Bodenseeregion
Haus bauen oder kaufen? Das müssen Sie beachten
Ravensburg / Lesedauer: 6 min
In der Bodenseeregion lebt es sich gut und es arbeitet sich auch gut. Deshalb wollen dort viele Menschen leben. Aber dort, wo viele Menschen leben wollen, kann es eng werden. Weil Wohnungen rar sind, treibt das die Mieten in die Höhe. Mancherorts sind Vergleiche mit Ballungszentren wie München legitim.
Aber warum das eigene Geld in hohe Mieten stecken, wenn es auch eine Immobilie finanzieren könnte? Nun, der Gedanke ist an sich richtig. Aber wer unvorsichtig vorgeht, riskiert am Ende finanzielle Verluste. Was ist also zu beachten?
Wer sich eine Immobilie - eine Wohnung oder ein Haus - leisten will, der hat zwei Optionen: Entweder er lebt später selbst darin oder er vermietet sie. Früher noch, da bauten die Menschen Häuser gleich mit mehreren Wohneinheiten, um dann selbst in eine zu ziehen und den Rest zu vermieten.
„Heutzutage baut aber niemand mehr, um zu vermieten“, sagt Friedrich Wilhelm Utz , Vorstand des Vereins Haus und Grund Ravensburg-Tettnang-Wangen. "Jedenfalls nicht private Eigentümer." Die oberschwäbische Vertretung des Vereins mit Sitz in Ravensburg berät etwa 2000 Mitglieder, allesamt Immobilieneigentümer, von denen die allermeisten Wohnungen vermieten. Aber dabei geht es vorwiegend um den Wohnungsbestand, der irgendwann bis in die 80er hinein gebaut wurde. Dem Immobiliendienstleister Interhyp zufolge liegt der Anteil an privaten Investoren, die explizit bauen um zu vermieten, höchstens bei etwa 17 Prozent.
Betongold ist eher sichere Anlage
Selbst bauen ist deshalb sinnvoll, weil es sich um eine eher sichere Geldanlage handelt. Was man hat, das hat man. Wer also baut, der hat einen ziemlich stabilen Wertgegenstand. „Aber nur, wenn der Standort passt und die Infrastruktur drumherum stimmt“, erklärt Utz. In Vogt habe er erlebt, wie eine große Firma schließen musste und die Nachfrage nach Wohnraum plötzlich rapide sank, weshalb Immobilien dort schlagartig an Wert verloren hätten.
Wenn die Immobilie eine sichere Anlage sein soll, müsse der Standort wohlüberlegt sein. Dem Wohnatlas der Postbank zufolge sind Immobilienwerte im großen Bodenseeraum jedenfalls stabil mit Wertsteigerungsprognosen von 1 bis 4 Prozent jährlich bis 2030 anzusehen. Tortzdem gibt es neben dem Standort noch andere Faktoren zu betrachten, wie der Vogter Fall zeigt.
Bei der Finanzierung dürfe natürlich auch nichts falsch gemacht werden, so Utz. Um eine ausführliche Beratung komme niemand herum. Da Baufinanzierungen so unterschiedlich sind wie die Wohnträume von Menschen, fallen Vergleiche schwer. Um jedoch eine ungefähre Vorstellung einer Baufinanzierung zu bekommen, listet die folgende Grafik Vergleichswerte unterschiedlicher Finanzdienstleister und Banken auf.
Haus und Grund berät jedenfalls auch diejenigen, die nicht selbst bauen, sondern nur kaufen wollen. „Meistens kommen die Menschen aber erst dann, wenn die Unterschrift bereits geleistet ist“, sagt der 71-Jährige, der eigentlich Anwalt ist und seit über 40 Jahren in Mietrecht und Vermietfragen berät. Schaden kann dann nur noch begrenzt und nicht mehr verhindert werden.
