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Zivilklausel

Die Zivilklausel bleibt umstritten

Weingarten / Lesedauer: 3 min

Der Weingartener PH-Professor Lothar Kuld spricht über Forschung und Militär
Veröffentlicht:22.01.2014, 19:20

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„Lernen für den Krieg“: Unter diesem Motto hat ein Vortrag von Lothar Kuld gestanden. Der Weingartener PH-Professor sprach über die Notwendigkeit einer Zivilklausel für die Pädagogische Hochschule. Damit würde sich die Bildungsstätte selbst verpflichten, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen. An der PH ist diese Idee umstritten.

Der Diskussionsabend bei der katholisch-evangelischen Hochschulgemeinde traf auf Interesse: Rund 40 Gäste wollten Kulds Argumente hören. An der Pädagogischen Hochschule gibt es eine Diskussion über das Für und Wider der sogenannten Zivilklausel. Lothar Kuld und sein Kollege Gregor Lang-Wojtasik haben die Debatte in Gang gebracht (die SZ berichtete vergangenes Jahr). Sie wollen die Zivilklausel in einer Präambel festhalten, die der Grundordnung der PH vorangestellt wird. Doch sie finden nicht nur Unterstützung. Kollegen, die sich gegen die Zivilklausel wehren, berufen sich auf die Freiheit ihrer Forschung, die in ihren Augen eingeschränkt würde. Bei seinem Vortrag hält Lothar Kuld ihnen ein Argument vor: „Frieden ist die Grundvoraussetzung für freie Forschung. Gewalt schränkt Freiheit ein. Der Frieden schränkt keine Freiheit ein.“

In seinem Vortrag zeigt Kuld auf, warum es aus seiner Sicht an der Zeit ist, für den Frieden einzutreten. So seien von 2007 bis 2012 rund 35 Millionen Euro Drittmittel aus dem Verteidigungsministerium an Hochschulen geflossen. Vergangenes Jahr wurde bekannt, das auch das US-Militär viel Geld an deutsche Hochschulen gibt. Kuld zitiert ein Beispiel: So habe die Ludwig-Maximilians-Universität München vom US-Verteidigungsministerium 2012 mehr als 470000 Dollar erhalten, um biologisch abbaubare Sprengstoffe fürs Militär zu verbessern. Er untermauert seine Argumente immer wieder mit Zahlen. Die Bundeswehr , die an Schulen wirbt: 1998 waren es neun Millionen Euro, die in die Nachwuchswerbung flossen. 2012 hingegen gab die Bundeswehr 29 Millionen Euro dafür aus. „Man ist blauäugig, wenn man glaubt, das habe keinen Effekt.“

„Die PH muss sich verhalten“

Kuld zeigt eine Karte der Region und zählt auf, welche Firmen für militärische Zwecke forschen und produzieren: von MTU in Friedrichshafen bis Diehl Defence in Überlingen, von Astrium in Immenstaad bis RST Radartechnik in Salem. „Die PH kann nicht so tun, als gäbe es hier in der Region keine Militärforschung und keine Rüstungsindustrie. Sie liegt mittendrin und muss sich dazu verhalten. Das ist die erste Forderung der Zivilklausel.“

In der Diskussion, die sich an den Vortrag anschließt, tauschen sich die Zuhörer aus. Es ist eine spannende und fruchtbare Debatte. Eine Studentin kritisiert, alle Angebote zum Thema Frieden an der PH seien freiwillig. Sie würde sich mehr Seminare wünschen, die der Entwicklung moralischen Bewusstseins dienen. Ein früherer Bundeswehr-Soldat warnt davor, alle über einen Kamm zu scheren: „Das sind auch Menschen, die abends nach Hause zu ihrer Familie kommen.“ Thema ist auch die abgeschaffte Wehrpflicht, die die Bundeswehr unter Zugzwang gesetzt hat wenn es um den Nachwuchs in der Truppe geht.

Für Kuld ist klar: „Eine Zivilklausel würde der PH gut tun. Sie würde das Bewusstsein für die Ausrichtung und Zwecke der Hochschule schärfen. Und die können in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nur zivil sein. Dazu sollten wir unsere Jugend erziehen.“ Und selbst wenn er mit der Klausel scheitern sollte: „Wichtig ist bereits der Weg dorthin, und das wir darüber diskutieren.“