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Rechte Terrorzelle plante Anschläge womöglich beim Grillen nahe Schwäbisch Gmünd

Karlsruhe / Lesedauer: 4 min

Ermittlungsrichter haben Haftbefehle gegen zwölf Mitglieder und Unterstützer einer mutmaßlichen, rechten Terrorzelle erlassen. Es gibt Verbindungen in die Region - und nach Finnland.
Veröffentlicht:16.02.2020, 15:39

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Das Wichtigste im Überblick:

  • Am Freitag gab es bundesweite Razzien gegen eine mutmaßlich rechte Terrorzelle.
  • 12 Männer wurden dabei verhaftet
  • Sie sollten Anschläge auf Politiker, Aslybewerber und Muslime geplant haben
  • Ein mögliches "Gründungstreffen" soll im September 2019 auf einem Grillplatz bei

Nach bundesweiten Razzien gegen eine mutmaßlich rechte Terrorzelle haben Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) Haftbefehle gegen zwölf Männer erlassen. Vier mutmaßliche Mitglieder und acht mutmaßliche Unterstützer befinden sich in Untersuchungshaft.

Das erklärte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Samstag. Für die Anhörungen waren alle zwölf Männer an den BGH nach Karlsruhe gebracht worden. Unterdessen wurden auch neue Details zu der Gruppierung bekannt.

Wie der SWR unter Berufung auf den die ARD-Terrorismusexperten Michael Götschenberg und Holger Schmidt berichtet, haben sich einige Mitglieder der Zelle aus Deutschland im Spetember 2019 in Alfdorf (Rems-Murr-Kreis), nahe Schwäbisch Gmünd und Aalen, getroffen.

Der Grund des Treffens am Grillplatz "Hummelgautsche" sei es offenbar gewesen, über den Kampf gegen die Demokratie zu sprechen.

Die meisten Mitglieder haben sich sich laut dem Bericht nicht persönlich gekannt, sondern sollen sich zuvor per Email oder in Chat-Gruppen ausgetauscht haben.

Beim Treffen wurden sie dann aber offenbar von einem mobilen Einsatzkommando der Polizei Baden-Württemberg beobachtet. Die Beamten waren schließlich wohl der Meinung, das Gründungstreffen einer rechten Terrorgruppe verfolgten.

Der Generalbundesanwalt war am Freitag mit Razzien in sechs Bundesländern gegen die Gruppe vorgegangen. Die mutmaßlichen Rechtsterroristen sollen Anschläge auf Politiker, Asylbewerber und Muslime ins Auge gefasst haben, um Chaos auszulösen und so die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik ins Wanken zu bringen. Das Vorhaben sei aber noch nicht näher konkretisiert worden.

Täter zwischen 31 und 60 Jahre alt

Die Festgenommenen, alles Deutsche, sind dem Vernehmen nach zwischen 31 und 60 Jahre alt. Vier von ihnen sollen sich zu der eigentlichen Terrorzelle zusammengeschlossen haben.

Die acht Anderen halten die Ermittler für Unterstützer. Sie sollen sich bereiterklärt haben, Geld zu geben, Waffen zu beschaffen oder an künftigen Anschlägen mitzuwirken. Zum Kern der Gruppe rechnet die Bundesanwaltschaft noch einen fünften Mann. Er wurde aber als Einziger nicht festgenommen.

Laut Bundesanwaltschaft hatte sich die Gruppe in Chats und telefonisch ausgetauscht und auch schon mehrfach getroffen. Diese Treffen soll der 53-jährige Werner S. aus dem Raum Augsburg koordiniert haben, zum Teil unterstützt von Tony E. (39) aus Niedersachsen (Landkreis Uelzen).

Wie „Der Spiegel“ berichtete, sollen mehr als zehn Leute am Samstag der Vorwoche im westfälischen Minden zusammengekommen sein. Dieses Treffen sei von den Sicherheitsbehörden mit großem Aufwand observiert worden.

Zum Kern der Gruppe sollen außerdem der 35-jährige Thomas N. aus Nordrhein-Westfalen (Kreis Minden-Lübbecke) und der 47-jährige Michael B. aus Baden-Württemberg (Raum Esslingen) gehört haben.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Freitag zu den Durchsuchungen bekanntgegeben, dass ein Verwaltungsmitarbeiter der Polizei suspendiert worden sei. Dieser Mann ist dem Vernehmen nach einer der mutmaßlichen Unterstützer. Die anderen sieben mutmaßlichen Helfer waren ebenfalls in NRW, in Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen-Anhalt gefasst worden.

Nach Informationen des Magazins „Spiegel“ wurde der mutmaßliche Anführer der Gruppe von den Sicherheitsbehörden als rechtsextremer Gefährder geführt.

Wie das Magazin berichtet, hatten Staatsschützer den 53-jährigen Werner S. aus dem Raum Augsburg bereits vor mehreren Monaten entsprechend eingestuft. Bundesweit zählte die Polizei demnach zuletzt 53 rechtsextreme Gefährder, denen sie schwere Gewalttaten bis hin zu Anschlägen zutraut.

Gruppenname: "Der harte Kern"

Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet, agierte die Gruppe unter dem Namen „Der harte Kern“. Die Männer hätten unter anderem Bezüge zu der rechtsextremen Gruppierung „Soldiers of Odin“ (SOO) gehabt. Deren Mitglieder tauchten zuerst im Zuge der Flüchtlingskrise auf.

In der nordfinnischen Kleinstadt Kemi an der Grenze zu Schweden organisierten sie im Oktober 2015 im Stile einer Bürgerwehr Straßenpatrouillen.

Ziel war es nach ihrer Darstellung, die Polizei zu unterstützen, weil diese nicht in der Lage sei, insbesondere Frauen vor Übergriffen von Asylbewerbern zu schützen. Die Gruppe weitete sich auf andere Städte aus und soll damals in Finnland mehrere Hundert Mitglieder gezählt haben. Zudem bildeten sich Ableger in anderen nordischen Ländern. Sie lehnt Migration und den Islam ab, weist aber Vorwürfe zurück, rassistisch oder kriminell zu sein.

Interne Streitigkeiten sollen die nach dem nordischen Kriegsgott Odin benannte Gruppierung 2017 geschwächt haben, ihre schwarz gekleideten Anhänger organisieren aber weiterhin Kundgebungen gegen Migranten. Dabei ist es zuletzt in Helsinki und Tampere zu Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten gekommen.