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Severin Freund: Heimkommen in Kuusamo

München / Lesedauer: 4 min

Der genesene Skispringer Severin Freund steigt nach zwei Kreuzbandrissen im rechten Knie ein Wochenende später in den Weltcup ein – und mit der ihm eigenen Ruhe.
Veröffentlicht:13.11.2018, 22:04

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Die Gegend um Kuusamo in Finnlands Nordosten kann recht unwirtlich sein in diesen Tagen: Regen, Wind (gerne auch viel Wind), Kälte (gerne auch viel Kälte), Schnee ... Egal. Kuusamo ist der richtige Ort, der Rukatunturi-Bakken die richtige Schanze. Hier wird Severin Freund, acht Tage nach dem Saisonauftakt der Skispringer dieses Wochenende in Wisla, 16 Monate nach seinem zweiten Kreuzbandriss im Juli 2017, sein Weltcup-Comeback geben. Logisch irgendwie. Denn: „So habe ich noch eine Woche mehr, in der ich trainieren kann“ (was bestens zur behutsamen Belastungssteuerung zuvor passt). Denn, zwotens: „Kuusamo ist rein emotional ein ganz guter Einstiegsort für mich. Da hat es immer gut funktioniert.“ 2012 etwa mit einem Einzelsieg und einem im Team, 2016 auch, als die Rückkehr sieben Monate nach einer Hüftarthroskopie erst einen zweiten Platz, dann Weltcup-Triumph Nummer 22 bescherte. Severin Freunds bislang letzten.

Das Pech des mittlerweile 30-Jährigen vom WSV DJK Rastbüchl ist hinreichend beschrieben: Ruptur eins im Januar 2017, Oberstdorf . Ruptur zwei ein halbes Jahr später, Oberstdorf. Beide Male im Training, beide Male das rechte Knie. Macht fast zwei Jahre ohne Wettkampf, mit einiger Reha-Plackerei stattdessen. Das brauchte viel Wollen, viel Leidenschaft. Severin Freund hat(te) beides: „Ich hab’ gemerkt: Da ist noch etwas, das noch nicht zu Ende ist.“

Fortsetzung zunächst auf kleinsten, kleinen, seit August auch wieder auf Großschanzen. Ängste? Keine: „Ich glaub’, wenn du in dem Moment ans Knie denkst, dann ist eh was falsch.“ Stattdessen gelte („auch diesmal wieder“): „Sobald du dann vom Balken weg bist und in der Spur – du weißt eh, was du zu machen hast. Es ist einfach so, das hat man gespeichert. Es ist eher wie heimkommen. Und dann ist es sehr schnell Spaß.“

Der trägt. Nur: allein halt nicht weit. 16 Monate ohne, merkte Severin Freund alsbald, da seien „das Gefühl und die Leichtigkeit doch ein bissel verlorengegangen“. Zudem sei sein Sport „auch ein Stück weiter heute: Es ist definitiv so, dass Skiführung in den letzten Jahren noch wichtiger geworden ist. Die Leute kommen noch schneller in die Flugposition, die Sprünge sind noch mal schneller geworden.“ Erkenntnisse sind das diverser Couch-TV-Studien; Sorge bereiten sie vorerst keine. Klar, „der Rest bleibt nicht stehen“, Severin Freund allerdings glaubt „trotzdem, dass mein Sprung – mein guter Sprung – nach wie vor konkurrenzfähig ist. Weil ich ja in der Zeit, als ich wirklich oben war, auch einen Sprung hatte, der sehr schnell war und von der Schnelligkeit gerade im zweiten Drittel gelebt hat.“

Große Ziele: Seefeld und Oberstdorf

Ihn hinzubekommen ist eine Herausforderung – zumal im Ernstfall. „Wettkämpfe hab’ ich jetzt lang nicht gehabt, und da wird’s ’ne gewisse Gewöhnung brauchen.“ Über Kuusamo hinaus wohl, wo Severin Freund seine Einzel-Weltcups 195 und 196 bestreiten wird fünf Wochen vor der Vierschanzentournee. Die, wen wundert’s, „ist heuer nicht mein Fokus, die ist einfach sehr, sehr früh“. Da liegt der WM-Termin deutlich besser: Seefeld 2019 lässt vom 22. Februar bis 2. März springen. Apropos Weltmeisterschaft: Das Verpassen der Skiflug-WM diesen Januar in Oberstdorf, sagt Severin Freund, habe richtig wehgetan. Umso mehr Antrieb an zähen Tagen sei da gewesen, dass die Marktgemeinde 2021 die Nordische Weltmeisterschaft ausrichten wird. Ein Fernziel. Kein kleines. „Das hilft natürlich auch bei der Motivation.“

Hilfreich ist außerdem, wie die Teamkollegen Severin Freund aufgenommen haben – und dass diese Teamkollegen so aufgetrumpft haben ohne ihn. „Wir waren schon wirklich länger nicht mehr so breit aufgestellt.“ Heißt für den Rückkehrer: „Okay, da gibt’s Leute, die einfach so stark sind, dass jetzt nicht gleich die erste Frage die nach mir ist.“ Das gibt Ruhe. Kraft geben Töchterchen Johanna, sechs Wochen alt, und Frau Caren. Energie? Gibt sich Severin Freund selbst. Olympiasieger Andreas Wellinger hat es erlebt. Staunend: „Ich weiß, wie er brennt.“