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Vermittler zwischen den Welten beim MTU-Cup

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Gert Engels unterstützt japanischen Nagaoka FC beim MTU-Cup in Friedrichshafen – Ajax Amsterdam siegt
Veröffentlicht:03.12.2017, 21:13

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Wenn jemand mehr als 25 Jahre und somit einen Großteil seines Lebens in Japan verbringt, mit den Menschen dort arbeitet und lebt, färbt wohl so manches ab. Und so stand Gert Engels – ganz dem fernöstlichen Klischee konform – am Spielfeldrand der ZF-Arena und filmte beinahe durchgängig mit seinem Handy das Geschehen auf dem Platz. „Als ich Anfang der 1990er- Jahre nach Japan kam, war ich beinahe der einzige, der dort noch kein solches Gerät hatte“, erzählt der Dürener, der 1976 und 1977 zum Meisterkader von Borussia Mönchengladbach gehörte und seit 1990 mehrmals als Chef- oder Co-Trainer in der J-League arbeitete. Dass er am Wochenende beim MTU-Cup in Friedrichshafen weilte, dem wieder einmal top besetzten Turnier der U-15-Teams, ist ebenfalls Folge seines Lebensweges. Denn Gert Engels’ Aufmerksamkeit galt ganz dem Nagaoka Billboard FC, der sich auf dem Weg gemacht hatte, um sich am Bodensee mit Teams wie dem FC Barcelona, Manchester United, FC Bayern, VfB Stuttgart oder dem späteren Turniersieger Ajax Amsterdam zu messen.

Die Tour hat es in sich. Nicht nur, dass die zwölf jungen Fußballer und ihre Trainer jeweils über zwölf Flugstunden auf sich nehmen, um zwei Tage am Bodensee in der Halle Fußball zu spielen, auch geht es bereits kurze Zeit später wieder zurück. „Am Montag geht es noch zum Spiel des FC Ingolstadt und bis dahin versuchen wir auch noch etwas zu bieten. So waren wir zusammen auf dem Weihnachtsmarkt und haben uns die Innenstadt angesehen, die alten Häuser sind für die Jungs ja etwas vollkommen Unbekanntes“, so Engels, der mit seiner „Soccer-life-Fußballakademie“ japanische Talente und Mannschaften auf Europabesuch betreut.

Auch im Alltag bedarf es manchmal Hilfe. „Das geht beim Frühstück los, das ja in Japan meist aus warmen Reis und Fisch besteht, da landet der Käse dann schon einmal direkt oben auf dem Brötchen“, berichtet Engels.

Doch stand am Wochenende natürlich vor allem der Fußball im Fokus. „Es geht ganz klar darum, Erfahrungen mit dem europäischem Fußball zu sammeln und hier einiges mitzunehmen“, so der 60-Jährige. „Das hier ist ein hartes Spiel und wir wollen die Taktik der Teams studieren und vor allem die Abwehrarbeit lernen“, sagte Nagaokas Cheftrainer Tetsuya Fujita.

Die jungen Fußballer hatten sogar ihre eigenen Fans auf der Tribüne, die sie mit Japan-Fahne und Plakaten anfeuerten. „Ich komme aus der selben kleinen Stadt und bin mit meiner Familie und meinen Kollegen angereist, um das Team zu unterstützen. Das macht mich stolz, dass sie sich mit solchen Teams messen dürfen“, erzählte Yasunari Kinefuchi, der seit drei Jahren in München arbeitet.

Dass es überhaupt eine japanische Mannschaft beim Turnier am Bodensee gibt, ist vor allem den Organisatoren um Klaus Segelbacher zu verdanken. „Ich hatte seit drei Jahren Kontakt dorthin und es war mein Traum eine Mannschaft von einem anderen Kontinent hier zu haben – das ist das i-Tüpfelchen“, sagt der.

Gert Engels ist ebenfalls zufrieden. Auch wenn die Japaner oft Lehrgeld bezahlen mussten – gegen Ajax setzte es ein 1:10, gegen Barcelona ein 1:8 – ist „es für sie totzdem ein unglaubliches Erlebnis. Die Chance gegen Barcelona zu spielen wird es wohl nicht mehr oft geben“.

Er selbst ist zwar mit seiner Akademie ausgelastet, hat den Traum von der großen Fußballwelt aber nicht abgeschrieben. „Ich bin noch auf dem Markt und derzeit gibt es auch wieder Kontakt zu einem japanischen Club“, so Engels, der kürzlich für die Wahl zum deutschen Fußballbotschafter im Ausland nominiert wurde. „Hierfür soll ein Video im Japan gedreht werden, dann bin ich wohl im März wieder dort“. Es sei denn, er steht dann bereits als Cheftrainer eines J-League-Clubs an der Seitenlinie – dann allerdings ohne Handykamera.