„Verträge werden nun mal von Juristen gemacht“, sagt Utz, „und sollten auch von Juristen geprüft werden“. Am besten lasse man sich vorher beraten und nicht hinterher. Kaufverträge seien aber meistens unproblematisch. Wichtiger beim Hauskauf sei es, andere Dinge zu prüfen: Die Protokolle von Eigentümerversammlung und die Teilungserklärungen. Darin könnten Folgekosten festgehalten sein, die nicht im Kaufvertrag aufgeführt seien. Friedrich Utz erklärt, was eine Teilungserklären beinhalten kann:
Immobilienblasen wachsen überall
Doch weil wir uns wegen der stetig steigenden Nachfrage in einer Hochpreisphase befänden, will Utz den Immobilienkauf nicht sorglos empfehlen: Der Wohnungsmarkt sei schwierig einzuschätzen, überall drohten Blasen. Er kenne genügend Eigentümer, die sich schon mal verschätzt hätten. Auch in Oberschwaben. Privatinvestoren sollten schon sehr genau prüfen, wo und in welche Immobilien sie ihr Geld stecken wollen.
Wer aber eine Immobilie und eine Wohnung zu vermieten habe und sich nicht sicher sei, ob er sie vermieten solle, dem empfehle er das auch. Nicht nur, weil das eine zusätzliche Einnahmequelle sei, sondern auch weil das den am Bodensee sehr angespannten Wohnungsmarkt entspannen könne. Zwar sei dies lediglich eine Schätzung und er habe keine belastbaren Zahlen, aber er meint, dass im mittleren Schussental rund 800 Mietwohnungen unbewohnt sind und bleiben, weil die Eigentümer nicht mehr vermieten wollten.
Aus zwei Gründen: Erstens seien die Eigentümer wirtschaftlich nicht drauf angewiesen zu vermieten und zweitens hätten sie schlechte Erfahrungen mit Mietern gemacht. Etwa zehn Prozent aller Mieter seien ein Grauen, urteilt Utz aufgrund seiner Erfahrung. „Einmal einen dieser zehn Prozent als Mieter im Haus“, sagt Wilhelm Utz , der selbst Vermieter ist, „dann ist die Wohnung für immer weg vom Markt“.
Viele Vermieter scheuen den Aufwand
Der Aufwand, einen anständigen Vermieter zu finden, sei groß und das Mietrecht habe Utz zufolge Schlagseite zugunsten der Mieter bekommen. Das habe Eigentümer verschreckt. Früher hätten Vermieter die Mietersuche an Makler abgegeben, aber weil mittlerweile der Auftraggeber den Makler bezahlen müsse, ließen es Eigentümer lieber ganz bleiben.
Leerstehende Wohnungen sind als Problem nicht zu unterschätzen: Für die ganze Republik gilt laut Haus und Grund: 60 Prozent der vermieteten Wohnungen, werden von privaten Eigentümern vermietet. Ohne diese Wohnungen geht es schlichtweg nicht. Da helfen auch keine schnellen Neubauten. Wie sich der Wohnungsmarkt im Vergleich zur Bevölkerung in unserer Region entwickelt hat, das stellt die folgende Grafik dar:
Cartitasprojekt "Herein" könnte helfen
Eine Lösung für das Problem könnte ein Projekt der Caritas namens „Herein“ sein. Die Caritas tritt damit an Eigentümer heran, die zwar Wohnungen zu vermieten hätten, sie aber nicht mehr vermieten wollen, weil Mühe und Risiko zu groß für sie sind. Die Caritas bietet diesen Eigentümern an, als Mieter aufzutreten und die Wohnungen an sozial benachteiligte Menschen weiterzuvermieten und – sofern das nötig sein sollte wie zum Beispiel im Falle von Sprachbarrieren – Beratung und Vermittlung mit den Mietern zu leisten. Der Eigentümer kann sich also sicher sein, dass Miete und Schäden abgedeckt sind und dass er nicht allein gelassen wird mit eventueller Probleme. Haus und Grund habe die Caritas bei dem Projekt beraten, erklärt Utz.