Sportredaktion
Holt Deutschland den Titel? Das meint unsere Sportredaktion
Sport / Lesedauer: 3 min
Joachim Löw hatte seine linke Hand lässig in die kurze schwarze Trainingshose gesteckt, hinter seiner Corona-Maske deutete sich ein Lächeln an. Als der Bundestrainer am Montagabend die Münchner Arena betrat, strahlte er Lockerheit und Zuversicht aus. „Ich bin innerlich sehr ruhig und gelassen“, betonte Löw vor dem Kracher-Start gegen Frankreich am Dienstag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV): „Jeder ist sehr, sehr hungrig nach Erfolg, das lässt mich ruhig schlafen.“ Ob das auch bis ins Finale in Wembley reicht? Das meinen unsere Sportredakteure:
Pro: „ Was wäre ein Turnier ohne Titel-Glauben?“
Von Felix Alex
Was wäre ein großes Turnier aus Fansicht, wenn man nicht an den Titel glauben würde? Noch schlimmer, was wäre ein großes Turnier aus Mannschaftssicht, würde sie nicht an den Titel glauben ? Also kann es aktuell eigentlich keine geteilte Meinung geben: Deutschland wird Europameister und damit hat es sich. Doch nicht nur blinder Glaube lässt hoffen, sondern klare Argumente. Anders als bei der WM 2018 in Russland wäre ein Ausscheiden aus der Vorrunde trotz der Gruppengegner Portugal und Frankreich ein echtes Kunststück – immerhin kommen insgesamt ganze vier der sechs Gruppendritten in die K.o.-Runde, in der bekanntlich alles passieren kann. Zudem ist der deutsche Kader alles andere als eine Notbesetzung. Drei Stammspieler vom aktuellen Champions-League-Sieger FC Chelsea sind dabei, dazu sechs Bayern-Kicker, die 2020 den Henkelpott gewannen – mehr Königsklassen-Champions hat keine andere Nation. Mit Müller und Hummels sind zwei Anführer und wichtige Puzzleteile im Gefüge zurück, Jogi Löw hat zudem aus seinen Fehlern gelernt. Was soll da also schief gehen? Ach ja, und wie war das noch einmal mit der Turniermannschaft?
Contra: „Guter Kader, aber falscher Trainer“
Von Martin Deck
Der Pokal in den Händen von Manuel Neuer, genau 25 Jahre nach dem letzten deutschen EM-Triumph – und dann auch noch in Wembley , so wie damals im Sommer 1996. Die Geschichte wäre gut, die Vorstellung zu schön. Nur: der Glaube daran fehlt. Eine deutsche Titelfeier in London wird es in diesem Jahr nicht geben. Nicht etwa, weil der DFB-Auswahl die Qualität fehlt – der Kader ist trotz einiger Kritik topbesetzt–, sondern weil nach wie vor der falsche Mann an der Seite steht. Dass Joachim Löw kein schlechter Trainer ist, hat er in der Vergangenheit ausreichend bewiesen – dass er längst nicht mehr in der obersten Klasse mitspielt aber eben auch. Seine Spielidee vom Ballbesitzfußball ist überholt, seine Fähigkeit, auf unerwartete Situationen gekonnt zu reagieren, weitreichend widerlegt. Daran ändert auch die Rückholaktion von Thomas Müller und Mats Hummels nichts. Diese erfolgte viel zu spät. Jetzt fehlt die Zeit: Gegen Frankreich und Portugal gibt es keine Möglichkeit, sich noch rechtzeitig als Team einzuspielen. Es geht ums Überleben. Selbst wenn das über die Vorrunde hinaus gelingen sollte – spätestens in einem K.o.-Spiel gegen eine Topnation wird Löws DFB-Reise endgültig vorbei sein.