StartseiteSportMarco Sturm und das komische Gefühl

Länderspiel

Marco Sturm und das komische Gefühl

Krefeld / Lesedauer: 3 min

Am Ende der Ära des scheidenden Eishockey-Bundestrainers gerät das letzte Spiel unter dem scheidenden Eishockey-Bundestrainer zur Nebensache.
Veröffentlicht:11.11.2018, 22:17

Von:
Artikel teilen:

Es wurde der erwartet emotionale Abschied, dieses 73. und letzte Länderspiel der Bundestrainer-Ära Marco Sturm. Vorab gab es offiziell-warme Worte von Franz Reindl , dem Präsidenten des deutschen Eishockey-Bundes, der mit der Personalie Sturm im Juli 2015 so ziemlich jeden überrascht hatte. Ein toller Spieler, gewiss, der Niederbayer. Aber Bundestrainer? General Manager zudem der Nationalmannschaft? Ein Trainernovize? Die Rechnung, heute weiß man es, ging auf. Wie sehr sie aufging, zeigten die Videosequenzen vom so sensationell versilberten Olympiaturnier in Pyeongchang, hielt auch die aufwendige Foto-Collage fest, die Franz Reindl dem Scheidenden überreichte. Dann gab es ein 0:2 (0:0, 0:0, 0:2) gegen die Slowakei, das in der Entstehung ärgerlich, aber zu verkraften war an so einem Tag. Der Deutschland Cup war zur Nebensache geworden. Dieses „komische Gefühl“ (Marco Sturm) überwog.

Erste recht, als sich seine Spieler vom Trainer verabschiedeten, der doch auch „Teil der Mannschaft und Freund der Mannschaft“ sein wollte – und es ohne Autoritätsverlust war. Ein Trikot gab es mit auf den Weg nach Los Angeles, wo der Co-Trainer Sturm fortan das Überzahlspiel und die Stürmer der Kings auf NHL-Vordermann bringen soll. Das Zeug dazu hat er, glaubt nicht nur Moritz Müller, aktuell Kapitän der DEB-Auswahl und schon im ersten Spiel unter Sturm-Regie (einem 2:3 gegen die Schweiz beim Deutschland Cup 2015) mit dabei. „Marco“, sagte der Kölner, „war für uns mehr als ein Trainer. Er hat uns den Willen gegeben, überall gewinnen zu können.“

In Krefeld war dieser Willen auch zu spüren, in allen drei Partien. Nur bremste die Zahl der Ausfälle, fehlte manch wichtige Kraft doch von vorneherein (wie Yannic Seidenberg, Patrick Hager, Felix Schütz und Yasin Ehliz) oder im Lauf des Turniers (Markus Eisenschmid). Naturgemäß ließ Marco Sturm zudem rotieren, was vier Debütanten um den (pardon) rotzfrechen Lean Bergmann ihre Chance gab, aber halt kaum eingespielte Reihen ermöglichte. Wesentliche Erkenntnis des 8., 10. und 11. November 2018: Einsatz, Spielfreude und Zusammenhalt stimmten (wie eigentlich immer), den Charaktertest hat auch diese Sturm’sche Auswahl bestanden. Mit der Energieleistung, die ein 1:3 gegen die Schweiz in ein 3:3 drehte. Und eine Intention, die Marco Sturm stets verfolgte, wurde auch diesmal erreicht: „Die Spieler sollen besser werden, sie sollen lernen aus solchen Spielen.“

Lernen könnten auch die Eishockey-Oberen. Weniger die des Verbandes, die bei ersten Sondierungen am Wochenende zügig und doch mit Bedacht eine Kandidatenliste in Sachen Nachfolge erstellt haben. „Sie ist“, verriet Franz Reindl, „überraschend lang.“ Die To-do-Liste, die Marco Sturm der Deutschen Eishockey Liga ans Herz legte, ist kurz. Und knackig: Noch mehr müsse die DEL in die Ausbildung junger Spieler investieren. Silberhelden altern auch, „und die anderen Nationen, die schlafen nicht“. Die Anbindung von U18 und U20 an die Männer-Nationalmannschaft etwa kann nur weiter forciert werden, wenn es weiterhin genug starke U18- und U20-Spieler gibt ...

Marco Sturms Problem wird das nicht mehr sein. Oder irgendwann doch wieder? Von seinem „vorerst letzten Spiel“ hat der 40-Jährige gesprochen am späten Samstagabend, davon, dass er „ja nicht irgendwie weg“ sei. Sondern eben „erst 40 Jahre alt. Es kann alles passieren.“