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Salemer Boxpräsident kritisiert Vereine - mit zwei Ausnahmen

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Baden-Württembergs Box-Präsident Uwe Hamann aus Salem sieht derzeit reichlich Baustellen
Veröffentlicht:19.02.2019, 17:41

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Uwe Hamann hat schon Tausende Menschen gesehen, denen das Wasser bis zum Hals gestanden ist. Schließlich ist der 58-Jährige aus Salem Bäderbetreiber in Mühlhofen und Wittenhofen. Doch auch als Präsident des Baden-Württembergischen Boxverbands (BVBW) und ehemaliger DBV-Vizepräsident musste er schon zum Rettungsring greifen. Im Gespräch mit Jochen Dedeleit lässt der frühere Bundesligaboxer deutlich wissen, was er zur Boxszene hierzulande meint.

Sie wollten den DBV-Präsidenten Jürgen Kyas Ende 2017 ablösen, scheiterten jedoch knapp. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Ich habe damit kein Problem. Und er weiß, dass es ohne den BVBW nicht geht. Wir sind ein starker Verband. Bei den letzten Deutschen Meisterschaften stellten wir fünf Finalteilnehmer, mussten uns nur Nordrhein-Westfalen, die doppelt so viele Vereine haben, geschlagen geben. In unserem Bundesland findet am Olympiastützpunkt Heidelberg die einzige Ringarztausbildung statt. Und Holger Kußmaul führt ein vierköpfiges AIBA-Kampfrichterteam des BVBW an, dessen Obmann Klaus Kaibach aus Friedrichshafen ist.

AIBA ist der Boxweltverband. Ist es noch empfehlenswert, sich damit zu schmücken? IOC-Präsident Thomas Bach schließt nicht aus, dass Boxen aus dem olympischen Programm fliegt, wenn der neu gewählte AIBA-Präsident Gafur Rachimow den Verband führen sollte. Laut US-Finanzministerium soll Rachimow einer der führenden Kriminellen Usbekistans sein.

Die starken Leistungen, die unsere Kampf- und Ringrichter abliefern, haben ja damit nichts zu tun. Wenn Olympia in Gefahr geraten sollte, nehme ich den neuen Präsidenten beim Wort, dass er sich zurücknimmt. Olympia ohne Boxen wird es nicht geben, der Boxsport ist eine der ältesten Sportarten überhaupt. Wir müssen alle zusammen gegen Ungerechtigkeiten kämpfen. Als ich vor der Heim-WM 2017 in Hamburg als Delegationsleiter bei der EM der Frauen in Italien war, ist mir eine rumänische Kampfrichterin aufgefallen, die grundsätzlich gegen deutsche Boxerinnen gewertet hat. Das war auf den Protokollen klar ersichtlich. Ich habe interveniert und sie wurde bei unseren Kämpfen nicht mehr eingesetzt. Was ich damit sagen will: Der Athlet muss diesen Rückhalt spüren.

Sie waren kürzlich bei der Trainer- und Athletentagung in Leonberg. Sind alle zufrieden?

Die Athleten wissen, was sie am Landesverband haben – und was sie erbringen müssen. Vielen gefällt natürlich die finanzielle Eigenbeteiligung nicht. Da habe ich gesagt: Gut, ihr müsst nichts mehr zahlen, allerdings können wir dann nur noch ein Viertel der Maßnahmen durchführen. Wir bekommen die Zuschüsse nur vom Landessportbund, damit müssen wir wirtschaften. Berlin oder Hamburg bekommen Gelder vom Senat, Baden-Württemberg ist wirtschaftlich gesehen ein starkes Bundesland, aber es gibt keinen Sponsor, der etwa in eine Bundesligamannschaft investieren will.

Aber ist die Teilnahme an der Bundesliga wirklich erstrebenswert? Nicht einmal eine Handvoll Teams wirken mit ...

Wir müssen sie wieder zum Leben erwecken. Eine Mannschaft, die das Zeug hat, Deutscher Meister zu werden, kostet etwa 150 000 Euro. Was ist das im Fußball? Nordhausen ist vor zwei Jahren Meister geworden, da kamen sechs Boxer aus Baden-Württemberg. Jetzt sind sie überall in Deutschland verteilt.

Aber um Boxen dem Zuschauer wieder näherzubringen, geht es ja auch günstiger. Allerdings gibt es keine Events der Vereine aus Singen, Überlingen, Friedrichshafen oder Konstanz. Bis auf das Boxteam Langenargen stellen die meisten keinen Teilnehmer bei diversen Meisterschaften.

Und warum? Weil die Vereine hier zu faul sind. Die wochenlange Vorbereitung will sich keiner mehr antun. Keiner will mehr Plakate aufhängen, Ring auf- und abbauen. Dabei gibt es das „Rund-um-sorglos-Paket“ vom Verband. Wir können für Länderkämpfe, Meisterschaften oder den BW-Cup sorgen. Das geht von 250 Euro bis 8000 für einen Länderkampf, etwa gegen Kuba oder sonst wen. Da muss ich natürlich berücksichtigen, dass diese Mannschaft nicht nur einen Tag hier ist und verpflegt und untergebracht werden will. Darum gibt es ja meistens einen Zweitstart, wie Anfang März in Wangen und Schriesheim, wenn es gegen Fenerbahce Istanbul geht.

Aber das entschuldigt ja nicht die Tatsache, dass keine Teilnehmer gemeldet werden?

Das bleibt automatisch auf der Strecke. Das Traurige ist, dass noch nicht einmal Nachwuchsboxer beim eigens dafür geschaffenen BW-Cup teilnehmen. Nur der BC Pfullendorf ist ein junger Verein, der was erreichen will. Und Langenargen hat ein paar gute Leute und mit Tom (Thomas Schuler; Anm. der Red.) jemanden, der seit Jahren kontinuierlich auf allen Hochzeiten tanzt.

Die Unterstützung des BVBW für Langenargen im Bodensee-Cup ließ jedoch zu wünschen übrig.

Das lag vor allem an den Österreichern, die meinten mit einer Auswahl aus dem ganzen Land antreten zu müssen und dann, als wir dementsprechende Leute dagegengestellt haben, einen Rückzieher gemacht haben. Länderkämpfe, Meisterschaften oder Turniere sind für den Verband auch wichtiger als der Bodensee-Cup. Ich frage mich aber auch, warum bei einem Bodensee-Cup nicht Kreuzlingen oder Konstanz mitmachen. Es sind im Endeffekt immer dieselben, die veranstalten.