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Sexistisch? Fasnachtsplakat löst Proteste aus

Waldshut / Lesedauer: 3 min

Sexistisch? Fasnachtsplakat löst Proteste aus
Veröffentlicht:01.02.2018, 10:12

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Sexistisch oder nicht? Ein Fasnets-Werbeplakat der Waldshuter Narro-Zunft, auf dem gespreizte Frauenbeine zu sehen sind, hat in der Stadt nahe der Schweizer Grenze einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Rund vier mal zwei Meter messen die Plakate, die an verschiedenen Stellen der 23.000-Einwohner Stadt für die anstehenden Fasnachtsveranstaltungen unter dem Motto „Reeperbahn“ werben. Doch es ist nicht das Motto, dass die Gemüter erhitzt. Vielmehr ist es das Motiv zweier gespreizter Frauenbeine in Netzstrümpfen; der Intimbereich wird von einem Herz-Symbol mit dem Schriftzug „Reeperbahn“ abgedeckt. Nachempfunden ist es dem Eingangsbereich der berühmten Kneipe „Zur Ritze“ in St. Pauli.

„Wir hatten das Motto ausgewählt, weil die Reeperbahn aus unserer Sicht dafür steht, schrill und bunt zu sein“, sagt Joe Keller , Zunftmeister der Narro-Zunft. Es sei darum gegangen, mit dem Thema gute Laune zu vermitteln - so wie es zur Fasnet passe.

Doch die gute Laune ist mittlerweile getrübt, die als anstößig empfundenen Frauenbeine überklebt. Rund 20 Beschwerden aller Geschlechter und Bevölkerungsschichten waren bei der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Waldshut, Anette Klaas eingegangen. Dazu einige weitere direkt bei der Narrenzunft. „Das geht teilweise schon unter die Gürtellinie“, sagt Keller, und nennt etwa Vorwürfe, damit würden Frauen zum Kauf angeboten.

Plakate bereits überklebt

Der Sturm der Entrüstung - oder „Riesenhype“, wie ihn Keller nennt - sei erst losgebrochen, als die örtliche Zeitung über die Plakate berichtete. Da waren die Plakate bereits überklebt.

Denn schon kurz zuvor hatte sich Klaas an die Narrenzunft gewandt, und die Plakate kritisiert. „Diese Art der sexistischen Werbung (...) suggeriert die sexuelle Verfügbarkeit von Frauen allgemein und ist frauen- und menschenverachtend“, heißt es in Klaas' Schreiben, das Schwäbische.de vorliegt. Das Plakat greife die gesellschaftlich notwendige ethisch-moralische Grundhaltung an und behindere die Bemühungen, Sexismus und sexuelle Gewalt in unserer Gesellschaft einzudämmen, so die Gleichstellungsbeauftragte weiter.

Klare Grenzen

Doch wann ist eine Werbung sexistisch, wann ist sie es nicht? Laut Klaas gibt es klare Kriterien und Grenzen. So schreibt etwa die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“, dass „nicht nur die Reduzierung des weiblichen Körpers auf ein sexuelles Objekt (...) diskriminierend ist, sondern auch die klischeehafte Darstellung von Frauen und Männern.“ Und auch der Deutsche Werberat definiert, wie weit Werbung gehen darf. Erst im Dezember hat dieser etwa ein Unternehmen öffentlich gerügt, weil es seinen Online-Werkzeugversand mit dem Spruch „Wo gehämmert wird, wird auch genagelt!“ und einer von hinten abgebildeten, leicht bekleideten Frau beworben hatte.

So weit wird es im Waldshuter Fall wohl nicht kommen. „Es tut mir sehr leid um die Situation, ich mache selbst gerne Fastnacht“, sagt Klaas. Die Narrenzunft habe sich nichts Böses dabei gedacht, wie auch Zunftmeister Joe Keller bestätigt. „Die Kritik ist nachvollziehbar“, räumt er ein. Die Narro-Zunft Waldshut positioniere sich klar gegen jegliche Form von Sexismus und sexueller Gewalt. Zugleich sei es schon immer das Anliegen von Narren gewesen, den Finger in die Wunde zu legen. „Seit jeher hält er der Welt den überzeichnenden Spiegel vor. Dies sollte auch in diesem Zusammenhang geschehen“, heißt es in einer Stellungnahme der Zunft.

Für Klaas, die bereits im Fall einer frivolen Wandzeichnung in Triberg aktiv geworden war , zeigt der Waldshuter Fall erneut, dass in Sachen Sexismus noch viel Sensibilisierungsarbeit geleistet werden muss. Sie sagt: „Die Menschen sehen nicht, dass sexuelle Gewalt auch vor ihrer Haustüre stattfindet und durch solche Darstellungen gefördert wird.“