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Digitale Plattform „Ella“ soll Schulen revolutionieren

Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

Ab Januar können sich Lehrer und Schüler über eine digitale Bildungsplattform vernetzen. Die Kosten betragen 24 Millionen Euro.
Veröffentlicht:29.12.2017, 19:43

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Sie heißt Ella und soll die digitale Revolution in die Schulen Baden-Württembergs tragen. Ella steht für Elektronische Lehr- und Lernassistenz. Gemeint ist damit die digitale Bildungsplattform des Kultusministeriums, die zum zweiten Schulhalbjahr startet. Andere Bundesländer sind schon deutlich weiter – darunter Bayern. „Das Land hat diese Entwicklung in den vergangenen Jahren sicherlich ein Stück weit verschlafen“, sagt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) der „Schwäbischen Zeitung“. So sieht es auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ( GEW ) und äußert Skepsis, ob die gesetzten Ziele erreicht werden.

265 Millionen Euro gibt das Land in den kommenden beiden Jahren für herausragende Digitalisierungsprojekte aus. Auf die digitale Bildungsplattform entfällt mit 24 Millionen die mit Abstand größte Summe. Warum so viel Geld? Die meisten Kosten fallen laut einer Ministeriumssprecherin für Speicherplatz, für die notwendige Rechnerkapazität bei so vielen Nutzern und für die kontinuierliche Weiterentwicklung an. Alle Schulen haben ab Anfang 2018 Zugriff auf Ella. 100 Schulen werden ausgewählt, die die Bildungsplattform genauer unter die Lupe nehmen, ihre Möglichkeiten strukturiert auswerten und ihre Erkenntnisse an das Ministerium rückmelden sollen.

Erklärvideo steht online

Was Ella leisten soll, zeigt ein kurzes Erklärvideo, das das Kultusministerium Mitte Dezember online gestellt hat. Endlich soll es etwa möglich sein, dass Lehrer ihr digitales Unterrichtsmaterial zentral und sicher abspeichern und für ihre Kollegen an derselben und auch an anderen Schulen im Land zugänglich machen können. Auch Schüler können darauf zugreifen, wenn die Lehrer sie dazu berechtigen.

Am Anfang stehen die Basisdienste zur Verfügung: ein Cloud-Speicherplatz, einheitliche Computerprogramme, durch die Lehrer und Schüler gemeinsam an Dateien arbeiten können. Und endlich bekommen alle Lehrer einheitliche E-Mail-Adressen. „Damit beenden wir die Ära der Kommunikation mit privaten Mailadressen, die die Lehrkräfte oftmals ungewollt in rechtliche Grauzonen gebracht hat“, sagt Kultusministerin Eisenmann.

Im Freistaat läuft "mebis"

Andere Bundesländer arbeiten zum Teil längst mit einer digitalen Bildungsplattform. In Bayern haben sich seit 2014 immer mehr Schulen dem System „mebis – Landesmedienzentrum Bayern“ angeschlossen. Laut Kultusministerium wird die Plattform mittlerweile von 3900 der insgesamt rund 6100 Schulen des Freistaats genutzt. „Die Lernplattform dient vornehmlich der Kommunikation und Kooperation innerhalb einer Klasse oder Schule, kann von bayerischen Schulen aber auch für schulübergreifende Projekte genutzt werden“, erklärt eine Ministeriumssprecherin.

Eisenmann, die den Vorsitz der Kultusministerkonferenz zum Jahreswechsel abgibt, betont, dass sich die Länder zum Thema Bildungsplattformen austauschen. Dennoch betreibt bislang jedes Bundesland seine eigene, ohne auf die bestehende eines anderen Bundeslandes zurückzugreifen. Eisenmann ist von der Südwest-Lösung dennoch überzeugt. „Die digitale Bildungsplattform ermöglicht es Schulen erstmals, datensicher, schnell und effektiv zusammenzuarbeiten.“

Bildungsgewerkschaft skeptisch

Deutlich skeptischer äußert sich der Landesgeschäftsführer der Bildungsgewerkschaft GEW Matthias Schneider . „Beim Thema Digitalisierung erleben wir immer wieder Heilsversprechen, aber gerade an kleinen Schulen mangelt es bereits an der Infrastruktur.“ Ordentlich ausgestattete Arbeitsplätze für Lehrer, gar mit einem Computer – oft Fehlanzeige. „Und manchmal mangelt es schon an der nötigen leistungsfähigen Internetverbindung.“ Dieses Problems ist sich auch Eisenmann bewusst. „Eine gute, schnelle Internetverbindung ist natürlich Voraussetzung, um die Bildungsplattform zu nutzen und sich mit anderen Schulen zu vernetzen“, sagt sie. Dafür seien zunächst die Kommunen als Schulträger verantwortlich. Das Land unterstütze sie aber beim Breitbandausbau.

Laut GEW-Hauptgeschäftsführer Schneider wurde in den letzten Jahren deutlich zu wenig Geld in die Modernisierung der Schulen investiert. Dass nun 24 Millionen Euro fließen, sei erfreulich, aber: „Andere Projekte im Bildungsbereich wären eindeutig wichtiger“, sagt er. Zum Beispiel: die Lehrerfortbildung. „Hier wurde in den letzten Jahren immer weiter gekürzt.“ Er würde sich wünschen, dass ganze Kollegien sich in einer Fortbildung etwa gemeinsam mit der Frage beschäftigen, wie sie zusammenarbeiten und Materialien austauschen wollen – etwa auch im Umgang mit Ella.

Nach eineinhalb Jahren endet Ellas Probezeit, ihr Regelbetrieb soll zum Schuljahr 2019/2020 beginnen. Bis dahin werden die Lehrer laut Schneider „abwarten und schauen, wie es sich entwickelt“.