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Kennzeichnungspflicht

Kennzeichnungspflicht für Polizei kommt

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Kennzeichnungspflicht für Polizei kommt
Veröffentlicht:19.11.2022, 11:46

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Nach langen Beratungen will Baden-Württemberg nach dem Vorbild anderer Bundesländer nun eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten bei Großeinsätzen wie Fußballspielen und Demonstrationen auf den Weg bringen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll am Dienstag im grün-schwarzen Kabinett beschlossen werden, wie die «Südwest Presse» berichtet und Landtagskreise bestätigten. Damit sollen Ermittlungen gegen Polizisten nach Großeinsätzen erleichtert werden. Bei der Kennzeichnungspflicht handelt es sich um ein Vorhaben aus dem grün-schwarzen Koalitionsvertrag. Wann die Regelung in Kraft tritt, ist noch unklar.

«Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte werden verpflichtet, nach näherer Bestimmung durch das Innenministerium beim Einsatz in stehenden geschlossenen Einheiten eine zur nachträglichen Identifizierung geeignete individuelle Kennzeichnung zu tragen», heißt es im Gesetzentwurf.

Ziel des Gesetzes sei «die nachhaltige weitere Stärkung des großen Vertrauens der Bürgerschaft in die Polizei », begründete Innenminister Thomas Strobl (CDU) der «Südwest Presse» zufolge die Pläne. Von der nun angestrebten «pseudonymisierten individuellen Kennzeichnung» erhoffe sich Strobl eine Vereinfachung der «Aufklärbarkeit etwaiger Straftaten und etwaiger nicht unerheblicher Dienstpflichtverletzungen» einzelner Beamter.

Das Innenministerium teilte am Abend mit, bei Großlagen seien die Beamten «durch die getragenen Einsatzhelme und die Ausrüstung nur schwer zu unterscheiden». «Hier ermöglichen wir mit der anonymisierten Kennzeichnung eine noch einfachere Zuordnung als bisher, beispielsweise falls sich eine Bürgerin oder ein Bürger beschweren möchte», sagte der für Polizei zuständige Innenstaatssekretär Wilfried Klenk . «Das stärkt das Vertrauen der Menschen in die Polizei einmal mehr.»

Betroffen sind laut Innenministerium aber nur 1640 Einsatzkräfte von den mehr als 29.000 Beamten im Land. Man verzichte aber ganz bewusst auf eine Individualkennzeichnung etwa durch ein Namensschild oder auf eine verpflichtende Kennzeichnung im uniformierten Regeldienst wie zum Beispiel in Berlin und Rheinland-Pfalz, sagte Klenk. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Polizistinnen und Polizisten sei die Kennzeichnung anonym. Die individuellen Nummern seien in einer Datenbank gelistet und jeweils einer Beamtin oder einem Beamten zugeordnet.

«Mit der Kennzeichnungspflicht stärken wir Verantwortung und Vertrauen im Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Polizei», sagte der Grünen-Innenpolitiker Oliver Hildenbrand der dpa. Gerade wenn es um die Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols gehe, müsse staatliches Handeln nachvollziehbar und überprüfbar sein. «Auf Basis der individuellen Kennzeichnung können Vorwürfe von Fehlverhalten gezielt aufgeklärt werden, und gleichzeitig werden rechtmäßig handelnde Polizeikräfte vor falschen Anschuldigungen geschützt.»

Die Junge Union ist hingegen auf dem Baum - und spricht von einem «Schlag ins Gesicht unserer baden-württembergischen Polizeibeamten». Dies zeuge «von einem tiefsitzenden grünen Grund-Misstrauen gegenüber unserer Polizei», das völlig unbegründet sei, sagte Landesvorsitzender Florian Hummel. Die Polizistinnen und Polizisten im Land sorgten Tag und Nacht für Sicherheit und verdienten uneingeschränktes Vertrauen und kein anlassloses Misstrauen.

Auch die Liberalen äußern deutliche Kritik. «Mit ihrer Zustimmung zur Kennzeichnungspflicht verrät die CDU ihren Markenkern der Inneren Sicherheit und lässt die Polizeibeamten im Regen stehen, nur um von den Grünen am Katzentisch der Landesregierung weiter geduldet zu werden», sagte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. «Es besteht keinerlei Notwendigkeit dafür, die Arbeit unserer Polizei mit einem derartigen Misstrauensvotum zu erschweren.»

Die Kritik der FDP bezeichnet Staatssekretär Klenk als heuchlerisch. «Die FDP vergisst wohl, dass sie etwa im Bund die Kennzeichnungspflicht im Koalitionsvertrag verankert hat und sie in anderen Ländern, wo sie schon eingeführt war, jedenfalls in ihrer Regierungsverantwortung auch nicht wieder abgeschafft hat.»

© dpa-infocom, dpa:221119-99-579918/7