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Land will Konflikte um Energieprojekte entschärfen

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Kommunen, in denen sich Bürger um den Bau von Windrädern oder Solaranlagen streiten, erhalten Hilfe
Veröffentlicht:12.09.2016, 19:39

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Familien, die sich in Windkraftgegner und -befürworter zerstreiten, ehrenamtliche Gemeinderäte, die per Post aufgefordert werden, sich von Dorffesten fernzuhalten: Wo Windräder gebaut werden sollen, kochen Konflikte rasch hoch.

Wie zum Beispiel in Zwiefalten (Kreis Reutlingen) oder Kettenacker (Kreis Sigmaringen). In beiden Gemeinden berichten Bürgermeister über den Streit, der ihre Gemeinden spaltet. Das Land hat nun ein Angebot geschaffen, um solche Debatten rund um Energieprojekte zu moderieren und zu entschärfen. Für Kommunen ist die Teilnahme kostenlos.

Am Montag hat Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) in Stuttgart das „Forum Energiedialog“ (FED) vorgestellt. 2,5 Millionen Euro hat der Minister dafür bis 2018 eingeplant. Es fließt an Kommunen, die sich beim Land darum bewerben können.

Ziel sei es nicht, etwa den Bau einer Windkraftanlage um jeden Preis durchzudrücken, betonte Untersteller. Es gehe vielmehr darum, eine objektive Information aller Beteiligten zu gewährleisten und Konflikte zu entschärfen. Darum hat sich das Land für externe Dienstleister entschieden, die bundesweit Erfahrung mit solchen Konflikten gesammelt haben. Sie seien unabhängig. Unterstützung erhält die Aktion vom Gemeindetag, der rund 1060Kommunen vertritt. „Man muss den Bürgern die Vorteile der Energiewende erklären, aber darauf hinweisen, dass sie für Einzelne Beeinträchtigungen mit sich bringt“, so dessen Präsident Roger Kehle ( CDU ). Das werde beim FED gewährleistet.

In den vergangenen Monaten haben einige Kommunen das FED getestet. Zu den Vorreitern gehören Riedlingen und Zwiefalten. Zwischen den beiden Orten sollen fünf Windräder gebaut werden. Besonders in Teilen Zwiefaltens leisten Bürger Widerstand. „Die Stimmung war sehr aufgeheizt“, berichtete Zweifaltens Bürgermeister Matthias Henne (CDU). Es drohten Dorffeste auszufallen, weil sich Organisatoren über Windkraft zerstritten hatten.

Das FED-Team brachte Gegner und Befürworter zusammen. Außerdem ist eine Broschüre mit Informationen zu dem Projekt entstanden. Sie stellt Vor- und Nachteile sowie widerstreitende Meinungen zu Windkraftanlagen dar. Noch im September werden Interessierte eine Exkursion zu einer Windkraftanlage unternehmen. Ein anderes Beispiel: In Elzach (Kreis Emmendingen) klärten Forscher im Auftrag des FED über den Lärm auf, den Windräder erzeugen. Eine Schallsimulation verdeutlichte, was die Bürger erwartet.

Die Bürgermeister von Zwiefalten, Riedlingen und Elzach halten den Dialog für einen Erfolg. Beide Lager begegneten sich wieder mit Respekt. Ob das so bleibt, wenn in Zwiefalten am 21. September eine Entscheidung über die Windkraft fällt, muss sich zeigen. In Kettenacker, einer weiteren Pilotgemeinde, gab es während des FED Kritik, als ein Experte der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz über mögliche Gefahren durch Infraschall berichtete. Windkraftgegner zweifelten an seiner Unabhängigkeit.

Hintergrund: So läuft der Dialog ab

Für wie viele Gemeinden das Geld des Ministeriums reichen wird, hängt vom Umfang der Arbeit vor Ort ab. Es sollen nach Schätzungen der Verantwortlichen mehr als 30, aber weniger als 100 Städte profitieren. Das Programm richtet sich an Gemeinden, in denen es Streit um Energieprojekte gibt. Berater der Kommunikationsbüros Team Ewen und Genius GmbH helfen den teilnehmenden Kommunen. Sie analysieren zunächst, welche Pläne und Voraussetzungen es in dem Ort gibt und organisieren Informationsveranstaltungen. Diese werden von erfahrenen Moderatoren geleitet. Die Berater können externe Gutachter engagieren oder Wissenschaftler einladen, die zu bestimmten Aspekten des Konflikts referieren. (tja)