen sogar zu. So waren etwa bei der Waffenbehörde in Überlingen im vergangenen Jahr 2287 erlaubnispflichtige Waffen registriert. Zwei Jahre zuvor waren es nur 2190 . Ähnliche Entwicklungen verzeichnen auch Ehingen im Alb-Donau-Kreis und Tuttlingen .

Waffen vor allem im ländlichen Raum

Während in den städtischen Gebieten von Ulm und Ravensburg statistisch nicht einmal auf jeden 20. Einwohner eine registrierte Waffe kommt, sieht es in ländlichen Gebieten teils deutlich anders aus . So ist die Quote in den Landkreisen Alb-Donau, Biberach, und Sigmaringen fast doppelt so hoch . Spitzenreiter mit 12 registrierten Waffen je 100 Einwohner ist Bad Saulgau . Die Gründe dafür sind vielfältig.

"In den letzten Jahren hat die Zahl der Mitarbeiter in Sicherheitsunternehmen im Kreis zugenommen", liefert Bernd Weltin, Pressesprecher des Alb-Donau-Kreises eine mögliche Erklärung.

Mehrere Waffen im Schrank

Eine andere betrifft vor allem ländliche Gebiete: die Jagd .  "Jäger haben häufig mehrere Waffen, da sie tatsächlich mehrere Waffen für die unterschiedlichen jagdlichen Bedürfnisse benötigen", teilte etwa Sabine Stark, Sprecherin des Landkreises Sigmaringen auf Anfrage mit. Gleiches gelte für Sport- und Westernschützen, die für ihre Wettkämpfe mehrere Waffen benötigten, um überhaupt teilnehmen zu können. Zudem beherbergt das Hohenzollernschloss in Sigmaringen mit rund 3000 Exemplaren die größte Waffensammlung Europas. Und in Bad Saulgau fließen 80 Waffen der historischen Bürgergarde mit in die Statistik ein.

Muss man sich dort, wo mehr Waffen im Umlauf sind, unsicher fühlen? Obwohl die Zahl der kleinen Waffenscheine zuletzt stark gestiegen ist, Sicherheitsprobleme ergeben sich daraus nach Einschätzung der Polizei keine. "Uns sind keine Auffälligkeiten bekannt", heißt es etwa aus der Pressestelle des Ulmer Polizeipräsidiums.

Zudem hat der Gesetzgeber die Anforderungen an Waffenbesitzer in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht. Noch in den 1970er-Jahren war der Waffenbesitz in Deutschland nahezu unreglementiert.

Hohe Hürden für Waffenbesitzer

Heute ist das anders. Für den Besitz oder das Führen erlaubnispflichtiger Waffen - etwa Jagdgewehre, Sammlerwaffen oder Sportpistolen - liegen die Hürden deutlich höher als bei Waffen, die dem kleinen Waffenschein unterliegen. Interessenten für eine Waffenbesitzkarte und gegebenenfalls einen Waffenschein müssen eine Sachkundeprüfung ablegen und meist nachweisen, dass sie besonders gefährdet sind.

Jede erlaubnispflichtige Waffe wird zudem seit 2013 mit Angaben zu Modell, Kaliber und persönlichen Daten des Besitzers im zentralen Waffenregister gespeichert. Diese Zahlen hat Schwäbische.de auf einer Karte ausgewertet. Erlaubnisfreie Waffen darf dagegen jeder tragen, der mindestens 18 Jahre alt, nicht vorbestraft und "geeignet"  - also weder psychisch auffällig noch drogenabhängig - ist.

20 Millionen illegale Waffen

Ohnehin greifen Kriminelle überwiegend zu illegalen Waffen . Nur rund fünf Prozent der an Tatorten sichergestellten Waffen befänden sich in legalem Besitz, hat das Bundeskriminalamt herausgefunden . Heißt: Das große Problem sind illegale, oft aus dem Internet beschaffte Waffen - und davon gibt es nach Schätzungen von Experten mindestens 20 Millionen in Deutschland.