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Stelian Moculescu im Interview: „VfB Friedrichshafen ist Favorit“

FRIEDRICHSHAFEN / Lesedauer: 7 min

Berlins Volleyball-Trainer Stelian Moculescu über sein Wiedersehen mit der Vergangenheit
Veröffentlicht:13.03.2018, 19:27

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Es klingt ja immer noch wie der Witz des Jahres. Stelian Moculescu kehrt aus dem Volleyball-Ruhestand zurück, übernimmt die Berlin Volleys – und trifft nun gleich dreimal hintereinander auf den VfB Friedrichshafen, der ja nach 27 gemeinsam gewonnenen Titeln immer noch irgendwie sein VfB Friedrichshafen ist. An diesem Mittwoch um 19.30 Uhr (laola1.tv) im Achtelfinal-Hinspiel der Bundesliga treffen die beiden deutschen Vorzeige-Volleyballvereine in Berlin aufeinander. Am Sonntag (14.30 Uhr/Bundesliga) und Donnerstag (20 Uhr) am Bodensee. Filippo Cataldo hat mit ihm gesprochen.

Herr Moculescu, Sie sind seit rund einem Monat Trainer der Berlin Volleys. Waren Sie seitdem mal wieder am Bodensee?

Nein. Wir sind direkt von Gran Canaria aus dem Urlaub nach Berlin und dort direkt zur Pressekonferenz, auf der ich vorgestellt wurde, von dort in die Halle und dann stand auch schon bald das erste Spiel gegen Kazan an. Meine Frau war aber ein paar Mal in unserem Haus, um ein paar Dinge zu holen und zu organisieren.

Wo war Ihre Frau bei jenem Dreiminutentelefonat auf Gran Canaria mit Berlins Manager Kaweh Niroomand , das Sie vom Rentner zum Coach der Berlin Volleys machte?

Na, die stand neben mir.

Und haben Sie noch einmal mit ihr geredet, ehe Sie zugesagt haben?

Ich war ja vorgewarnt worden, dass Kaweh Niroomand mich gerne anrufen würde. Und ganz blöd sind wir ja nicht, es war klar, dass er nicht anrufen würde, um zu fragen, wie es mir geht. Wir waren spazieren, als Kaweh anrief. Sie hat mich kurz angesehen und wusste, dass ich das machen wollte, dass mir das Spaß machen würde. Ich hatte in den letzten Monaten ja immer wieder Angebote von verschiedenen Vereinen. Dieses hat mich gereizt.

Sie haben die ZF-Arena gerne als Ihr „Wohnzimmer“ bezeichnet. Was ist die Max-Schmeling-Halle, in der Sie am Mittwoch den VfB Friedrichshafen empfangen, für Sie?

In der Max-Schmeling-Halle war ich schon unglaublich gerne, als ich noch Trainer von Friedrichshafen war. Da habe ich mich immer wohlgefühlt. Für mich ist das eine der besten Volleyball-Stätten in Europa: Tolle Halle, viele Zuschauer, super Stimmung.

Die Sie jetzt als Trainer der Heimmannschaft noch ein wenig mehr genießen können?

Wie gesagt, ich habe da immer gerne gespielt. Für einen Trainer ist das aber vielleicht auch noch einmal etwas anderes als für einen Spieler, wenn das Publikum für oder gegen einen ist.

Sie haben Berlin am 11. Februar nach einem recht peinlichen 0:3 gegen Lüneburg übernommen. In den sechs Spielen seither hat Ihre Mannschaft eigentlich immer überzeugt und war sogar bei der einzigen Niederlage gegen Zenit Kazan, die wohl beste Mannschaft der Welt, im ersten Spiel lange auf Augenhöhe. Was haben Sie gemacht?

So viel war das gar nicht. Man beobachtet halt die Spieler, versucht, auf ein paar Dinge einzuwirken, ein paar technische Dinge einzuüben, eine neue Ansprache hineinzubringen. Aber viel trainieren konnten wir ja gar nicht.

Wie kann ich mir das also vorstellen? Haben Sie bei Ihrem ersten Training beispielsweise Pierre Pujol (Berlins Zuspieler, die Red.) gesagt, er solle die Arme etwas weiter nach oben nehmen beim Zuspielen oder Paul Carroll (Weltklasse-Diagonalangreifer), er solle etwas dynamischer abspringen – und schon funktioniert es wieder?

Quatsch. Das sind ja alles erwachsene Spieler, die haben alle eine große Qualität. Natürlich habe ich vor dem ersten Spiel ein paar Tipps gegeben und natürlich haben wir jetzt auch ein paar technische Dinge eingeübt und selbstverständlich habe ich bestimmte Vorstellungen, wie sich die Spieler in bestimmten Situationen verhalten sollen. Aber grundsätzlich ist es darum gegangen, der Mannschaft wieder den Mut zurückzugeben. Das geht dann nur über die Spiele. Indem du gegen Kazan spielst und siehst, dass du mithalten kannst. Das schafft schon einmal Selbstbewusstsein. Dann gewinnst du in der Bundesliga, dann noch mal, dann kommst du in der Champions League weiter ...

