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Seit Freitag wieder Astrazeneca-Impfungen: Gebuchte Termine in BaWü sollen stattfinden

Baden-Württemberg / Lesedauer: 7 min

Die Vorteile des Impfstoffs seien wesentlich höher als die Risiken, erklärt die EU-Behörde. Die Impfungen mit Astrazeneca sollen wieder aufgenommen werden - aber mit einem Warnhinweis.
Veröffentlicht:18.03.2021, 20:32

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Die vorsorglich gestoppten Corona-Impfungen mit dem Präparat von Astrazeneca sollen in Deutschland wieder starten - aber mit einem neuen Warnhinweis zu möglichen Nebenwirkungen. Ziel sei, dass schon an diesem Freitag wieder begonnen werden könne, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstagabend nach einem Votum der Europäischen Arzneimittelbehörde ( EMA ) und Beratungen mit den Ländern.

Die EMA hatte zuvor die Sicherheit des Impfstoffes bekräftigt. Es werde aber eine extra Warnung vor möglichen seltenen Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen hinzugefügt.

Termine in Baden-Württemberg sollen stattfinden

Das baden-württembergische Sozialministerium hat die Impfzentren darum gebeten, für Freitag bis Montag gebuchte Termine „soweit möglich stattfinden zu lassen“. Über die lokalen Regelungen soll in den Medien informiert werden. „Bedingung ist, dass sowohl die Terminbestätigung als auch die Bescheinigungen über die aktuelle Impfberechtigung zum Termin mitgebracht werden“, so das Ministerium.

Termine, die durch Umbuchung auf einen anderen Impfstoff erhalten werden konnten, bleiben davon unberührt. Alle bereits gebuchten Termine mit Astrazeneca ab Dienstag finden dem Ministerium zufolge wie geplant statt.

Bevor die Anmeldesysteme wieder öffnen, soll nun zunächst die Warteliste abgearbeitet werden. „Alle bereits gebuchten Termine behalten selbstverständlich ihre Gültigkeit“, versicherte der Minister. Das Land habe die Zwangspause genutzt, um bereits tausende mit höchster Priorität impfberechtigte Menschen auf der Warteliste mit Biontech-Terminen zu versorgen.

Oberstes Ziel sei es nun, die Impfungen der besonders gefährdeten Personen der ersten Priorität schnell voranzubringen und abzuschließen. Derzeit verfügbare Termine würden zunächst den Menschen über 80 sowie den über 65-Jährigen aus den besonders gefährdeten Berufsgruppen der ersten Priorität angeboten.

Außerdem sollen Menschen, deren Termin Anfang der Woche durch den Impfstopp für Astrazeneca abgesagt wurde und deren Daten auf die Warteliste kamen, ein Terminangebot bekommen. Erst dann werde die zentrale Terminvergabe wieder freigeschaltet.

Impfzentrum Ulm nimmt Absagen zurück

Das Zentrale Impfzentrum in Ulm teilte in einer Pressemitteilung vom Donnerstagabend mit: Alle Personen, die im Zeitraum von Freitag, 19. März bis einschließlich Montag, 22. März einen bestätigten Termin für eine Impfung mit AstraZeneca im Impfzentrum Ulm bekommen hatten, der aufgrund des Impfstopps von AstraZeneca abgesagt werden musste, können vor diesem Hintergrund den Termin zur ursprünglichen Uhrzeit nun unabhängig von der Absage im Impfzentrum wahrnehmen.

Bedingung ist, dass die Terminbestätigung über den Termin sowie ggf. die Bescheinigungen über die aktuelle Impfberechtigung zum Termin mitgebracht werden. Alle bereits gebuchten Termine mit AstraZeneca ab Dienstag, 23. März finden unverändert statt.

Impfzentrum Ehingen impft die ersten Tage Biontech statt Astrazeneca

Alle Personen, die im Kreisimpfzentrum (KIZ) Ehingen einen bestätigten Termin für eine AstraZeneca-Impfung schon für Freitag, 19. März, bekommen hatten, der aufgrund des vorübergehenden Impfstopps abgesagt werden musste, können diesen Termin nun zur ursprünglich vereinbarten Uhrzeit wahrnehmen.

Allerdings werden die Impfungen mit dem Impfstoff BioNTech erfolgen, da die organisatorischen Vorbereitungen für die Wiederaufnahme der AstraZeneca-Impfungen einen kurzen Vorlauf brauchen. Alle Personen, die für Montag, 22. März, einen Impftermin hatten, können diesen trotz der Absage nun zur vereinbarten Uhrzeit wahrnehmen. Dann wird AstraZeneca im KIZ Ehingen wieder verimpft.

Impfungen starten auch in Bayern wieder

Nach der Freigabe durch den Bund können in Bayern am Freitag die Corona-Schutzimpfungen mit Astrazeneca fortgesetzt werden. Noch am Donnerstagabend sollten die Impfzentren schriftlich darüber informiert werden, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München.

