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156 Schulen im Südwesten starten ohne Rektor ins neue Jahr

Stuttgart / Lesedauer: 4 min

Kultusministerin Eisenmann hat Konzept zur Stärkung von Schulleitern erarbeitet
Veröffentlicht:09.09.2018, 18:11

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Den Grundschulen im Land fehlen nicht nur Lehrer, sondern auch Rektoren. Nach Informationen der „ Schwäbischen Zeitung “ startet am Montag jede 20. Grundschule ohne Leiter ins Schuljahr 2018/2019. Um den Führungsjob attraktiver zu machen, hat Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ein Konzept zur Stärkung der Schulleiter entwickelt. Das kommt gerade auch kleinen Grundschulen auf dem Land zugute.

An 156 öffentlichen Schulen im Land bleibt die Leitungsstelle zum Schuljahresstart vakant, wie die Regierungspräsidien (RP) auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“ berichten. Das sind etwas weniger als im Vorjahr – damals suchten 190 Schulen nach einem Rektor. In diesem Jahr besonders betroffen ist das RP Stuttgart mit 72 offenen Schulleiterstellen. Im Karlsruher Regierungsbezirk sind es 43 Führungsposten, im Freiburger 26 und im Tübinger 15. Der größte Mangel zeigt sich an den Grundschulen. Von den 2400 öffentlichen Grundschulen haben aktuell 112 und damit fast fünf Prozent keinen Rektor.

Damit setzt sich der Trend aus den Vorjahren fort. „Wir haben dieses Phänomen vor allem in Grundschulen im ländlichen Raum“, sagt Markus Adler vom RP Freiburg. Lange schon mahnen Lehrerverbände und Kommunen, dass die Schulleiterposten an kleinen Grundschulen sehr unattraktiv seien – obwohl diese zum Schuljahr 2016/2017 zwei zusätzliche Stunden für organisatorische Aufgaben bekommen haben. Das reiche aber nicht, sind sich Experten einig. Schließlich seien die Aufgaben in den vergangenen Jahren stetig gestiegen: Inklusion von Kindern mit Behinderungen und Integration von Zugewanderten sind nur zwei der wachsenden Herausforderungen.

Die Frage der Bezahlung

„Ein Leiter einer kleinen Grundschule verdient derzeit nur wenige Hundert Euro mehr als seine Kollegen, muss sich aber um alles kümmern – vom Sekretariat bis zum Auffüllen des Klopapiers“, sagt Matthias Schneider, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Dabei seien Schulleiter gerade für die qualitative Entwicklung einer Schule absolut wesentlich. Zuletzt erzielten baden-württembergische Schüler in Vergleichsstudien schlechte Ergebnisse. Anfang des Jahres hatte auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Verbesserungen angemahnt. Würden Schulleiter besser bezahlt und von einfachen Verwaltungsarbeiten befreit, könne das zu einer höheren Qualität der Schulen beitragen.

Bereits im Frühjahr wollte Kultusministerin Eisenmann ein Konzept zur Stärkung der Schulleiter vorlegen. Nun ist es fertig und liegt Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) zur Prüfung vor, wie deren Sprecherin bestätigt. Demnächst soll es auch an die Fraktionen gehen, zum Schuljahr 2019/2020 soll es umgesetzt werden. „Mit unserem Konzept wollen wir den Beruf des Schulleiters attraktiver machen“, sagt Eisenmann. „Die Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, dass wir die Rahmenbedingungen dieses anspruchsvollen Jobs verbessern.“

Wie eine Sprecherin der Kultusministerin auf Anfrage bestätigt, sollen Leiter kleiner Grundschulen mehr Geld und Unterstützung bekommen. Der Leiter einer Schule mit bis zu 80 Schülern ist bislang in der Lohngruppe A 12 eingruppiert (Einstiegsgehalt: rund 3600 Euro) und erhält eine Zulage von knapp 200 Euro. Wer mehr Schüler verantwortet, wird nach A 13 bezahlt und bekommt – abzüglich der Zulage – rund 450 Euro mehr. Einen Konrektor zur Unterstützung bekommen Schulleiter bislang mit mehr als 180 Schülern. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“ sieht Eisenmanns Konzept vor, beide Mindestschülerzahlen etwa zu halbieren. Laut Statistischem Landesamt haben mehr als 800 öffentliche Grundschulen im Land weniger als 100 Schüler, davon 100 weniger als 40.

Der Landesrechnungshofs hatte jüngst die Zukunft kleiner Grundschulen infrage gestellt. In Zeiten großen Lehrermangels sollten die Ressourcen besser genutzt werden und kleine Grundschulen, die dauerhaft wenige Schüler haben, sollten schließen, hatten die Prüfer empfohlen. Vergangene Woche hat sich Eisenmann erneut klar zu deren Fortbestand bekannt.

Zugleich verwies die Ministerin auf die Vielzahl kleiner Grundschulen und darauf, dass 400 von ihnen mit anderen Grundschulen im selben Gemeindegebiet liegen. Dies biete die Möglichkeit, dass innerhalb von Gemeindegrenzen mehrere Grundschulen zu einer Einheit mit Außenstellen verschmelzen. „Unser Angebot, solche Prozesse zu unterstützen, steht“, sagte Eisenmann und betonte, dies nicht aktiv einzufordern. Dass die Leiter ganz kleiner Grundschulen nicht mehr Geld und Unterstützung bekommen, erhöht allerdings den Druck auf diese Schulen und die Kommunen, die sie tragen.