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Wenn der große VfL Gummersbach kommt

Konstanz / Lesedauer: 4 min

Bei den Handballern aus Konstanz war die zweitbeste Vereinsmannschaft der Welt zu Gast
Veröffentlicht:10.12.2019, 18:58

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Es sind die Spiele, für die ein Handballer seinen Sport ausübt. Und es sind die Momente, die die Fans in die Halle treiben und über die schon im Vorfeld lange gesprochen wird. Für die Akteure und Fans des Zweitligaaufsteigers HSG Konstanz war es solch ein Tag, als die hinter dem FC Barcelona zweitbeste Vereinsmannschaft der Welt, der VfL Gummersbach (zwölfmal deutscher Meister, fünfmal Pokalsieger, 13 internationale Titel), vor 1600 Zuschauern in der Schänzle-Halle auflief. Der HSG-Präsident Otto Eblen machte keinen Hehl daraus, dass es „etwas Besonderes ist“, diesem Gegner nicht nur in einem Testspiel gegenüberzustehen.

Wenige Wochen vor einem der Höhepunkte der Konstanzer Vereinsgeschichte war die Partie gegen den VfL Gummersbach aber bei Weitem nicht ausverkauft. In allen Blöcken gab es noch Karten, und das bei einem Aufsteiger, der einen Zuschauerschnitt von fast 1200 aufweist. „Die Konstanzer denken, das reicht schon noch. Ich habe Anfragen einen Tag vor dem Spiel, ob der oder der Platz noch frei sei. Da kann ich immer nur lachen“, sagt Frank Meisch, Leiter Finanzen und Werbung bei der HSG. Das Überraschende am Abend: Die Spieler der Gummersbacher blickten nach einem Torerfolg Richtung Zuschauertribüne, um mit ihren Fans zu feiern, doch es war nicht einfach, die 20 mitgereisten Anhänger (unter ihnen die Ehefrau von VfL-Legende Heiner Brand) ausfindig zu machen.

Einige Hochkaräter im Team

Tja, Konstanz ist eben zu weit weg, wie Trainer Torge Greve oder auch der achtfache Torschütze Janko Bozovic sagten. „In Bietigheim sah das anders aus, und auch zu Hause haben wir schließlich den besten Zuschauerschnitt von knapp 3000. Aber hier wären ein paar mehr schon gut gewesen“, sagte Bozovic, der als 34-jähriger österreichischer Nationalspieler eine der Führungspersönlichkeiten in einer jungen Mannschaft ist. Für den VfL sei der erste Abstieg aus dem Handball-Oberhaus „ein Schock“ gewesen. „Aber für mich ist es eine große Ehre, bei einem derart großen Namen der Handballszene zu spielen. Und ich übernehme gerne in wichtigen Situationen Verantwortung“, sagte der 2,03 Meter große Bozovic nach dem 30:24-Auswärtstriumph.

13:13 stand es zur Halbzeit, die Hoffnungen bei 1580 Zuschauern auf eine Überraschung war groß. Doch neben den vielen hungrigen jungen Spielern kann das Gründungsmitglied der Bundesliga auf einige hochkarätige Stützen vertrauen: Filip Ivic ist kroatischer Nationaltorhüter, Tin Kontrec kam vom kroatischen Champions-League-Teilnehmer RK Zagreb (beide spielten bei der WM 2017 in Frankreich), und auch Alexander Herrmann ist österreichischer Nationalspieler. „Wir haben eine hohe Qualität, können die Liga aber nicht dominieren. Für unsere Spieler ist es eine hohe Bürde, dieses Logo auf der Brust zu tragen, jeder ist geehrt“, sagt Torge Greve. „Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits sage ich mir: Hey, ich bin Trainer bei einem der absoluten Aushängeschilder. Andererseits leben wir im Hier und Jetzt.“ Und das bedeutet: Platz vier in Liga zwei. Zwei Jahre hat sich der ruhmreiche Club aus Nordrhein-Westfalen Zeit gegeben, um wieder aufzusteigen.

Bei großen Namen wie Heiner Brand oder Erhard Wunderlich, die schon beim VfL spielten, ist es für Trainer Greve zuweilen nicht einfach, Regie zu führen. „Tipps gibt es einige“, sagt der Trainer und lacht. „Das ist Fluch und Segen zugleich. Läuft es gut, freut es mich und die Gespräche verlaufen freundschaftlich. Läuft es schlecht, werden die Tipps zahlreicher, sie sind aber sehr dezent. Es ist klar, dass bei solch einem Verein alle teilhaben wollen.“

Für Otto Eblen, ohne den die HSG Konstanz nicht da wäre, wo sie ist, sind Spiele wie gegen Gummersbach ein Traum. „Der VfL ist eine wahre Zugnummer. Hätte vor zehn Jahren jemand gesagt, ihr spielt mal gegen Gummersbach oder den HSV, hätte ich gesagt, du träumst wohl. Es ist für alle etwas Besonderes“, sagte das 70-jährige Vereinsoberhaupt, dessen Sohn Daniel seit 15 Jahren an der Seitenlinie steht. Besonders stolz macht Otto Eblen aber die Tatsache, dass die HSG im „Handball-Sport-Garten“ jede Woche rund 180 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren betreut. Der Jugendbereich liegt dem Präsidenten sehr am Herzen. Sollte der Tabellen-16. hingegen den Klassenerhalt nicht schaffen, „dann geht es auch weiter“.