Er betonte, dass die Impfzentren individuell regeln müssten, wie sie mit den bestehenden Terminen und auch möglichen Nachholterminen verfahren würden. Aus der Sicht Holetscheks sollten aber diejenigen, deren Termine wegen der zwischenzeitlichen Aussetzung von Astrazeneca ausgefallen sind, bei neuen Planungen bevorzugt behandelt werden.

Die EMA-Experten hatten den zugelassenen Impfstoff von Astrazeneca erneut auf den Prüfstand gestellt, nachdem in einigen europäischen Ländern Auffälligkeiten bekannt geworden waren. In Deutschland gibt es inzwischen 13 gemeldete Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen mit dem Präparat, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte.

Drei Patienten seien gestorben. Insgesamt handele es um zwölf Frauen und einen Mann im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die Bundesregierung stoppte den Einsatz von Astrazeneca am vergangenen Montag nach einer Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) - damals gab es sieben Fälle. Trotz mehr als 1,6 Millionen Impfungen sei dies überdurchschnittlich häufig.

Spahn: Aussetzen war nötig

Spahn sagte, das vorsorgliche Aussetzen sei notwendig gewesen, um Sicherheit zu bekommen. Ärzte ohne diese Informationen weiterimpfen zu lassen, wäre schwer zu verantworten gewesen. Aufklärungsbögen für Ärzte und Patienten sollten ergänzt werden. Mit Wiederaufnahme der Impfungen gelte es nun, die vier seitdem vergangenen Tage aufzuholen.

Die EMA hatte erklärt, sie sehe keine erhöhten Gesundheitsgefahren und empfahl die Fortsetzung der Impfungen. "Der Impfstoff ist sicher und effektiv gegen Covid-19, und die Vorteile sind wesentlich größer als die Risiken", sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Donnerstag in Amsterdam nach einer Sondersitzung des Sicherheitsausschusses. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Impfungen die Vorfälle verursacht hätten. Dennoch sei es nicht ausgeschlossen. Daher würden die Prüfungen und Studien auch fortgesetzt. Experten der EMA hatten alle Daten der Fälle gemeinsam mit dem Hersteller des Impfstoffes, Experten für Bluterkrankungen sowie Gesundheitsbehörden geprüft.

Astrazeneca ist als dritter Corona-Impfstoff zugelassen worden und spielt eine wichtige Rolle in der gesamten Impfstrategie der EU. Der britisch-schwedische Hersteller hat zwar Lieferschwierigkeiten, dennoch sind 70 Millionen Dosen für das zweite Quartal vorgesehen. Weil das Präparat nicht so stark gekühlt werden muss, kann es auch gut von Hausärzten gespritzt werden. Verfügbar sind daneben auch die schon zuvor zugelassenen Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna.

Die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar begrüßte die EMA-Entscheidung. Nun müssten alle vorhandenen Impfstoffdosen verimpft werden, "damit die Bevölkerung möglichst gut geschützt ist gegen die dritte Corona-Welle". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen sich an diesem Freitag zu einem "Impfgipfel" per Telefonkonferenz zusammenschalten. Beraten werden soll auch über den Zeitplan für einen breiten Impfstart in Praxen.

Impfstart in Praxen steht bevor

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten diesen Übergang bisher spätestens für die Woche vom 19. April angepeilt. Zu klären ist dafür auch, wie verfügbarer Impfstoff zwischen Praxen und den regionalen Impfzentren aufgeteilt werden soll. Die Länder wollen ihre Einrichtungen vorerst parallel weiterbetreiben.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte vor voreiligen Schlüssen aus einem vorübergehenden Impfstopp gewarnt. "In Impfkampagnen ist es Routine, potenzielle unerwünschte Ereignisse zu melden. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass die Ereignisse mit der Impfung in Verbindung stehen", sagte der europäische WHO-Regionaldirektor Hans Kluge in Kopenhagen. Offen ist, welche Auswirkungen die Diskussion über neue Risiken nun auf das Vertrauen in den Impfstoff haben wird.

Mehr Impfstoff erwartet

Nach Kritik wegen knapper Mengen und überlasteten Termin-Hotlines werden in den nächsten Monaten größere Impfstoffmengen erwartet. Im zweiten Quartal sollen 40,2 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer kommen. Von Astrazeneca waren bisher 16,9 Millionen Dosen vorgesehen. Dazu sind 6,4 Millionen Dosen von Moderna eingeplant. Zudem wird wohl in der zweiten Aprilhälfte der Lieferbeginn des inzwischen ebenfalls zugelassenen Präparats von Johnson & Johnson erwartet.

Beim Impfen gibt es einen Wettlauf gegen die Zeit: Eine dritte Corona-Welle zeichnet sich deutlicher ab. Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt das Wachstum als exponentiell ein. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner stieg erneut. Bundesweit lag diese Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI am Donnerstag bei 90 - und damit erneut höher als am Vortag (86,2). Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 17 504 Corona-Neuinfektionen - gut 3000 mehr als am Donnerstag der Vorwoche.