... und spielst nun dreimal hintereinander gegen den VfB Friedrichshafen.

Das ist doch wunderbar! Für uns sind diese drei Spiele eine gute Gelegenheit, um herauszufinden, wie weit wir schon sind.

Friedrichshafen ist für Sie also der Favorit.

Selbstverständlich. 31 Spiele gewinnt man ja nicht eben so, das ist kein Zufall. Kapitän Simon Tischer ist ein exzellenter Zuspieler, der beste in Deutschland, Steuerwald ist ein herauragender Libero. Der VfB hat eine sehr gute Mannschaft, die sehr gut verteidigt und einen eigenen Stil gefunden hat.

Der so ziemlich genau das Gegenteil ist von Ihrer Idee von Volleyball. Sie predigen ja Power-Volleyball.

Aber das ist doch gut! Es wäre ja langweilig, wenn jeder Trainer die gleichen Ideen hätte.

Sie sind also zufrieden damit, was Vital Heynen aus Ihrem VfB gemacht hat?

Ich kann Vital Heynen nur gratulieren zu seiner Arbeit. Chapeau! Aber das hat doch mit mir nichts mehr zu tun. Der VfB Friedrichshafen war sehr lange ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, wir haben 27 Titel zusammen gewonnen und wenn es damals schon den Supercup gegeben hätte, wären es wahrscheinlich 40 gewesen. Ich bin noch immer ein sehr glücklicher Bürger des Bodensees, wenn man das so bezeichnen darf. Aber meine Zeit beim VfB Friedrichshafen ist vorbei – und das schon eine ganz schön lange Zeit.

Sie haben die ZF-Arena seit Ihrem letzten Spiel nicht mehr betreten. Generell haben Sie bei Ihrem Abschied gesagt, dass Sie in Deutschland keine Volleyballhalle mehr von innen betreten wollten.

Das habe ich auch durchgehalten bis zu meiner Rückkehr. Wobei, einmal war ich bei Haching, weil ich da jemanden verabschieden sollte. Das habe ich getan. Grundsätzlich: Wenn Sie so lange eine Sache so intensiv betreiben wie ich– Volleyball war ja mehr als 50 Jahre ein mehr als wesentlicher Bestandteil meines Lebens – erreichen Sie vielleicht manchmal den Punkt, wo es dann auch mal gut ist, wo Sie vielleicht auch keine Lust mehr haben. Das war so. Ich habe auch nie geplant, zurückzukehren. Aber jetzt sind die Akkus wieder voll und dann regt sich vielleicht doch noch mal was.

Aber musste es ausgerechnet Berlin sein? Der Club, den Sie jahrelang bekämpft haben? Und dann auch noch mit Kaweh Niroomand, mit dem Sie jahrelang in herzlicher Abneigung verbunden waren?

Wir hatten oft Krach, ich will das ja gar nicht leugnen. Er hat halt mit allen Mitteln für Berlin gekämpft und ich habe mit allen Mitteln für Friedrichshafen gekämpft. Das eine oder andere hätten wir uns vielleicht sparen können, da waren halt zwei Gockel. Aber grundsätzlich wussten wir beide immer, dass da zwei Menschen sind, die viel Leidenschaft für Volleyball haben – und auch noch Ahnung von dem Sport. Außerdem: In der heutigen Zeit, in der sich alle so scheinbar unversöhnlich gegenüberstehen, haben sich hier zwei Menschen versöhnt. Gut, wir mussten beide alt werden dafür, aber das ist doch wunderbar!

Wie klappt das so mit zwei Alphatierchen in der Führung?

Spitze. Ich habe jetzt endlich die Situation, die ich beim VfB Friedrichshafen immer haben wollte, aber leider nie hatte: Ich habe einen Manager an meiner Seite, der stark ist, viel Ahnung von Volleyball hat und mir alles abnimmt, was nichts direkt mit dem Sportlichen zu tun hat. Ich kann hier einfach nur Trainer sein. Und Kaweh kann einfach Manager sein, weil er jetzt einen Trainer hat, von dem er weiß, was er kann.

Klingt fast so, als ob Sie sich schon viel füher hätten zusammentun sollen ...

Es ist ja nicht so, dass wir nicht schon früher darüber nachgedacht hätten. 2000/2001 hatten wir mal darüber gesprochen, ob ich nicht nach Berlin kommen sollte, das aber nicht weiter verfolgt. Damals war der VfB Friedrichshafen für mich einfach noch zu wichtig.

Wo Sie jetzt beide so viel Spaß haben miteinander – spricht doch vieles für eine Vertragsvelängerung über das Saisonende hinaus.

Mein Engagement ist begrenzt. Das ist jetzt kein Thema.

Jetzt. Und später?

Im Moment ist mein Engagement zeitlich begrenzt.